Herne.

Im alten Wartesaal eröffnet am Freitag (22. Oktober) die Ausstellung IN_FUSION#3. Die Künstler holen Graffiti und Plakate unters Bahnhofsdach. Damit beginnt auch das Pottporus-Festival.

Jemand hat „Schalke 04“ auf die alte Holztür gekritzelt und eine hässliche Fratze daneben gemalt. „Ruhrgebietskunst“, sagt Kurator Helge Jahn. Er versichert: Die Schmiererei gehört nicht zur Ausstellung.

Könnte sie aber. Im alten Wartesaal des Herner Bahnhofs sind zum dritten Mal Streetart-Künstler eingezogen. Sie zeigen Straßenkunst im wahrsten Sinne des Wortes. Einer hat an Berliner Plakatwänden Hand angelegt und DIN-A-0-große Brocken aus Kleister und Postern ausgesägt – oberschenkeldick. „Das ist innerhalb eines Monats zusammengekommen“, sagt Helge Jahn. Jeder hat sein Plakat drüber geklebt. Mal wild und ungezügelt, mal gezielt.

„Wir bewegen uns immer zwischen Buhmann und Künstler“, sagt der 27-jährige Jahn. Sei ein Graffiti-Sprayer mal für eine Firma aktiv, dann werde die bunt gestaltete Wand bewundert. Das unerlaubt gesprühte Bild in zwei Metern Entfernung werde dagegen als abstoßender Dreck abgewertet. Die Ausstellung lässt beides zusammenwachsen. Das schlägt auch im Titel durch: In Fusion.

Der Kurator wirbt mit Professionalität. „Viele Künstler können ihren Lebensunterhalt damit bestreiten“, sagt Jahn. Die Berliner hätten eine eigene Galerie – das sei auch im Ruhrpott ein Trend.

Heute wird den Künstlern jede Menge Aufmerksamkeit sicher sein. Wenn der Kulturzug Melez in Herne eingerollt ist, sollen die Passagiere gegen 19 Uhr auch zur Vernissage im Wartesaal aufschlagen. „Wir machen das jetzt zum dritten Mal“, sagt Jahn. „Aber das wird sicher das größte Event.“

Die Vernissage ist Auftakt zu einer ganzen Reihe von Pottporus-Veranstaltungen, die heute die Stadt in Wallungen versetzen sollen. Zwischen 18 Uhr und Mitternacht werden die U-Bahn-Stationen Herne Bahnhof und Kreuzkirche zu Kunststationen. Dort gibt’s Musik, eine Kostprobe von Theaterstücken und einen Breakdance-Battle, einen sportlichen Krieg in dem US-amerikanischen Szene-Tanz.

Graffiti-Künstler Olek arbeitet mit Spray- und Pinsel-Techniken. Foto: Olaf Ziegler / WAZ FotoPool
Graffiti-Künstler Olek arbeitet mit Spray- und Pinsel-Techniken. Foto: Olaf Ziegler / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool / Olaf Ziegler | WAZ FotoPool / Olaf Ziegler

Auch auf der Bahnhofstraße geben von 18 bis 20 Uhr Tänzer und Graffiti-Sprüher ihre Kunst zum Besten. Schaufenster sind gestaltet. In leerstehenden Ladenlokalen gibt es Video-Installationen. Auch die Künstler aus der Schau werden an den verschiedenen Stationen immer wieder auftauchen. Wer will, kann sich nach der Vernissage einfach der Gruppe anschließen und mit den Künstlern gemeinsam durch die Stadt ziehen. Eintritt und Mitmachen frei.

Auch zum Abschlusskonzert um 22 Uhr sind Gäste eingeladen. Dann spielen die Bands „99 Street“ aus Marseille (Frankreich) und Free-Style-MCs von „Freigleisig.“

Die Ausstellung im alten Wartesaal ist noch zehn Tage zu sehen. Helge Jahn ist gespannt auf das Publikum. Die Erfahrung der vergangenen zwei Jahre habe gezeigt, dass ein Teil gezielt komme, um Bilder und Installationen zu sehen. Ein anderer komme in den Raum hineingestolpert. „Das führt zu interessanten Gesprächen“, sagt Jahn.