Herne. Lange Wartezeiten und Ekel-Unterführung für Fußgänger: Der Bahnübergang an der Plutostraße ist ein Ärgernis. Was die Deutsche Bahn dazu sagt.

Das Schienennetz von Herne und Wanne-Eickel ist stark frequentiert – mit der Lage zwischen den Pendlerstädten Gelsenkirchen, Dortmund und Bochum qualifiziert es sich bestens für den Durchfahrtsverkehr. Besonders bemerkbar macht sich das am Bahnübergang an der Plutostraße, Ecke Görresstraße in Eickel. Nicht selten warten Autofahrerinnen und Autofahrer hier zehn Minuten, ehe sie passieren können, manchmal sogar 15 oder 20 Minuten.

Nachrichten aus Herne – lesen Sie auch:

Linda Neumann wohnt unweit des Bahnübergangs an der Görresschule. Auch wenn es für sie ein Mehraufwand ist, meidet sie die Schrankenanlage. „Lieber fahre ich einen Umweg“, sagt die 28-Jährige. „Das sind etwa so zehn Minuten mehr, aber die würde ich eben auch mindestens an dem Übergang warten.“ Über die Zeit kämen so zwar einige Kilometer zusammen, „aber für alles andere ist mir meine Zeit zu wertvoll“.

Die Wahrscheinlichkeit, an der Plutostraße vor gesenkter Schranke zu stehen, ist offenbar recht hoch. „An dieser Stelle ist das Schienennetz dreigleisig“, erklärt Dirk Pohlmann, Pressesprecher der Deutschen Bahn im Gespräch mit der WAZ. „Es handelt sich um eine wichtige Personenzugstrecke, die viel frequentiert ist.“ Der Übergang sei kameraüberwacht, ein Fahrdienstleister entscheide darüber, wann die Schranken geöffnet werden und wie lange sie es bleiben. „Dadurch, dass so viel Durchfahrtsverkehr herrscht, können die Schranken eigentlich nie lange offen bleiben“, so Pohlmann weiter. Es müsse immer ein gewisser Zeitpuffer zwischen letztem querenden Auto und der Schranken-Schließung vergehen, „falls mal ein Auto einen Defekt hat und liegen bleibt.“ So könne im Notfall noch eingegriffen werden.

Der Bahnübergang an der Plutostraße, Ecke Görresstraße ist kameraüberwacht. Ein Fahrdienstleiter entscheidet, wann die Schranken geöffnet werden.
Der Bahnübergang an der Plutostraße, Ecke Görresstraße ist kameraüberwacht. Ein Fahrdienstleiter entscheidet, wann die Schranken geöffnet werden. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Aus technischer Sicht gebe es keine andere Lösung. Bauliche Maßnahmen wären eine Brücke oder ein Tunnel. Sogenannte Schrankenposten, die direkt vor Ort sitzen und die Anlage freigeben, seien nicht mehr zeitgemäß. „Dadurch, dass dieser Streckenabschnitt so frequentiert ist, gelten hohe Sicherheitsanforderungen“, erklärt der Deutsche Bahn-Sprecher. Das hänge unter anderem auch mit der Geschwindigkeit der passierenden Züge zusammen, deshalb auch die Vollschranken und keine Halbschranken, die theoretisch zu umfahren wären.

Graffiti, Müll und Urin-Gestank: Unterführung ist in schlechtem Zustand

Eine Kindergärtnerin der städtischen Kita Plutostraße, die sich in Sichtweite zum Bahnübergang befindet, ist ebenfalls mit der Warte-Problematik vertraut. Ihren Namen möchte sie zwar nicht nennen, erzählt aber: „Die Warteschlange kann ganz schön lang werden.“ Gerade zu den Stoßzeiten, wenn mehrere Eltern ihre Kinder bringen oder abholen, sei das der Fall. „Viele nehmen auch Umwege in Kauf. Wir im Kollegium genauso.“ Damit nicht genug: „Die Fahrradfahrer könnten theoretisch die Unterführung nutzen, aber da wartet man sogar lieber.“

  • Lesen Sie auch: Kita-Streik: „Job darf nicht zu Lasten der Gesundheit gehen“

Vor Ort zeigt sich: Die Schilderungen sind nicht übertrieben. Sind die ersten Stufen der steilen Treppe zur Unterführung am Bahnübergang erst betreten, schlägt ein unangenehm scharfer Urin-Geruch entgegen. Die Wände sind Graffiti-beschmiert und nässend beschlagen, der Boden ist zerfurcht und von Pfützen durchsetzt. Das schummrige Licht der von Spinnenweben benetzten Neon-Röhren dient eher der Atmosphäre als der Sichthilfe.

Vandalismus sei laut der Deutschen Bahn die Ursache für den schlechten Zustand der Unterführung.
Vandalismus sei laut der Deutschen Bahn die Ursache für den schlechten Zustand der Unterführung. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

„Das ist einfach eklig“, sagt die Kindergärtnerin. „Wir nennen den Übergang eigentlich nur die ‘Glück-Auf-Schranke’. Wenn du Glück hast, ist sie auf.“ Ein Antrag der Bezirksvertretung Eickel griff bereits 2017 genau diese Kritik auf: „Die Unterführung ist in einem äußerst schlechten Zustand und verkommt immer mehr. Zugleich ist sie jedoch die einzige Möglichkeit für Radfahrer und Fußgänger, um auf die andere Seite der Bahntrasse zu gelangen, da der Übergang wegen der hohen Taktfrequenz verkehrender Züge den Großteil des Tages versperrt ist – im Volksmund ist daher doppeldeutig die Sprache von der ‘Glück-Auf-Schranke’.“ Viele Bürgerinnen und Bürger trauten sich gerade abends nicht, die Unterführung zu nutzen. „Dieser Zustand ist nicht zumutbar: Öffentlicher Raum muss angstfrei begehbar sein! Wir bitten Sie, eine umfassende Sanierung der Unterführung durchzuführen“, heißt es in dem gemeinsamen Antrag der SPD- und CDU-Bezirksfraktionen. Auch 2007 gab es einen Antrag der CDU-Fraktion, in dem die Verwaltung gebeten wird, „Maßnahmen zu erarbeiten, die eine regelmäßige Reinigung der Fußgängerunterführung sicherstellen.“

Der Zustand der Unterführung sei der Deutschen Bahn durchaus bekannt. „Wir müssen immer wieder feststellen, dass sie Ziel von Vandalismus ist“, so Dirk Pohlmann. Man wolle aber zeitnah erneut den Zustand der Unterführung durch den zuständigen Fachbereich prüfen lassen und gegebenenfalls auf die Stadt Herne zugehen. Wann genau, „das lässt sich noch nicht sagen“.