Herne. Im Herner Kita-Streik scheint kein Ende in Sicht. Was sich eine Erzieherin für die Zukunft wünscht und wieso sie das Berufsbild in Gefahr sieht.

Seit mehreren Wochen setzen sich Erzieherinnen und Erzieher in Herne mittwochs bei Warnstreiks für bessere Arbeitsbedingungen ein. Für die Eltern bedeutet das meist organisatorischen Aufwand, weil es bislang keine Notbetreuung an den Streik-Tagen gab (wir berichteten). Doch wie blickt eine Erzieherin auf die Streiks und die kommenden Verhandlungsrunden? Die WAZ sprach mit Gaby Szymkowiak-Tarnowski (64). Sie ist Erzieherin in der städtischen Kita am Regenkamp und eine von vielen Streikenden.

Frau Szymkowiak-Tarnowski, Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen haben nun schon mehrfach gestreikt, eine Einigung scheint noch nicht in Sicht. Wie wirkt sich das auf den Alltag in der Kita aus?

Ich kann sagen, dass wir hier in unserer Kita bei den Eltern auf viel Verständnis für den Streik stoßen. Dabei wünschen sie uns oft viel Erfolg. Einige Eltern haben sich inzwischen untereinander organisiert und helfen sich an Streik-Tagen mit der Betreuung aus. Wobei wir Fachkräfte aber auch viel Verständnis für die Situation der Eltern haben. Die Familien mussten schon in der gesamten Corona Zeit mit eingeschränkten Betreuungszeiten zurechtkommen.

Was sind Ihre Forderungen im Streik, was muss sich ändern?

Die größten Knackpunkte sind der Fachkräftemangel, das zu niedrige Gehalt und unsere Arbeitsbedingungen. Durch fehlende Fachkräfte arbeiten wir immer am Limit. Das führt zu hohen Krankenständen in den Teams und ständig wechselnder Betreuung für die Kinder. Gute und gesellschaftlich wichtige Arbeit muss mit gutem Geld entlohnt werden. Wir brauchen Ressourcen, um Kinder zu fördern, Familien zu unterstützen und adäquat aus- und fortzubilden. Eigentlich sollten wir für unsere Forderungen gar nicht auf die Straße gehen müssen, weil doch alle Beteiligten wissen, wie gesellschaftlich wichtig unsere Arbeit ist.

Wie sehr ist die Zukunft des Berufs Ihrer Meinung nach in Gefahr?

Unser Berufsbild muss deutlich aufgewertet werden, damit sich junge Menschen für die Ausbildung der Erzieherin beziehungsweise des Erziehers entscheiden. Meiner Meinung nach dauert es bestimmt mindestens drei bis fünf Jahre, um die wichtige Säule der Nachwuchsarbeit aufzubauen. Wir brauchen gute Voraussetzungen, um ein Ausbildungsbetrieb sein zu können. Dies ist eine große Herausforderung und darf nicht zu Lasten unserer Gesundheit gehen.

Bemerken die Kinder den Streik und stellen Fragen dazu?

Auf jeden Fall merken sie das und stellen uns auch Fragen dazu. Wir erklären kindgerecht, dass wir streiken, weil wir mehr Zeit für sie haben möchten und mehr Personal brauchen. Damit mehr Menschen Erzieher oder Erzieherin werden möchten, müssen wir auch mehr Geld bekommen. Das verstehen sie sehr gut. Wir Erwachsenen können den Kindern durchaus mehr zutrauen, als man denken würde.

Bislang gab es keine Notbetreuung an Streiktagen. Denken Sie, dabei bleibt es?

Das wird sich zeigen. Je länger der Streik weitergeht, umso wahrscheinlicher wird das. Wir kennen uns mit der Notbetreuung aus der Vergangenheit ja gut aus.