Herne. Eine Initiative will das ehemalige Hallenbad Eickel retten. Geht das? Die Stadt Herne sagt nein – und öffnete den Medien zum Beweis die Türen.
Der Rat entscheidet Ende November darüber, ob das Bürgerbegehren für den Erhalt des Hallenbads Eickel in Herne zulässig ist. Die „Initiative Wiederinbetriebnahme Hallenbad Eickel“ um den Wanne-Eickeler Sänger Horst „Hotte“ Schröder will damit erreichen, dass der Verkauf des ehemaligen Hallenbads samt Grundstück rückgängig gemacht wird. In einem zweiten Schritt soll das Schwimmbad dann saniert und neu eröffnet werden.
14 Tage vor dem Ratsentscheid lud die Stadt für Montag Medienvertreter in das ehemalige Schwimmbad ein, um ihre Sichtweise zu untermauern: „Das Hallenbad kann nur noch abgerissen werden“, betonte Stadtdirektor Hans Werner Klee bei dem Termin. Was dabei noch zur Sprache kam.
Das Erscheinungsbild
Betreten durften die Medienvertreter das Gebäude nur mit Sicherheitsschuhen und Helmen. Der Grund offenbarte sich schnell: In den Gängen liegt Schutt, Putz bröckelt, aus Wänden und Decken ragen Leitungen und Kabel, Türen von Umkleidekabinen sind eingetreten, Fliesen abgeschlagen, kaputte Fenster notdürftig repariert. Im Keller herrscht Durcheinander, und im Dach klaffen Löcher. Ein Grund für den Zustand sei auch Vandalismus und Diebstahl: Leere Bierflaschen in Waschbecken, Graffiti im Schwimmbecken oder gestohlenes Metall aus Wänden sind deutliche Spuren von Eindringlingen.
Die Sanierungskosten
Eine Sanierung des Hallenbads, sagt Stadtdirektor Klee, sei weder wirtschaftlich noch für die Stadt zu stemmen. Weil das Schwimmbad aus dem Jahr 1954 nach der Eröffnung des neuen Wananas vor fünf Jahren außer Betrieb genommen wurde, sei auch die Nutzungsgenehmigung erloschen. Das bedeute: Das Hallenbad müsste nach den heute geltenden Richtlinien genehmigt werden. Um das zu erreichen, müsse ein zweistelliger Millionenbetrag investiert werden. Fördergelder gebe es dafür fast gar keine, und die klamme Stadt Herne könnte dieses Geld allein nicht aufbringen, sagt Stadtdirektor Klee. Im Übrigen gebe es genügend Wasserflächen in der Stadt.
Nicht barrierefrei
Um das Schwimmbad wieder flott zu machen, „müsste das Gebäude in den Rohbauzustand zurückversetzt werden“, erklärt Klee. Das größte Problem: Es sei nicht barrierefrei. Schon um ins Gebäude zu kommen, müssen Besucherinnen und Besucher Treppen steigen. Auch von der Kasse aus geht’s weiter nach oben: über Treppen und durch Gänge, die zu eng seien, um heute genehmigt zu werden. Auch das Foyer sei zu klein. Lange Rede: Aufzüge müssten gebaut und alle Korridore neu konzipiert und neu angelegt werden. Nicht zuletzt müssten auch Arbeitsräume für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu gebaut werden. Die bisherigen reichten heute nicht mehr aus.
Die Technik
Die Schwimmbadtechnik im Keller ist fast komplett ausgebaut worden – und müsste neu angeschafft werden. Allein: Für eine Schwimmbad- und Lüftungstechnik nach heutigen Ansprüchen fehle der Platz, so die Stadt. Im Keller könnten nach einer Sanierung lediglich die Badewasser-, Heizungsanlage und die elektronischen Anlagen untergebracht werden. Auch eine neue Raumlufttechnik müsse her, die aber könne nur auf dem Dach angebracht werden. Dafür aber sei das Dach gar nicht geeignet, das jetzt schon marode sei. Lösung: Ein neues Dach müsse her, eines zudem, das auch die Technik trage.
Das Schwimmbecken
Auch das Schwimmbecken müsste erneuert werden. Denn: In dem Becken gibt es noch Ablaufrinnen unterhalb des Beckenrandes, wo der Wasserspiegel früher endete. Das sei nicht mehr erlaubt, weil sich dadurch Chlorgase im Becken sammeln könnten. Der Wasserspiegel müsste also – wie in neuen Schwimmbädern üblich – bis zum Beckenrand reichen. Um das möglich zu machen, müsste das Becken komplett einen neuen Beckenkopf erhalten. Nicht zuletzt entspreche das Becken nicht mehr den Ansprüchen, um Schwimmen zu lernen. Lehrschwimmbecken beziehungsweise Nichtschwimmer-Becken hätten heute breite „Wassergewöhnungstreppen“. Im Hallenbad gibt es aber nur eine kleine Treppe und ansonsten Leitern. Außerdem müsste der Nichtschwimmerbereich vom Schwimmerbereich getrennt werden. Nicht zuletzt entspreche die Sprunganlage nicht mehr den heutigen Sicherheitsanforderungen.
Der Fluchtweg
Das Schwimmbad müsste neue Fluchtwege bekommen. Der derzeitige Fluchtweg, so zeigte die Stadt, führt ausgerechnet am Chlorgasraum vorbei. Das aber sei nicht mehr erlaubt, weil das zu gefährlich sei: Gas könnte austreten und ausgerechnet Flüchtende gefährden.
Die Schadstoffbelastung
Gutachter haben laut Stadt einen hohen Schadstoffanteil im Bauwerk gefunden. Diese Bauteile müssten fachgerecht ausgebaut und entsorgt werden.
Der energetische Zustand
Nicht zuletzt müsse das Schwimmbad dem aktuellen Gebäude-Energie-Gesetz entsprechen. Dazu wäre eine aufwändige, komplette energetische Modernisierung notwendig. Stadtdirektor Klee verwies unter anderem auf die Glasbausteine, die fassadenhoch im Hallenbad verbaut wurden: Sie seien teilweise kaputt und ließen viel zu viel Wärme durch.
Die Bauarbeiten
Sollte das Schwimmbad wirklich saniert werden, wäre eine Baustelle innerhalb des Wohngebiets rund um die Straße Am Solbad unumgänglich, warnt die Stadt. Da auf dem Gelände des Schwimmbads nicht genug Platz sei, müssten für einen längeren Zeitraum Straße oder Parkplätze gesperrt werden.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Das Bürgerbegehren
Die „Initiative Wiederinbetriebnahme Hallenbad Eickel“ will mit Hilfe eines Bürgerbegehrens den Verkauf des Hallenbad-Grundstücks von der Stadt an die Stadtentwicklungsgesellschaft aus dem vergangenen Sommer rückgängig machen. Dort sollen anschließend Wohnungen gebaut werden. Der Rat entscheidet am Dienstag, 30. November, in öffentlicher Sitzung (16 Uhr, Ratssaal, Rathaus Herne) darüber, ob das Bürgerbegehren zulässig ist.
Wenn es zulässig ist, kann die Initiative Unterschriften sammeln. Kommen dabei genug Unterschriften zusammen – nötig sind voraussichtlich rund 5500 –, dann wird das Bürgerbegehren dem Rat zur Abstimmung vorgelegt. Sagt der Rat ja, dann wird der Verkauf des Hallenbad rückgängig gemacht. Sagt er nein, dann kommt es zum Bürgerentscheid: Die Bürger entscheiden dann selbst darüber.