Herne. Wenn aus Liebe Hass wird, kann das für Stalking-Opfer zu einer psychischen Qual werden. Die Polizei erklärt, wie Opfer sich schützen können.
Nicht immer hält die Liebe in einer Beziehung bis zum Lebensende. Manchmal geht sie im Laufe der Zeit verloren, zwei Menschen leben sich auseinander und die Beziehung endet. Doch nicht alle Partner wollen sich das eingestehen und versuchen mit aller Macht, ihrem Ex-Partner oder ihrer Ex-Partnerin weithin nah zu sein und ihre Liebe zu zeigen. Wenn das beharrlich und immer wieder passiert, ohne dass der andere Ex-Partner das möchte und dessen Lebensgestaltung beeinträchtigt wird, spricht man von Stalking.
In Herne gab es im vergangenen Jahr 69 Stalking-Fälle, aufgeklärt werden konnten davon 100 Prozent. Das berichten Cornelia Heppner und Silke Jakobs von der Kriminalprävention des Bochumer Polizeipräsidiums im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Im Laufe der vergangenen zehn Jahre sei die Zahl leicht zurückgegangen, „aber es gibt eine hohe Dunkelziffer“, so Erste Kriminalhauptkommissarin Jakobs.
Betroffene sollten frühzeitig eine Anzeige erstatten
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Zu den Arten des Stalkings zählten Belästigung - beispielsweise durch Anrufe, Geschenke oder SMS - , Bedrohung und Verfolgung, erklärt sie. Bei den Tätern seien meist positive Gedanken der Auslöser für das Nachstellen. „Beispielsweise will ein Täter seiner Ex-Partnerin besonders nah sein und ihr Geschenke machen.“ Dieses Verhalten kippe dann häufig um, sodass sich die Opfer belästigt fühlten. Wichtig ist: „Nur beim Täter stecken vielleicht positive Gedanken dahinter – für die Opfer ist es immer negativ.“
Häufig wollten die Täter, die zu 80 Prozent männlich seien, Macht und Kontrolle über das Opfer erlangen. Fünf bis sechs Vorfälle müssten vorliegen, damit das Stalking als Straftatbestand – der nach Strafgesetzbuch Nachstellung heißt – vor Gericht verurteilt werden könne. Bei besonders schweren Stalking-Fällen, die den Tod des Opfers verursachten, könne eine Strafe von bis zu zehn Jahren verhängt werden. „Aber jeder einzelne Vorfall kann unter Umständen ja auch schon eine Straftat sein.“ Die Beharrlichkeit sei das, was die Opfer stark in ihrem Leben beeinflusse und die Lebensqualität mindere, so Jakobs.
Deswegen betonen die zwei Polizistinnen: „Betroffene sollten frühzeitig eine Anzeige erstatten. Die Polizei setzt dabei alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ein, um neben effektiver Gefahrenabwehr und Strafverfolgung auch Opferschutz und polizeiliche Beratung zu gewährleisten.“ Ohne diesen ersten Schritt werde die Spirale niemals enden. Es sei wichtig, von Anfang an den Täter zu ignorieren und ihm klar zu machen, dass es keinen weiteren Kontakt geben werde. „Mit jedem weiteren Gespräch schöpft der Täter wieder Hoffnung.“
„No Stalk“-App ist wichtig für die Dokumentation
Der Austausch mit Freunden, Familie oder Kollegen sei wichtig und könne sogar als Beweismittel verwendet werden, wenn enge Vertraute beispielsweise eine Verhaltensveränderung bei dem Opfer feststellten. Professionelle Unterstützung in Form von Psychologen oder Anwälten sei ebenfalls ratsam. Darüber hinaus könnten Nachbarn wachsam sein. „Wenn sie wissen, dass der Ex-Partner eigentlich nicht mehr ein- und ausgehen darf, können sie ein Auge darauf haben.“ Anträge bei Gericht und der Anruf bei der Polizei, sobald der Täter wieder belästigt, seien ebenfalls gute Hilfsmittel.
Auch die Dokumentation sei ratsam und wichtig für den Prozess. Das könne zum einen analog mit einer Art Tagebuch geschehen, „darin können alle Sprachnachrichten, Anrufe und versuchte Kontaktaufnahmen dokumentiert werden“, sagt Heppner. Zum anderen helfe die „No-Stalk“-App, mit der die Opfer die Chance haben, durch nur einen Knopfdruck Video-, Tonaufnahmen oder Bilder zu machen, die dann vor Gericht als Beweismittel gelten.
Ein Fall sei in den vergangenen Jahren besonders dramatisch gewesen: Er endete tödlich, die Frau wurde durch die psychische Belastung in den Suizid getrieben, so Jakobs. „Das ist schrecklich, für die meisten Opfer wird das Leben durch die Stalker zur Hölle.“
>>> Weitere Infos zur „No-Stalk“-App
Der Weisse Ring hat 2019 die „No-Stalk“-App entwickelt. Mit ihrer Hilfe können SMS, Whatsapp-Nachrichten etc. in der App dokumentiert werden. Die App zeichnet Anrufe und Gespräche auf. Man kann den Täter filmen. Die Aufnahmen des Stalking-Opfers werden sofort verschlüsselt und in ein sicheres Rechenzentrum in Deutschland übertragen.
Die Daten der Vorfälle verbleiben nicht auf dem Handy und sind so vor dem Zugriff fremder Personen geschützt. Die gesammelten Beweise können nur über die Website www.nostalk.de mit dem persönlichen Code, den der App-Benutzer bei der Anmeldung erhalten hat, entschlüsselt und können dann den Justizbehörden sowie der Polizei zur Verfügung gestellt werden
Laut Weißem Ring sei bis Dezember 2020 die App 20.000 Mal heruntergeladen worden.
Weitere Hilfe und Informationen finden Betroffene unter: https://www.polizei-beratung.de/opferinformationen/stalking/