Herne. Leo Horst arbeitet in Herne als Feinwerkmechaniker. Warum der 22-jährige Geselle jungen Leuten vor dem Studium eine Ausbildung empfehlen würde.

Leo Horst ist sichtlich stolz. Gerade erst hat der junge Handwerksgeselle seinen Anstellungsvertrag unterschrieben, nun darf er in der Halle seine eigene Werkbank einrichten - in seiner Zunft ein wichtiges Ritual. Noch wirkt die Bank recht kahl, ohne viel Werkzeug und ohne Fotokalender mit leicht bekleidetem Motiv, wie sie die Nachbarbänke zieren. „Das ist nicht so meins“, schmunzelt Horst und durchstöbert die Schubladen. „Ich muss erstmal Inventur machen und sehen, was ich an Ausrüstung brauche.“

Eigentlich hätte der Gelsenkirchener in seiner Ausbildung zum Feinwerkmechaniker am Herner Bauhof des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Westdeutsche Kanäle (WSA) noch ein halbes Lehrjahr vor sich gehabt. Dank guter Leistungen durfte er die Ausbildung im vergangenen Sommer auf drei Jahre verkürzen und wurde als Geselle übernommen. „Normalerweise sind die Anschlussverträge nach der Ausbildung auf zwei Jahre befristet“, erklärt Bauhofsleiter Marcel Schulte. „Aber damit sich der Leo gar nicht erst anderweitig umschaut, haben wir ihm einen Festvertrag angeboten.“

Der 22-Jährige hat im Handwerk genau das gefunden, was ihm gefällt.
Der 22-Jährige hat im Handwerk genau das gefunden, was ihm gefällt. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Leo Horst erhält als Nachwuchstalent Stipendium

Es ist ein weiterer Erfolg für Horst, der seine Ausbildung mit Bestnoten abschloss und aus dem Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks „Profis leisten was“ (PLW) 2021 als einer von 34 Siegern auf Kammerebene hervorging. Wenn man ihn fragt, verdankt das Nachwuchstalent all das und mehr nicht nur sich selbst, sondern auch seinem „hervorragenden Ausbilder“, Paul Blaszyk. „Der konnte einfach alles“, sagt Horst über seinen Mentor, der mittlerweile in Pension gegangen ist. „Wenn hier keiner mehr weiter wusste, war er immer die letzte Instanz.“

Blaszyk war es auch, der seinen Lehrling auf ein Weiterbildungsstipendium der Handwerkskammer Dortmund aufmerksam machte, welches vielversprechenden Berufseinsteigern die Meisterschule finanziert. „Ohne ihn hätte ich das nicht auf dem Schirm gehabt“, betont der 22-Jährige, „auch dafür bin ich ihm sehr dankbar.“ Seine Meisterausbildung macht Horst in Teilzeit und besucht neben der Arbeit auf dem Bauhof vier Mal die Woche die Abendschule. Um die rund 10.000 Euro Ausbildungsgebühr muss sich Horst als Stipendiengewinner keine Sorgen machen.

Herner Geselle erzählt, was ihn am Handwerk begeistert

Als Feinwerkmechaniker fertigen oder restaurieren Horst und seine Kollegen Metallbauteile, die dann etwa an Schleusenanlagen zum Einsatz kommen. „Rausfahren, auf Montage“, das macht dem 22-Jährigen am meisten Spaß. Aber nicht nur die Arbeit an großen Anlagen reizt ihn, sondern eben auch das Feine am Feinwerk, die Tüftelarbeit: „Wenn du ganz filigrane Bauteile auseinandernimmst, erinnert das manchmal an ein Knobelpuzzle. Lösungswege finden, improvisieren, das macht einfach Spaß.“

In der Ausbildungswerkstatt lernen die Lehrlinge an Werkstücken wochenlang, wie man Metall feilt - eine „Härteprüfung“, erinnert sich Horst.
In der Ausbildungswerkstatt lernen die Lehrlinge an Werkstücken wochenlang, wie man Metall feilt - eine „Härteprüfung“, erinnert sich Horst. © FUNKE Foto Services | Kim Kanert

Das Händchen fürs Handwerk liegt in der Familie. Horst arbeitet in vierter Generation auf dem Herner Bauhof. Sein älterer Bruder und der Vater haben hier ihre Ausbildung gemacht. Horsts Urgroßvater war sogar mal Bauhofsleiter. Seine Entscheidung ebenfalls ins Handwerk zu gehen, bezeichnet Horst als „Glücksgriff“. „Ich habe direkt das gefunden, was mir auch wirklich gefällt“, sagt er. Eine Ausbildung könne er nur jedem ans Herz legen: „In jungen Jahren schon Geld zu verdienen, in einer eigenen Wohnung zu wohnen und selbstständig zu sein, ist ein Schritt, der vielen Leuten auch vorm Studium helfen könnte, im Leben zu stehen.“

Ob Horst selbst noch vor hat, zu studieren, kommt darauf an. „Wenn ich die Meisterschule mit Note 2 oder besser bestehe, dann will ich’s vielleicht noch mal wissen“, lacht er. Sein handwerkliches Geschick kommt ihm derweil auch privat zugute. „Man kann so vieles davon im Alltag gebrauchen“, erzählt er. „Ich konnte mein Auto selbst reparieren und habe viel Geld gespart.“ Zurzeit renoviert er seine neue Wohnung. Bis aufs Fliesenlegen macht er alles selbst. Daher also die vielen Schrammen an den Händen? Nein, die stammen von Katze Lissi, grinst Horst, die ist noch ziemlich jung und verspielt und soll auch mit umziehen.

>>> WEITERE INFORMATIONEN ZUR AUSBILDUNG

  • Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Westdeutsche Kanäle bildet am Herner Bauhof in drei Bereichen aus: Feinwerkmechanik mit Fachrichtung Maschinenbau, Elektronik mit Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik und Elektronik mit Fachrichtung Informations - und Telekommunikationstechnik.
  • Pro Jahr sind 7 Ausbildungsstellen zu besetzen. Wie vielerorts im Handwerk ist die Zahl der Bewerber rückläufig, der Bedarf an Nachwuchsfachkräften aber gleichzeitig groß.