In die Schmiergeld-Affäre um den Arzneimittelhersteller Ratiopharm sind offenbar auch Herner Mediziner verwickelt. Die Bochumer Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber der WAZ, Ermittlungen gegen sechs Ärzte aufgenommen zu haben.
Der zuständige Oberstaatsanwalt Bernd Bieniossek weist allerdings darauf hin, dass er die Vorgänge zunächst „rechtlich prüfen” müsse. „Die Kernfrage ist, ob überhaupt ein Schaden eingetreten ist.” Das sei dann der Fall, wenn die Ärzte verpflichtet gewesen wären, ihre Zusatzeinnahmen an die Kassenärztliche Vereinigung oder die Krankenkassen abzuführen. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft der Stadt Ulm, wo Ratiopharm seinen Firmensitz hat, habe er „Bedenken, ob das rechtlich erfüllt ist”, so Bieniossek weiter.
Zudem handele es sich bei den betroffenen Medizinern in Herne um „Vorgänge, die teilweise Jahre zurückliegen”. Auch die Summen, die für Ratiopharm-Rezepte kassiert wurden, seien „in Einzelfällen sehr niedrig”. Untersucht werden Vorfälle ab einer Mindestsumme von 250 Euro.
Ratiopharm zahlte bereits seit Mitte der 90er Jahre Schmiergelder an Ärzte, die Rezepte auf die Medikamente des Generika-Herstellers ausstellten. Je mehr Ratiopharm-Mittel der Arzt verschrieb, desto mehr kassierte er von der Ulmer Firma. Aufgedeckt wurde die Affäre 2005 vom Magazin „Stern”. Derzeit dauern bundesweit noch 2800 Ermittlungen gegen Ärzte an; in NRW wird in mehr als 100 Fällen ermittelt.