Herne. Am 20. März fällt die Homeoffice-Pflicht. Welches Fazit ziehen Herner Firmen aus zwei Jahren Homeoffice? Die WAZ hat nachgefragt.

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt verändert. Für viele Firmen und ihre Beschäftigten deutschlandweit bedeutete das: Heimarbeit. Am 20. März 2022 laufen nach aktuellem Stand alle bisherigen Einschränkungen aus, darunter auch die Homeoffice-Pflicht. Die WAZ hat bei Herner Unternehmen und Einrichtungen nachgefragt, welches Fazit sie aus zwei Jahren Homeoffice ziehen.

Herner NWB-Verlag entwickelt in der Pandemie neues Arbeitsmodell

Der NWB-Verlag legt als Arbeitgeber Wert auf die Unternehmenskultur.
Der NWB-Verlag legt als Arbeitgeber Wert auf die Unternehmenskultur. © Bodemer | Archivbild

Der NWB-Verlag schickte seine Mitarbeiter ab dem 13. März 2020 ins Homeoffice. „Alle mussten sich erst einmal drauf einstellen, dass man sich nur digital sieht“, erinnert sich Anja Willich aus der Personalleitung. Nach gut zwei Jahren könne man sagen: „Das hat insgesamt sehr gut geklappt.“ Gewisse Sorgen blieben aber nicht aus. „Homeoffice hat einen großen Einfluss auf die Unternehmenskultur“, so Willich. Die sei NWB sehr wichtig. Events, die das Miteinander fördern - zum Beispiel Kochkurse mit anschließendem gemeinsamen Essen -, habe man ins Digitale verlegt.

Dass mobiles Arbeiten dennoch Bestandteil der alltäglichen Arbeitskultur werden soll, habe man bei NWB schon im Sommer 2020 entschieden. Auch unabhängig von der Pandemie sollten Mitarbeiter künftig 50 Prozent ihrer Arbeitstage mobil gestalten können. 2021 weitete NWB dieses Angebot noch einmal aus und ermöglicht Mitarbeitern seither 100 Prozent Homeoffice. Einzige Prämisse: „Persönliche Begegnungen sollen weiterhin Teil des Arbeitslebens sein.“ Das Modell komme gut an, so Willich weiter: „Die breite Masse schätzt aber vor allem den Mix aus Präsenz und mobilem Arbeiten.“ Vielen Mitarbeitern gebe das die Möglichkeit, Beruf und Privatleben besser zu vereinbaren. Und: „Homeoffice passt sogar in unsere Nachhaltigkeitsstrategie, weil Fahrtwege wegfallen.“

ISAP AG: Dank Homeoffice „zu 100 Prozent“ handlungsfähig

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Bei dem Herner IT-Unternehmen ISAP arbeiteten rund 90 Prozent der Beschäftigten bis März 2020 im Büro. Der Wechsel in die Heimarbeit verlief Dank vorhandener Technik reibungslos. Daniel Drissler, Leiter der Geschäftsentwicklung bei ISAP, beschreibt das als großes Glück: „Durch das Homeoffice waren wir während der Pandemie zu 100 Prozent handlungsfähig.“ Drissler habe die interessante Beobachtung gemacht, dass die einzelnen Geschäftsstellen durch die digitale Verständigung viel enger miteinander vernetzt seien als früher. „Grüppchenbildung“, wie sie im Büro unweigerlich stattfinde, gebe es quasi nicht mehr.

Einige Mitarbeiter hätten schon angekündigt, nach der Pandemie in eine Homeoffice-Stelle wechseln zu wollen. „Wenn es nicht notwendig ist, dass derjenige vor Ort ist, ist das für uns völlig in Ordnung“, so Drissler. Die Erkenntnis aus der Pandemie: Viele Faktoren machen Homeoffice attraktiv. Neben der Vereinbarkeit von Familie und Job sprechen auch die noch immer sehr unsteten Coronazahlen sowie die derzeit hohen Spritpreise dafür. Auch die Kunden hätten die Vorteile des mobilen Arbeitens erkannt, erzählt Drissler. Die Bereitschaft, Termine online abzuhalten, sei extrem gestiegen. Das spare Zeit, Kosten, schone die Umwelt und ermögliche dennoch eine gute Zusammenarbeit.

Stadtwerke Herne AG: „Eine Bereicherung für alle Beteiligten“

Bei den Stadtwerken empfand man die Erfahrung mit alternativen Arbeitsmodellen in der Pandemie als Bereicherung.
Bei den Stadtwerken empfand man die Erfahrung mit alternativen Arbeitsmodellen in der Pandemie als Bereicherung. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Auch bei den Stadtwerken Herne gab es Homeoffice-Regelungen bereits vor der Pandemie, sagt Pressesprecherin Angelika Kurzawa. Dennoch hätten viele Mitarbeiter bis zum ersten Lockdown 2020 noch nicht mobil gearbeitet. Die generelle Bilanz nach zwei Jahren Pandemie: Hybrides Arbeiten sei eine Bereicherung für alle Beteiligten. „Mitarbeitende sind zufriedener, weil sich so beispielsweise Beruf und Familie besser vereinbaren lassen“, resümiert Kurzawa. Ein wichtiger Faktor sei auch die Effizienz: Die Erfahrung habe gezeigt, dass sich vieles ohne ein persönliches Treffen erledigen lasse. Die Vorteile des Homeoffice haben aber auch ihre Grenzen: „Den persönlichen Austausch und das gelebte miteinander Arbeiten kann eine Videokonferenz nicht ersetzen.“ Dauerhaftes Homeoffice sei daher keine Option.

>>> Homeoffice bei der Stadt Herne

  • Bei der Stadt Herne nehmen rund 400 Angestellte eine Homeoffice-Regelung in Anspruch, die 2019 eingeführt wurde und ihnen zwei Tage Heimarbeit pro Woche ermöglicht.
  • Die Stadt teilt mit, man wolle die Rahmenbedingungen für Homeoffice künftig noch ausweiten. Außerdem sollen alternative Arbeitsmodelle - etwa zur effektiveren Nutzung von Büroflächen - erprobt werden.