Herne. Die VHS in Wanne ist quasi das Herner Schaufenster für das Pixelprojekt Ruhrgebiet. Die neue Ausstellung nimmt Besucher mit in ferne Länder.

Seit mittlerweile 20 Jahren sammelt das Pixelprojekt Ruhrgebiet Fotografien zur Region und von Fotografen aus der Region, inzwischen sind mehrere hundert Fotografen Teil des Projekts. Die Volkshochschule in Wanne ist seit dem vergangenen Jahr so etwas wie das Herner Schaufenster für das Pixelprojekt. Einmal im Jahr zeigt sie Arbeiten von lokalen Fotografen. Nun präsentiert Hermann Dornhege „Orte… Momente...“ - Betrachter können eine kleine Reise durch ferne Länder und durch die hohe Kunst der Magazin-Fotografie unternehmen.

Herner Fotograf arbeitete für FAZ-Magazin, GEO oder Merian

Dazu muss man wissen: Dornhege wurde 1955 in Herne geboren und hat die ersten 29 Jahre seines Lebens in der Stadt verbracht. Während seiner Laufbahn arbeitete Dornhege unter anderem für das Magazin der Frankfurter Allgemeine Zeitung oder für Magazine wie Merian oder GEO. Mit der Ausstellung in der VHS gibt er einen Überblick über sein Schaffen - angefangen von einer Serie 1979 in der spanischen Extramadura bis zu einer Influencer-Party im vergangenen Jahr.

Auch bei Prominenten verstand es Hermann Dornhege, Nähe herzustellen: Im Vordergrund Walentin Falin, früherer Botschafter der Sowjetunion in der Bundesrepublik.
Auch bei Prominenten verstand es Hermann Dornhege, Nähe herzustellen: Im Vordergrund Walentin Falin, früherer Botschafter der Sowjetunion in der Bundesrepublik. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Was schnell auffällt: Dornhege inszeniert nichts an seinen Bildern - und ist dennoch ganz nah an den abgebildeten Menschen. „Nähe herzustellen ist die Kunst“, sagt Dornhege. Wie er das geschafft hat: Einerseits, indem er versucht habe, nicht aufzufallen, andererseits durch Zeit. Selbstverständlich sei er am ersten Tag in Ländern wie dem Iran oder Jemen beäugt worden, doch nach einer Woche sei er nicht mehr beachtet worden - und die Zeit für das Motiv sei gekommen. Er sei in der goldenen Zeit des Magazinjournalismus unterwegs gewesen, als man für Reisen noch mehrere Wochen veranschlagen konnte. Nur so konnten Bilder jenseits von offiziellen Ansichten und den üblichen Sehenswürdigkeiten entstehen.

Eine andere Art von Nähe hat Dornhege bei Porträts von zahlreichen Prominenten herstellen können. In der Volkshochschule sind unter anderem Krimiauto John le Carré oder Regisseur Volker Schlöndorff zu sehen.

Im vergangenen Jahr fotografierte Hermann Dornhege bei einer Influencerparty. Nur an Details ist festzustellen, dass die Party 2022 stattgefunden hat.
Im vergangenen Jahr fotografierte Hermann Dornhege bei einer Influencerparty. Nur an Details ist festzustellen, dass die Party 2022 stattgefunden hat. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Und wenn das Pixelprojekt, in dessen Jury Dornhege seit Jahren ist, so etwas wie das fotografische Gedächtnis ist, dann wird es sicher eine Hirnregion für den Rhein-Herne-Kanal geben, die gut gefüllt sein dürfte. Dornhege hat das sommerliche Leben am Kanal 1982 zwischen Herne und Gelsenkirchen - in Schwarz-Weiß - abgebildet. Ein Klassiker, den der Fotograf selbst als „Binnenexotik“ bezeichnet.

Schwarz-Weiß-Fotografie hat Fähigkeit, die Zeit verschwimmen zu lassen. Die Party, die Dornhege 2022 kann nur an wenigen Details im Hier und Jetzt verortet werden, zum Beispiel durch das Smartphone, das als Untersetzer für ein Sektglas dient. Auch bei der Party versteht es Dornhege meisterhaft Nähe herzustellen und so zu entlarven - wie den alten weißen Mann, der eine junge Blondine angrapscht.

Das Hier und Jetzt bringt mit der Künstlichen Intelligenz ganz neue Möglichkeiten in die Fotografie, aber auch Gefahren - nun kann ein Bild mehr lügen als 1000 Worte. Doch Dornhege, der auch Professor für Fotografie an der Fachhochschule Münster war, will KI nicht von vornherein verdammen. Gerade im künstlerischen Bereich könne sie spannend sein, allerdings müssten Menschen, die viel mit Bildern arbeiten, die entsprechende Kompetenz und Verantwortung haben. Und Dornhege sieht eine Rückbesinnung auf die analoge Fotografie. Seine Studenten zöge es wieder in die Dunkelkammer.

Die Ausstellung im Haus am Grünen Ring, Wilhelmstaße 37 in Wanne, ist zu den Öffnungszeiten der Volkshochschule zu sehen.