Vor dem Fußball-WM-Qualifikationsspiel der Deutschen: Amateurfußballer amüsieren sich über Kunstrasen-Debatte.
„Spiegel Online” probiert sich an einer Alliteration. „Pöbeln gegen den Plastikplatz”, ist ein Artikel über die Deutsche Nationalmannschaft überschrieben. Die muss am heutigen Samstag im WM-Quali-Spiel gegen Russland auf Kunstrasen antreten – und nicht wenige Spieler fürchten das Schlimmste, nämlich Verletzungen und einen Wettbewerbsvorteil für die Russen. An der „Basis”, also in den Amateurligen, kann man über derlei Bammel nur lachen.
„Ich habe dafür kein Verständnis”, sagt etwa Roger Petzke, Trainer des Bezirksligisten SV Wanne 11. Sein Verein trägt die Heimspiele an der Hauptstraße immer auf Kunstrasen aus. Die Nationalspieler fürchten aufgeschabte Knie? „Was sollen denn da die ganzen Aschenklubs sagen?”, fragt Petzke. Er wundert sich: „Die Deutschen entschuldigen sich schon vor dem Spiel.” Auch Willi Koppmann sagt: „Für die Spieler ist die Debatte ein wunderbares Alibi.” Der Teamchef des Westfalenligisten DSC Wanne-Eickel glaubt nicht, dass die Mannschaft seines Kollegen Jogi Löw im Nachteil ist, denn: „In Moskau ist der Kunstrasen fast wie richtiges Gras. Der Unterschied ist nicht besonders groß.” Arben Tahiri, Mittelfeldakteur beim SC Westfalia, hält die Diskussion für „von der Presse hochgepusht.”
Obgleich die Berufsfußballer aus Schalke oder Chelsea den Teufel nicht an die Wand malen sollten, die Bedingungen auf Plastikgras sind durchaus speziell. Tahiri und seine Westfalia-Kollegen trainieren oft auf dem Kunstrasenplatz an der Forellstraße, der 29-Jährige hat also Erfahrungen, die manchem Nationalspieler fehlen. „Der Ball ist schneller, man muss mehr Kurzpass spielen, das Technische ist wichtig.” Roger Petzke macht den Fernseh-Zuschauern Hoffnung: „Das Spiel ist auf Kunstrasen attraktiver, weil der Ball besser läuft.” Bis zu 80 Prozent der Bezirksliga-Vereine spielen auf Plastik, schätzt Petzke. „Wir haben damit nur positive Erfahrungen gemacht.”
Also hat Andreas Möller, Ex-Schalker und Ex-Borusse, doch recht? In der „Bild” hatte er behauptet: „Der Kunstrasen ist weich, man möchte spontan barfuß laufen.” Und: „Kein Verbrennen oder Aufscheuern! Nur auf nassem Rasen rutscht es sich eleganter.”
„Brandwunden” gebe es auf neueren Plätzen in der Tat nicht mehr, sagt Arben Tahiri. Doch zumindest Elfer-Trainer Petzke hat ein „höheres Verletzungsrisiko” ausgemacht, namentlich: „muskuläre Probleme vor allem bei älteren Spielern”, Leistenbeschwerden, Zerrungen, auch Schürfwunden.
Tahiris Tipp, trotzdem: „Deutschland gewinnt, weil sie alle wichtigen Spiele gewinnen. Und Klose wird's entscheiden.”