Herne. TV-Star Martin Brambach liest im Literaturhaus Herne aus Dürrenmatts „Die Panne“. Warum die Lesung unter die Haut geht und viele Fotos vom Abend.
In einer Szenischen Lesung stellte Film- und TV-Star Martin Brambach im Literaturhaus Friedrich Dürrenmatts suggestive Kriminalerzählung „Die Panne“ vor. „Kurzweilig“, „das geht unter die Haut“ - so lauten spontane Reaktionen auf den lebendigen Vortrag Brambachs. Er ist den Zuschauern im ausverkauften Literaturhaus nicht nur aus Film und TV bekannt, sondern war auch mehrere Jahre am Bochumer Schauspielhaus engagiert und lebt aktuell in Recklinghausen.
Martin Brambach liest anderthalb Stunden am Stück und verlangt damit nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Zuhörern viel Konzentration ab. Doch der dramatische Spannungsbogen, den er als Erzähler schafft, zieht Besucher in seinen Bann. Am Anfang steht ein zufälliges Ereignis, eine Autopanne. Und so lange Pannen möglich sind, gibt es auch Geschichten.
Seine Geschichte bringt den Textilgeneralvertreter Alfredo Traps in eine Altherrenrunde in der Villa des pensionierten Richters Wucht. Dieser lädt ihn zu einem opulenten Menü ein, wenn er bei einem Spiel mitmacht: Er stellt sich als Angeklagter einer Gerichtsverhandlung, an der außer dem Richter noch der Ex-Staatsanwalt Zorn, Verteidiger Kummer und Henker Pilet beteiligt sind.
Dürrenmatts „Die Panne“: Ein Vortrag mit Leiche und psychologischen Untiefen
Traps, Mitglied des Gourmet-Clubs Schlaraffia, nimmt an, weil er das alles als einen großen Spaß betrachtet. Doch die Grenzen von Spiel und Ernst verschwimmen immer mehr, das scheinbar zwanglose Plaudern hat schon längst Züge eines Verhörs über das Leben und die Karriere von Alfredo Traps angenommen. Denn Traps hat den Aufstieg vom Arbeitersohn zum gut verdienenden Generalvertreter erst vor einem Jahr geschafft – nachdem sein bekanntermaßen herzkranker Vorgänger Gygax bei der Entdeckung einer Affäre zwischen Traps und seiner Frau einen tödlichen Infarkt erlitt.
Eine Leiche ist also da - doch war das jetzt Mord? Verteidiger Kummer weist das vehement zurück, doch Traps fühlt sich vom Ex-Staatsanwalt viel besser verstanden. Schließlich hatte er ja gehofft, dass die Wut über die Affäre den schikanösen Gygax töten würde.
Brambachs Vortrag lotet dabei die psychologischen Untiefen dieser ironisch gebrochenen Erzählung so fesselnd und in einer solchen atmosphärischen Dichte aus, dass man sich nicht nur an Erzählungen von Franz Kafka, sondern auch an Auerbachs Keller oder die Schauerromantik E.T.A. Hoffmanns erinnert fühlt. Und nicht wirklich überrascht ist, dass Traps das „Urteil“ akzeptiert und sich in der Nacht selbst erhängt hat.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.
