Herne. Wiebke Köllner will für die Herner Linken in den Landtag. Schwerpunkt der 26-Jährigen ist die Pflege. Was sie kritisiert und was sie fordert.

Die Linken in Herne setzen bei der Landtagswahl am 15. Mai auf einen „Polit-Import“ aus der Nachbarstadt Bochum. Ob das für die Wählerinnen und Wähler nicht gleich ein Minuspunkt ist? Wiebke Köllner zuckt mit den Schultern: Sie hoffe nicht. Dafür will sie das in die Waagschale werfen, für das sie steht: jung, selbstbewusst und erfolgreich.

Erst Ende 2017 trat Wiebke Köllner in die Linkspartei ein und machte schnell Karriere. 2018 rutschte sie in Bochum in den Parteivorstand, ein Jahr später war sie schon Co-Vorsitzende und 2020 wurde sie in den Landesvorstand gewählt. Dass sie sich politisch engagiert, habe lange festgestanden, erzählt die 26-Jährige. Schon früh sei ihr in ihrem Umfeld so einiges aufgefallen, was sie habe ändern wollen, etwa damals der schlechte Zustand in der Pflege bei ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr: „Ich bin so eine Person, die die Füße nicht stillhalten kann.“

Zunächst habe sie es in der SPD Bochum versucht, 2015 und 2016 sei sie dort Gastmitglied gewesen. Weil dort aber „viel geredet, aber nichts gemacht worden“ sei („Die kamen nicht in die Pötte“), habe sie bei den Linken angeheuert. Dort startete sie durch, für diese Landtagswahl wurde sie nun mit einem hervorragenden Platz auf der Landesliste ausgestattet: Platz elf. „Wenn wir die Fünf-Prozent-Hürde schaffen, dann wäre ich drin.“ Sie meint: im Landtag.

Herne: Pflege ist ihr zentrales Thema

Sitzt im Landesvorstand der Linken: Wiebke Köllner (26).
Sitzt im Landesvorstand der Linken: Wiebke Köllner (26). © OH

Ihr zentrales Thema ist die Pflege beziehungsweise Gesundheit. Damit will die Frau mit dem Nasenring und dem blauen Gurt in Karate beim Wähler beziehungsweise der Wählerin punkten. Die Branche kennt sie gut: Köllner ist gelernte Altenpflegekraft, arbeitet seit vergangenem Jahr als private Pflegedozentin und bildet angehende Pflegekräfte aus. Die Arbeit in der Pflege sei ein Knochenjob, sagt die Bochumerin. Und fügt süffisant hinzu: „Work-Life-Balance funktioniert in der Pflege nicht.“ Im Gegenteil: „Viele rutschen in den Burn-out.“

Die Corona-Pandemie habe die ganze Misere offengelegt: viel zu wenig Personal, zu wenig Zeit. Und fielen Kolleginnen und Kollegen durch Krankheit aus, dann müssten die anderen die Lücken notdürftig stopfen – oft seien es die Auszubildenden, die Schwächsten im Glied. Viele Doppelschichten seien in der Pflege die Folge, auch unzulässiges Durcharbeiten über Wochen, berichtet sie. Nicht nur, aber vor allem bei privaten Unternehmen gebe es die eklatanten Probleme, schildert die Bochumerin, so im ambulanten Pflegedienst, aber auch in Heimen. Als Landtagsabgeordnete will sie sich unter anderem dafür einsetzen, dass der Personalschlüssel endlich verbessert werde.

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Am Herzen lägen ihr auch die Bereiche Umwelt und Bildung. Zur Umwelt: Köllner will sich in Düsseldorf dafür einsetzen, dass das 1,5-Grad-Ziel, also den menschengemachten globalen Temperaturanstieg durch den Treibhauseffekt auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen – etwa durch eine Abschaffung der Abstandsregelung von 1000 Metern für Windkrafträder, ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen und 30 km/h in der Stadt, erreicht wird. Zur Bildung: Als Pflegedozentin sehe sie tagtäglich, welche Defizite die Auszubildenden hätten, etwa in Deutsch: „Ich habe manchmal das Gefühl, ich mache Deutschunterricht.“ Da klafften Lücken, die gefüllt werden müssten.

Privat gehe sie oft raus in Grüne: „Ich bin super-gerne draußen.“ Sie fahre Rad, gehe inlinern oder spazieren, am liebsten an den Kemnader Stausee, mit Freundinnen und Freunden oder der Familie. Apropos Familie: Von ihr habe sie die Ausflüge ins Grüne, die sie seit ihrer frühen Kindheit regelmäßig unternehme. Dabei sei die Familie auch ab und an zum Schloß Strünkede gefahren, um dort im Park spazieren zu gehen. Deshalb habe sie diesen Ort für ihr Treffen mit der WAZ ausgesucht. Schloss und Park, sagt Köllner, „sind vom Ambiente her super-schön.“

Bitte ergänzen:

Wiebke Köllner ist Fan von Jan Böhmermanns Sendung ZDF Magazin Royale.
Wiebke Köllner ist Fan von Jan Böhmermanns Sendung ZDF Magazin Royale. © ZDF und Jens Koch | Jens Koch

Wenn mich ein junger Mensch heute fragt, ob er oder sie Altenpfleger beziehungsweise Altenpflegerin werden soll, dann rate ich ihm oder ihr, . . .

. . . sich ein dickes Fell zuzulegen. Dennoch ist das eine schöne Ausbildung und ein toller Beruf.

Das Erscheinungsbild der Linken in Deutschland ist gerade. . .

. . . optimierbar.

Den Fernseher schalte ich . . .

. . . meistens für Netflix und Youtube an. Die Tagesschau schaue ich fast täglich, darüber hinaus kommen die Sendungen Die Anstalt, Heute Show und ZDF Magazin Royale in Frage.

>> WEITERE INFORMATIONEN:

Wiebke Köllner, 26, wurde in Witten geboren und wuchs in Bochum auf. Dort machte sie an der Theodor-Körner-Schule ihr Abitur. Sie ist ledig und lebt im Stadtteil Weitmar.

Neben ihrer Tätigkeit als private Pflegedozentin studiert sie an der FOM im Bachelor Pflegemanagement. Ihren Abschluss plant sie für diesen Sommer.

Ihren Posten als Co-Sprecherin der Linken in Bochum hat sie im November 2021 abgegeben, nachdem sie in den Landesvorstand gewählt wurde: Es sei nicht gut, zu viele Funktionen innezuhaben, begründet sie.