Herne. „Grenzverletzendes Verhalten“: Was mussten Kinder einer katholischen Kita in Herne genau erleben? Ihre Eltern sind in großer Sorge.

Gegen die Leiterin einer katholischen Kita in Herne gibt es schwere Verdachtsmomente: Ihr wird „grenzverletzendes Verhalten in der pädagogischen Arbeit am Kind sowie innerhalb der Zusammenarbeit im Team“ vorgeworfen. Die Eltern, deren Kinder die Einrichtung besuchen, haben bereits Ende August ein entsprechendes Schreiben vom Träger, den Katholischen Kindertageseinrichtungen Östliches Ruhrgebiet, erhalten, in dem sie über die Verdachtsmomente informiert wurden. Doch bis heute warten sie vergeblich auf Details, was ihren Kindern zugestoßen sein könnte.

„Aktuell liegen uns Aussagen vor, dass es zu Fehlverhalten von Mitarbeitenden untereinander gekommen ist“, heißt es in einem zweiten Schreiben des Trägers an die Eltern Ende September. Ob überhaupt bzw. was Kinder von diesem Fehlverhalten wahrgenommen haben, sei gerade Bestandteil des Aufarbeitungsprozesses. „Des Weiteren liegen uns Aussagen vor, in denen berichtet wird, dass es zur Umsetzung unangemessener Straf- und Erziehungsmethoden, wie dem Ausschluss aus dem Spiel oder dem Festhalten von Kindern, einem groben Umgangston und herabwürdigenden Äußerungen gegenüber Kindern und Mitarbeitenden gekommen sein soll.“ Dies seien Verhaltensweisen, die sie in ihren Einrichtungen nicht tolerierten und nun schrittweise aufklärten, heißt es weiter.

Bei diesen Worten habe sie einen Kloß im Hals gespürt, sagt eine Mutter, deren Kind die betroffene Kita besucht, die namentlich aber nicht genannt werden möchte, gegenüber der WAZ. „Die Kita-Leiterin war sehr impulsiv, es war immer ein sehr rauer Ton vor Ort“, beschreibt sie die Situation. Bei ihrem eigenen Kind habe sie etwa bemerkt, dass es sie ängstlich ansehe, wenn beim Basteln oder Malen nicht alles perfekt funktioniere, so als erwarte sie, dass sie dafür ausgeschimpft werde.

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Mehrere Eltern hätten wiederholt nachgefragt, was genau unter „grenzverletzendem Verhalten“ und unter „unangemessenen Straf- und Erziehungsmethoden“ zu verstehen sei. Dabei wandten sie sich auch an den Jugendamtselternbeirat: „Wir als Eltern möchten aber gerne wissen, was unseren Kindern, die wir jeden Tag im Durchschnitt sieben Stunden vertrauensvoll in die Obhut dieser Einrichtung gegeben haben, widerfahren ist oder ob diese Schlimmes mitbekommen haben.“ Sie betonen zudem, dass das Wohl der Kinder an erster Stelle stehen sollte und die Vorfälle nicht unter den Teppich gekehrt werden dürften.

Doch mit Verweis auf den Datenschutz gebe der Träger seit Monaten keine genaueren Informationen heraus. „Ich möchte deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir nicht versuchen, Sachverhalte zu verbergen oder nicht zu bearbeiten, sondern wir an rechtliche Vorgaben, wie den Datenschutz gebunden sind und es sich um ein laufendes Verfahren handelt“, teilt eine Mitarbeiterin den Eltern schriftlich mit und erläutert, welche Schritte der Träger bereits eingeleitet habe – etwa die Meldung der Verdachtsmomente bei den zuständigen Aufsichtsbehörden, die Einbindung einer externen Fachberatung sowie des Elternrates.

Datenschutzproblem in Herner Kita: Kita-Mappen nicht auffindbar

Zudem sei eine Datenschutzpanne beim Katholischen Datenschutzzentrum gemeldet worden. Denn die Bildungsdokumentationen der Vorschulkinder einer Kita-Gruppe aus dem Kita-Jahr 2022/23 seien „aktuell nicht auffindbar“. Den Eltern ist das alles nicht genug. „Ich finde es ganz schlimm, dass man so alleine gelassen wird“, so die Mutter. Hier werde der Täterschutz über den Opferschutz gestellt. Schließlich würde man das möglicherweise Erlebte gerne mit dem Kind aufarbeiten. Dies sei aber nur möglich, wenn offen darüber gesprochen würde. Und das werde es ihrer Meinung nach nicht.

Bereits im Juni 2023 habe der Elternbeirat Vorfälle in der Kita, deren Name der WAZ bekannt ist, gemeldet. Erst im August sei reagiert worden. Bis heute seien die Eltern im Unklaren darüber, was die Kinder erlebt haben könnten. Und mit der Unwissenheit wachse die Sorge ins Unermessliche. „Manche Kinder in der Einrichtung sind so klein, die können sich noch gar nicht ausdrücken.“ Für diese Eltern sei es besonders schwierig.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer in all den Sorgen sieht die Mutter aber auch. Derzeit habe eine Verbundsleitung die Führung der Kita übernommen. Seitdem habe sich die Situation deutlich gebessert. Auf Antworten warte sie aber dennoch weiterhin. Auch auf eine wiederholte Anfrage der WAZ zu den Vorwürfen und der Situation der Eltern hat der Träger, die Katholischen Kitas Östliches Ruhrgebiet, bisher nicht reagiert.

Diesen Artikel haben wir erstmals am 25.04.2024 veröffentlicht.