Herne. Trotz schwerer Vorwürfe gegen die Kita-Leitung stehen die Eltern alleine da. Der katholische Träger schweigt. Das darf nicht sein. Ein Kommentar.

Es ist wohl so ziemlich das schlimmste Szenario für Eltern, wenn sie erfahren, dass es in der Kita ihres Kindes zu „Vorfällen“ gekommen ist. Natürlich fragt sich jede Mutter und jeder Vater sofort: Was ist meinem Kind konkret passiert? Was hat es mitansehen müssen? „Unangemessene Straf- und Erziehungsmethoden“ – was ist das? Wurde es regelmäßig angeschrien oder gar Schlimmeres? Oder sind alles nur Gerüchte mit wenig Substanz? Eines steht fest: Bei Eltern beginnt angesichts dieser Worte und der Sorge ums eigene Kind ein Kopfkino, welches das schlimmste Szenario mit einbezieht und sehr belastend sein kann.

In Deutschland gilt die Unschuldsvermutung, und auch wir als WAZ nennen den Namen der Kita nicht, damit die Kita-Leiterin nicht in der Öffentlichkeit identifizierbar ist, bevor überhaupt geklärt ist, was wirklich vorgefallen ist. Natürlich muss sich auch der Träger an Recht und Gesetz halten. Dennoch ist die Situation hier eine andere: Die Eltern wissen nicht nur sowieso, um wen es sich handelt, sie bzw. ihr Kind sind womöglich selbst Betroffene. Und an dieser Stelle sollte das Recht beginnen zu wissen, was dem eigenen Kind zugestoßen sein könnte, was es miterlebt haben könnte.

Deshalb ist es unheimlich wichtig, dass der Träger den Kopf nicht in den Sand steckt und den Fragen ausweicht, sondern alle Karten auf den Tisch legt und sagt, worauf sich die Vorwürfe beziehen, natürlich auch betont, was nicht gesichert bewiesen ist. Es geht nicht darum, jemanden vorzuverurteilen – auch das ist wichtig! – sondern darum, die Eltern nicht im Stich zu lassen. Ihnen muss ermöglicht werden, optimal mit den Kindern das aufzuarbeiten, was sie mitbekommen haben, und ihnen so zu helfen. Datenschutz darf der Hilfe nicht im Wege stehen.