Herne. In einem Herner Lebensmittelmarkt ist am Samstag nicht nur eingekauft, sondern auch gespendet worden. Darum ging es bei der Aktion.

Victoria Apel steht mit einem Einkaufswagen vor dem Herner Supermarkt „Toom“. Vor gut einer halben Stunde war der Wagen noch leer, mittlerweile ist er halb gefüllt mit Nudeln, Keksen, Cornflakes, Obst und Gemüse. Bernd Schulte-Halm stoppt mit seinem eigenen Einkaufswagen und sagt: „Bis auf die Rasierklingen könnt ihr alles rausnehmen!“ Schon landen Kaffee, Nudeln, Suppe, Kekse und Dosenpfirsiche im Einkaufswagen von Apel.

Von 10 bis 16 Uhr sammelte das Herner KInder- und Jugendparlament vor dem Toom-Markt an der Bahnhofstraße.
Von 10 bis 16 Uhr sammelte das Herner KInder- und Jugendparlament vor dem Toom-Markt an der Bahnhofstraße. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Gemeinsam mit weiteren Vertretern des Herner Kinder- und Jugendparlamentes (KiJuPa) bittet sie Besucher des Toom-Marktes am Samstag darum, einmal zusätzlich ins Regal zu greifen und Lebensmittel für die Herner Tafel zu spenden. „Wir haben gehört, dass die Tafel in der Pandemie-Zeit Schwierigkeiten hat, ausreichend Lebensmittel zu bekommen und wollten etwas für Menschen tun, die bedürftig sind“, erklärt die 21-Jährige Apel. Die Idee sei schon im letzten Jahr gereift, nun konnte man sie endlich in die Tat umsetzen.

Kundenanstieg bei den Tafeln

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„Ein paar Lebensmittel zu spenden, das fällt doch nicht schwer“, findet Schulte-Halm. Er spende grundsätzlich einmal im Monat für einen guten Zweck. Der ist bei der Aktion des Kinder- und Jugendparlamentes gegeben: Denn die Tafeln verzeichnen deutschlandweit im Schnitt einen Anstieg von 37 Prozent ihrer Kunden während der Corona-Pandemie. Ursachen liegen im Anstieg von Kurzarbeit, ALG II-Beziehern und Menschen mit niedriger Rente.

„Am besten können wir haltbare Lebensmittel gebrauchen, also nichts Gefrorenes oder schnell Verderbliches“, erklärt Patriycja Prokosa. Und Jan Krawiec sagt: „Ich glaube, wenn man sieht, wie ein anderer Kunde etwas spendet, gibt man auch eher etwas ab“. Apel hat noch eine weitere Vermutung: „Es fällt bestimmt leichter, Lebensmittel anstatt Geld zu spenden. Man kann den Wert selbst bestimmen und fühlt sich damit vielleicht wohler.“

Lebensmittelspende fällt leichter

Und noch ein Grund dürfte eine Rolle spielen: Bockwürstchen, Toast, Tomatensauce oder Mehl - dazu hat jeder einen Bezug. „Man weiß, dass mit Lebensmitteln Menschen ernährt werden, dadurch ist die Spende nicht so anonym, man weiß genau, was mit ihr passiert“, sagt Krawiec. Prokosa ergänzt: „Außerdem zahlen viele mittlerweile mit Karte und haben kein Kleingeld mehr dabei.“

Den Toom-Markt an der Bahnhofstraße haben die Jugendlichen wegen seiner Größe ausgewählt. „Wenn der Tag heute erfolgreich ist, wollen wir die Aktion monatlich wiederholen und dann auch andere Supermärkte besuchen“, sagen sie. Auch wenn die vollen Einkaufswagen eine klare Sprache sprechen, die Jugendlichen erleben auch Ablehnung. „Von manchen Leuten werden wir einfach ignoriert, ernten Kopfschütteln oder einen doofen Spruch“, sagt Prokosa. Die nächste Packung Nudeln oder Kekse im Einkaufswagen macht das aber wieder wett.

>>> Die Tafel in Zahlen

2019 verzeichneten die Tafeln in Deutschland 1,65 Millionen Kunden und Kundinnen. Damit ist die Zahl gegenüber dem Vorjahr (1,5 Millionen) gewachsen.

Auch die Zahl der Kinder- und Jugendlichen unter den Kunden ist um 10 Prozent auf 45.000 gestiegen. 30 Prozent der Kunden sind Kinder, 44 Prozent Erwachsene im erwerbstätigen Alter und 26 Prozent Senioren.

Die Herner Tafel befindet sich an der Bielefelder Straße 145 in Holsterhausen.