Bochum/Herne. Ein Gewalttäter und Vergewaltiger (22) aus Herne steht nach einem brutalen Angriff mit Vergewaltigung in Herne vor Gericht – zum zweiten Mal.

Die brutale Vergewaltigung einer Frau (37) aus Herne im Anschluss an eine Partynacht im Mai 2019 steht seit Freitag noch einmal im Mittelpunkt eines Prozesses am Bochumer Landgericht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein erstes Urteil gegen den Vergewaltiger teilweise aufgehoben. Vor der 8. Strafkammer geht es nun allein um die Frage: Wird vorbehaltene Sicherungsverwahrung angeordnet – ja oder nein?

Rückblick: Am 7. Januar 2020 hatte eine andere Jugendkammer am Bochumer Landgericht gegen den damals 20 Jahre alten Vergewaltiger siebeneinhalb Jahre Jugendhaft verhängt. Außerdem blieb laut Urteil die Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung vorbehalten. Nach der Revisionsüberprüfung beim BGH im Januar 2021 ist an der Schuld und der zeitigen Jugendhaftstrafe endgültig nichts mehr zu ändern – in diesen Punkten beurteilte der 4. BGH-Senat das Bochumer Urteil als absolut einwandfrei. Die Strafe (siebeneinhalb Jahre Jugendhaft) ist damit rechtskräftig. Die zusätzliche Anordnung der Sicherungsmaßregel (vorbehaltene Sicherungsverwahrung) stieß beim BGH jedoch auf Kritik: Zwar lägen die Voraussetzungen dafür zweifellos vor, so der 4. Senat in seinem Revisionsbeschluss. Die von den Bochumer Richtern vorgenommene (und bejahte) Gefährlichkeitsprognose jedoch kritisierten die BGH-Richtern angesichts „höchster zu stellender Anforderungen“ als „nicht tragfähig begründet“.

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Herne: Opfer wurde gebissen, geschlagen, mehrfach vergewaltigt und bestohlen

Ort der Verhandlung: das Justizzentrum Bochum, hier die Rückseite des Gebäudes.
Ort der Verhandlung: das Justizzentrum Bochum, hier die Rückseite des Gebäudes. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

An dieser Stelle muss die nun zuständige Jugendkammer eine nochmalige, intensive Prüfung vornehmen. In der Nacht auf den 5. Mai 2019 war der Angeklagte nach einer Partyveranstaltung unter einem Vorwand gemeinsam mit dem späteren Opfer in ein Taxi gestiegen. Gegen 3 Uhr in Baukau an der Wohnung der 37-jährigen Frau angekommen, war der Herner mitausgestiegen, auf seine Bitte, er müsse dringend zur Toilette, hatte die Hernerin ihn in die Wohnung gelassen. Dann war sie plötzlich von dem heute 22-Jährigen angegriffen, an Ober- und Unterkörper gebissen, geschlagen, mehrfach vergewaltigt und bestohlen worden.

Die 37-Jährige hatte unter anderem einen Nasenbeinbruch erlitten. Außerdem waren durch brutale Schläge ins Gesicht beide Augen so stark zugeschwollen, dass die Frau sie nicht mehr selbstständig öffnen konnte. Miteinbezogen in die im Januar 2020 verhängte Strafe war auch noch ein weiteres Gewaltverbrechen. Im Sommer 2017 hatte der vielfach wegen Gewaltdelikten vorbestrafte Herner nachts am S-Bahnhof Essen-Bergeborbeck einen Nachtschwärmer brutal zusammengeschlagen, mit voller Wucht gegen den Kopf getreten und beraubt. Zum Prozessauftakt erklärte sich der Angeklagte über seinen Verteidiger Manfred Gregorius grundsätzlich bereit, an einem der kommenden Prozesstage zu den Gewalttaten noch einmal auszusagen.

Auch im Gefängnis flogen schon die Fäuste

Aufhorchen ließ am Freitag eine Mitteilung aus der Justizvollzugsanstalt Heinsberg, nach der der 22-Jährige dort im März 2021 einen Mithäftling brutal zusammengeschlagen haben soll. Offenbar hatte es zunächst ein Wortgefecht gegeben, dann waren erst ein Teller und dann die Fäuste geflogen. „Ich habe einfach um mich geschlagen“, gab der 22-Jährige zu, sah sich aber damals in einer Notwehrlage. Mit Blick auf eine umfassende Gefährlichkeitsprognose wollen die Richter diesen Vorfall wohl nun zusätzlich parallel aufklären. Für den Prozess sind vorerst noch Verhandlungstage bis 10. Dezember anberaumt.

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>> WEITERE INFORMATIONEN: Keine Haft in sozialtherapeutischer Justizvollzugsanstalt

Die Gewalttat war ursprünglich mit Blick auf Drosselungen mit einem Schal zunächst als versuchter Verdeckungsmord angeklagt gewesen. Im Urteil sahen die ersten Bochumer Richter dann aber mangels Beweisbarkeit von einer solchen Verurteilung ab.

Die Anordnung vorbehaltener Sicherungsverwahrung stützte das Gericht vor allem auf das hohe Rückfallrisiko und Aggressionspotenzial. „Es sind zwei Opfer zu viel“, hatte Richterin Isabel Hoffmann damals in der Urteilsbegründung erklärt.

Dass der BGH den Urteilspart zur Sicherungsverwahrung aufgehoben hat, hat auch Auswirkungen auf die einstige Entscheidung zum Strafvollzug. Eine Haftverbüßung in einer sozialtherapeutisch ausgerichteten Justizvollzugsanstalt ist ebenfalls gekippt.