Herne. In Herne sollen die Parkgebühren erhöht werden. Darauf haben sich SPD und CDU geeinigt. Die Geschäftsleute reagieren ablehnend bis entsetzt.
Ein Ticket an einem Parkscheinautomaten in Herne soll künftig pro Stunde einen Euro statt wie bislang 60 Cent kosten. Darauf hat sich die Ratskoalition aus SPD und CDU geeinigt. Gibt die Politik grünes Licht, dann könnten die neuen Gebühren bereits im Frühjahr eingeführt werden.
Ziel der Parkgebühren-Erhöhung sei es nicht, den Stadtsäckel zu füllen, betont SPD-Ratsherr Roberto Gentilini, der den Schritt mit seinem Parteifreund, dem Ratskollegen Michael Zyweck, auf den Weg gebracht und dazu auch den Koalitionspartner CDU mit ins Boot geholt hat. Vielmehr soll den Bürgerinnen und Bürgern „mehr Lebensqualität zurückgegeben werden“, sagt er zur WAZ. Konkret: Die zusätzlichen Einnahmen soll die Stadt in weiten Teilen dazu nutzen, um die Verkehrswende voranzubringen. Sie sollen also vor allem Radfahrerinnen und Radfahrern sowie Fußgängerinnen und Fußgängern zu Gute kommen – aber nicht nur.
Herne: Einnahmen sollen für Mobilitätswende genutzt werden
Nach Angaben der Stadt gibt es vor Ort 61 Parkscheinautomaten – 18 in Wanne und 43 in Herne. Wie viele Parkplätze damit bewirtschaftet werden, prüfe die Stadt aktuell, so ein Stadtsprecher zur WAZ. In einem Antrag an den Ausschuss für Digitalisierung, Infrastruktur und Mobilität sollen die aktuellen Gebühren von 0,05 Euro je angefangene fünf Minuten zum nächstmöglichen Zeitpunkt auf 0,10 Euro je angefangene sechs Minuten erhöht werden. Das Gremium tagt am Donnerstag, 13. Januar (Rathaus Herne, 16 Uhr). SPD-Ratsherr Gentilini rechnet dadurch mit zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 600.000 Euro – pro Jahr.
Die Stadt soll durch die zusätzlichen Einnahmen die Möglichkeit bekommen, dringend notwendige Infrastruktur-Projekte auf den Weg zu bringen. Außerdem soll dadurch der Eigenanteil für Förderprojekte von innovativen Maßnahmen aufgebracht werden. Für Fahrradfahrer könnten auf diese Weise zum Beispiel mehr Fahrradstraßen gebaut, für Fußgänger bessere Ampelschaltungen eingerichtet werden. Aber auch Autofahrer sollen profitieren: Für sie könnte etwa eine Anwendung entwickelt werden, die ihnen freie Parkplätze auf dem Handy anzeigt, so der SPD-Ratsherr. Es gebe immer mehr Autos, deshalb nehme der Parksuchverkehr zu – und die Umwelt leide. Das alles koste Geld, Geld, das die Stadt aktuell nicht habe. SPD und CDU hätten viele Ideen, wofür die zusätzlichen Parkgebühren eingesetzt werden könnten, aber auch die Stadt soll sich ihre Gedanken machen.
Außerdem soll die Verwaltung prüfen, wo noch weitere Parkscheinautomaten aufgestellt werden können, um noch mehr Einnahmen zu erzielen. Orte gebe es reichlich, meint Gentilini und verweist auf Parkstreifen vor dem Herner Bahnhof oder hinter dem Herner Rathaus, wo es bislang eine Parkscheiben-Regelung gebe. „Wo gibt es das denn noch, dass Autofahrer mitten in der Stadt umsonst parken können?“ fragt er.
Einzelhändler kritisieren die Pläne
Nicht amüsiert über den Vorstoß sind die Einzelhändler – um es vorsichtig zu sagen. Mit dem Ziel, die Innenstadt attraktiver zu machen, würden Autos immer mehr aus den Innenstädten verbannt, sagt Olaf Kenkmann, Sprecher des Einzelhandelsverbands. Die Folge: Kaufkräftige Menschen blieben fern. Eine Erhöhung der Parkgebühren hätte ähnliche Folgen: Die Innenstädte würde nicht attraktiver, sondern unattraktiver für Kundinnen und Kunden. Ähnlich äußert sich Norbert Menzel, Vorsitzender der Werbegemeinschaft IG City Herne-Mitte. Die Erhöhung sei „happig“, „ein Witz“, kritisiert er – und lehnt die Pläne ab.
SPD-Ratsherr Gentilini kennt die Vorbehalte. Er will „auf die Kaufmannschaft zugehen und Überzeugungsarbeit leisten“, kündigt er an. Mit Menzel habe er schon kurz gesprochen. Gentilinis Ziel sei es, die Geschäftsleute ins Boot zu holen und „die Zukunft der Innenstädte gemeinsam zu gestalten“.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Genaue Abrechnung per App soll möglich bleiben
Die Parkgebühren könnten auch deshalb erhöht werden, weil sie in Herne seit vielen Jahren nicht angepasst worden seien, so SPD und CDU. Außerdem seien sie im Vergleich mit umliegenden Städten der Region auf einem niedrigen Niveau. Nicht zuletzt sei nur ein geringer Teil der öffentlichen Straßen beziehungsweise Parkplatzflächen in Herne kostenpflichtig bewirtschaftet.
Eine minutengenaue Abrechnung über das Handyparken soll laut Rot-Schwarz weiterhin möglich sein. Und nicht nur das: Die Stadt soll die Akzeptanz dieser Bezahlmethode deutlich erhöhen, fordert die Koalition. Die Höchstparkdauer von vier Stunden soll unverändert bleiben.