Herne. Für seine neue Ausstellung hat das Herner Archäologiemuseum den berühmten englischen Steinkreis Stonehenge nachgebaut. Ein Vorab-Einblick.

Der Museumsshop ist schon bestückt. Hinter den Scheiben der Glasvitrine liegen fein säuberlich gefaltet Kapuzenpullover mit der Aufschrift „Stonehenge. Est. 3000 BC“, darüber eine Einkaufstasche. Sogar Socken mit dem Motiv des berühmten englischen Steinkreises gibt es zu erstehen. Noch zwei Wochen dauert es, bis Besucherinnen und Besucher im Herner LWL-Archäologiemuseum die originalgetreue Nachbildung von Stonehenge besichtigen können. Für die WAZ hat das Museum vorab schon einmal seine Pforten geöffnet.

Noch gibt es einiges zu tun. In einem Nebengang ertönt das unverkennbare Geräusch eines Akkuschraubers. Es riecht nach frischer Farbe. Auf grauen Halterungen stehen leere Vitrinen, die in Kürze mit archäologischen Funden gefüllt werden sollen. Mit Geweihhacken zum Beispiel, mit Äxten oder mit Beilen. Einige der Funde, die hier ausgestellt werden, stammen direkt aus der Landschaft von Stonehenge in der englischen Salisbury-Ebene.

Nachbildung von Stonehenge steht bereits im Herner Archäologiemuseum

Die große Nachbildung des prähistorischen Steinkreises steht bereits. Imposant ragen die riesigen Steinrepliken in die Höhe. Sandstein und Blaustein auf grünem Boden. In der Mitte des Kreises ist allerdings noch eine Leiter abgestellt, aus einer geöffneten Luke im Boden ragen Kabel. „Ich schließe gerade die Medienanlage an“, verkündet ein Techniker. Denn auch von medialen Elementen wird die Ausstellung begleitet. So wird zum Beispiel der äußere Kreis von Stonehenge – der aufgrund seiner enormen Größe nicht in den Saal gepasst hätte – per Projektion in die Ausstellung geholt.

Kuratorin Kerstin Schierhold vor dem als 1:1-Replik nachgebauten Stonehenge in Herne. „Der Steinkreis konnte nur mit einem riesigen Aufwand errichtet werden“, sagt die Archäologin.
Kuratorin Kerstin Schierhold vor dem als 1:1-Replik nachgebauten Stonehenge in Herne. „Der Steinkreis konnte nur mit einem riesigen Aufwand errichtet werden“, sagt die Archäologin. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Stonehenge, erbaut vor vielen tausend Jahren, ist bis heute für viele ein riesiges Faszinosum. Über Anlass und Zweck der Errichtung gibt es noch keine abschließende Klärung. „Beim Anblick der Steine fragen sich die meisten Leute: Wie hat man das damals bloß geschafft – und warum?“, sagt Kerstin Schierhold, Archäologin und Kuratorin der Ausstellung. Und genau wisse man das eben nicht. Man gehe aber in jedem Fall davon aus aus, dass der Aufbau von Stonehenge ein großes Gemeinschaftsprojekt war, das viele Menschen zusammengebracht habe.

Steine in Herne sehen so aus wie zum Zeitpunkt der Errichtung

Klar ist außerdem: „Der Steinkreis konnte nur mit einem riesigen Aufwand errichtet werden“, betont Schierhold. Die sogenannten Sarsen, bis zu 40 Tonnen schwere Sandsteinblöcke, seien aus 25 bis 30 Kilometern Entfernung hertransportiert worden. Die Bluestones, zweiter Bestandteil des Steinkreises, stammten aus den Preseli-Bergen in Wales – noch einmal etwa 240 Kilometer Entfernung.

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Für die detailgenaue Rekonstruktion des Steinkreises hat ein Team zunächst Laserscan-Daten der originalen Steine ausgewertet. Um ihre unvergleichliche Beschaffenheit nachzubilden, brauchte es unter anderem eine spezielle CNC-Fräse, Farbgemische und Sandkleber. „Man sieht die Steine nicht so, wie sie heute aussehen, sondern wie zum Zeitpunkt ihrer Errichtung“, erklärt Schierhold.

Herner Ausstellung will zeigen, wie der Mensch seine Lebensumgebung gestaltet

Corona-Pandemie und Brexit hätten die Kooperation ein ums andere Mal erschwert, berichtet die Kuratorin: „Während des Lockdowns in England waren die Museen komplett geschlossen, da war es schwierig, unsere Kooperationspartner zu erreichen.“ Auch Unternehmen zu finden, die die großen Stein-Nachbauten bearbeiten und transportieren konnten, sei eine Herausforderung gewesen. Am Ende liege man aber gut im Zeitplan.

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Mit der Ausstellung möchten die Macherinnen und Macher anschaulich machen, wie der Mensch schon in prähistorischen Zeiten seinen Lebensraum aktiv gestaltet hat. Erweitert wird sie dabei durch Elemente aus dem westfälischen Raum. Hier ließen sich ähnliche Entwicklungen beobachten wie in England, erklärt Schierhold. Ein Beispiel: die sogenannten Megalithgräber in Westfalen, Grabstätten, die durch große Steine gekennzeichnet sind.

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Schon 2018 ist das Konzept für die Ausstellung entstanden, 2019 ging es an die Planung. Nun hoffen alle Beteiligten, dass das Endergebnis ihrer langen Arbeit auf großes Interesse stößt. Auf etwa 80.000 Besucherinnen und Besucher baue man, sagt Schierhold – und fügt mit einem Lachen hinzu: „Gerne auch mehr.“

>>> Alle Informationen zur Ausstellung

  • Die Ausstellung „Stonehenge – Von Menschen und Landschaften“ ist vom 23. September 2021 bis zum 25. September 2022 im Herner LWL-Museum für Archäologie zu sehen.
  • Sie ist in Kooperation mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) entstanden.
  • Im Museum gilt die 3G-Regel und eine Maskenpflicht.
  • Karten kann man vor Ort oder im Online-Shop auf der Website des Museums kaufen. Sie kosten 7 Euro (Erwachsene) bzw. 3,50 Euro (ermäßigt).
  • Für Kinder und Jugendliche bis einschließlich 17 Jahren ist der Eintritt frei.