Herne. Nach langem Ringen soll die Sodinger Straße endlich Radwege erhalten. Warum die Umbaupläne in Herne die Angst vor einem „Desaster“ wecken.

Seit mehr als zehn Jahren steht die Forderung nach dem Bau von Radwegen auf der Sodinger Straße im Raum. Nun wird es endlich konkret, doch die Freude ist nicht ungetrübt. Die Pläne des für die Landesstraße zuständigen Landesbetriebs Straßen.NRW wecken Befürchtungen in Bezirkspolitik und Bürgerschaft.

Und das sieht die (noch nicht abgeschlossene) Planung des Landes vor: Die Sodinger Straße soll ab dem Hölkeskampring über eine Länge von knapp 2,5 Kilometern umgebaut werden. Die Trasse soll auf diesem Abschnitt in beide Richtungen Radwege mit einer Breite zwischen 1,80 und 2,40 Meter erhalten, was auch der vom Rat beschlossenen Herner Mobilitätswende - Stichwort: Reduzierung des Autoverkehrs um 30 Prozent - dienen soll. Im Gegenzug sollen Abbiegespuren, Fahrspuren und Parkplätze entfernt werden.

Auslöser der im Bezirk Sodingen entstandenen Irritationen ist eine zumindest auf den ersten Blick harmlose Maßnahme. Die Liebigstraße soll durch den Umbau komplett abgebunden, die Ampelanlage entfernt werden, so die derzeitigen Pläne des Landes. Das hieße, Verkehrsteilnehmer könnten weder von der Sodinger Straße in die Liebigstraße abbiegen noch von der Liebigstraße in die Sodinger Straße fahren. Aus Sicht der Stadt stelle das kein Problem dar, so die Botschaft von Thorsten Rupp (Fachbereich Tiefbau und Verkehr) in der Sitzung der Bezirksvertretung Sodingen unter Berufung auf Verkehrszählungen des Landes.

Sie bewerten die Pläne des Landes kritisch: SPD-Fraktions-Chef Michael Weberink (re.) und sein Vize Ernst Schilla.


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Sie bewerten die Pläne des Landes kritisch: SPD-Fraktions-Chef Michael Weberink (re.) und sein Vize Ernst Schilla. Gesendet von Outlook für iOS © WAZ | loc

„Man kann das auch anders sehen“, konterte SPD-Fraktionsvorsitzender Michael Weberink. So sehr die SPD den Ausbau der Radwegeverbindung zwischen Sodingen und Stadtmitte begrüße („ein ganz tolles Projekt“), so kritisch bewerte man die Detailplanung für die Liebigstraße. Durch die Abbindung würden Verkehrsteilnehmer gezwungen, sich in Richtung Norden und Mont-Cenis-Straße zu bewegen. Insbesondere morgens sei dort die Belastung durch die Gesamtschule schon jetzt sehr hoch, so Weberink. 50, 60 Autos in der Stunde zusätzlich machten auf der Mont-Cenis-Straße schon eine Menge aus.

Das Land sollte deshalb darüber nachdenken, so die „dringende Bitte“ der SPD, das Linksabbiegen von der Sodinger Straße in die Liebigstraße auch ohne Abbiegespur weiterhin zu ermöglichen. Falls dies keine Zustimmung finde, sollte zumindest das Rechtsabbiegen von der Liebigstraße in die Sodinger Straße erlaubt werden. „Damit entlasten wir den Druck in Richtung Mont-Cenis-Straße“, so Weberink. SPD-Fraktions-Vize Ernst Schilla legte verbal noch ein, zwei Schüppen drauf. Bei Abbindung der Liebigstraße drohe in der Mont-Cenis-Straße und in den engen Straßen in diesem Bereich „ein Chaos ohne Gleichen“, alternativ: „ein sehr großes Desaster“. Ob eine Landesbehörde in einem solchen Ausmaß in ein Gesamtstraßenkonzept einer Kommune eingreifen dürfe, wage er zu bezweifeln.

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Thorsten Rupp sagte zu, den Vorschlag der SPD beim Land vorzutragen, wollte jedoch von der Politik wissen: „Was sind Sie bereit, in Kauf zu nehmen?“ Es sei nicht auszuschließen, dass sich die Umsetzung der Maßnahme bei Berücksichtigung dieser Wünsche noch einmal um ein, zwei Jahre verschiebe.

Geteilte Meinung bei Bürgern

  • Auch in der Bürgerschaft werden Zweifel laut. Peter Windhäuser fragt im Gespräch mit der WAZ, ob der Preis für den Bau der Radwege - Verlagerung von Teilen des Autoverkehrs in die Mont-Cenis-Straße - nicht zu hoch wäre.
  • Er sei „Hardcore-Biker“, sagt der gebürtige Sodinger. Doch er befürchte, dass hier eine funktionierende und wichtige Herner Verkehrsverbindung „enttüchtigt“ werde. Dieser Teil der Sodinger Straße sei in den 70er-Jahren eigens gebaut worden, um die Mont-Cenis-Straße und den Sodinger Kern zu entlasten.
  • In der Sitzung der Bezirksvertretung wurden auch andere Stimmen laut. Der Bau der Radwege sei überfällig, so ein Anwohner. Kinder und Jugendliche, die die Sodinger Straße mit dem Rad befahren, seien großen Gefahren ausgesetzt.