Herne. Volksfeste wie die Cranger Kirmes sind immer ein Fest fürs Auge. Das Herner Unternehmen MP Industriedesign hat daran maßgeblichen Anteil.

MP Industriedesign: Dieser Firmenname ist ein ziemliches Understatement. Denn das, was der Familienbetrieb von Mark Przybyla macht, ist grellbunt, bedeutet Spaß - und manchmal eine Illusion. Anfang des Jahres hätte Przybyla sein Unternehmens-Silberjubiläum feiern können, doch danach war ihm nicht zumute. Corona hatte auch ihn ausgebremst. Nun fasst er langsam wieder Zuversicht.

Um das kleine Rätsel hinter dem Firmennamen aufzulösen: MP Industriedesign fertigt Dekorationselemente und Verkleidungen, bietet Pinsel- und Airbrush-Bemalungen oder richtet Verkaufsstände und -hütten so her, sodass sie ins Auge springen. Die Kunden sind in der Hauptsache Kirmes-Schausteller oder Freizeitparks. Wer also über die Cranger Kirmes geht - wenn sie denn mal wieder stattfindet - oder im Moviepark in Bottrop unterwegs ist, wird die Kunst entdecken, die ziemlich versteckt in einem hinteren Winkel auf dem alten GEA-Gelände in Eickel entsteht.

3D-Verkleidungen sind ein neuer Trend bei Karussell-Verkleidungen

Ein Besuch lässt sofort Kirmes-Wehmut aufkommen. In der Werkstatt entsteht gerade eine glänzende Verkleidung für ein Karussell, das Thema: Schlittenfahrt. Das Besondere daran: Es ist nicht mehr eine flache bemalte Metallfläche, sondern ein 3D-Relief. Das Team vom Przybyla hat es gebaut, 3D-Verkleidungen an Karussells und anderen Kirmesgeschäften seien der jüngste Trend, erzählt Przybyla. Auch das Kassenhäuschen des Fahrgeschäfts „Konga“ sei bereits so ausgestattet.

Nach den etwas beschwerlichen Schritten in die Selbstständigkeit hat sich das Geschäft im Laufe der Jahre immer besser entwickelt. Mit seinen speziellen Dienstleistungen gehöre er bundesweit zu den ganz wenigen Anbietern, dementsprechend habe er Kundschaft in ganz Deutschland, aber auch im angrenzenden Ausland und auf der britischen Insel. Zu den Kunden gehöre auch das Unternehmen Zierer aus Deggendorf in Bayern, einer der größten Karussellbauer des Landes, der wiederum weltweit vertreten ist, etwa in Disneyworld.

Manchmal gäben die Kunden fertige Entwürfe für ein Fahrgeschäft vor, manchmal auch nur ein Thema, und MP Industriedesign mache dazu Vorschläge. Für die Umsetzung ist das Eickeler Unternehmen selbst international: Der Bau der Polyesterbauteile geschieht in einer Niederlassung in Polen. Mark Przybyla, der Name lässt es erahnen, hat polnische Wurzeln.

Polyester plus Anstrich - das kann die perfekte Illusion ergeben. Przybyla zeigt der Herner WAZ-Redaktion einen Verkaufsstand aus Holz - doch das Holz entpuppt sich als Polyester, das vom Original gar nicht zu unterscheiden ist. Für Schausteller ist diese Illusion praktisch. Kunststoff ist deutlich wetterbeständiger als Holz.

Marktführer in einer Nische

Da MP Industriedesign zu den Marktführern der Nische zählt, ist es offensichtlich, dass die Geschäfte gut liefen - bis Corona kam. Alle Aufträge seien gestoppt worden, Przybyla musste für seine zwölf Mitarbeiter Kurzarbeit anmelden. Natürlich hätten ihn, seine Frau Maria und Sohn Philip Unsicherheit und Existenzängste geplagt. Was ihrem Unternehmen geholfen habe: Die Hilfen, die die Schausteller nach langen Forderungen und Verhandlungen vom Bund bekommen haben. Diese dürfen für Reparaturen verwendet werden - worunter auch neue Verkleidungen und Lackierungen fallen.

Doch darauf allein will sich die Familie verlassen, zumal das Geschäft mit den Volksfesten und Freizeitparks nur schleppend anlaufe. Przybylas wollen Dekorationsteile aus Polyester quasi von der Stange anbieten: Das kann eine Brezel für die Bäckerei sein, eine Polyesterpizza für den italienischen Imbiss oder ein überdimensionaler Dönerspieß. Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Krise auch die Kreativität wecken kann, um neue Geschäftsideen zu entwickeln.

>>> WARTEN AUF DIE CRANGER KIRMES

■ Auch wenn das Familienunternehmen langsam wieder Zuversicht schöpft: Beim Volksfest-Heimspiel müssen sich sie Przybylas in Geduld üben.

■ Vor wenigen Wochen teilte die Stadt Herne mit, dass trotz sinkender Inzidenzen keine Cranger Kirmes stattfinden werde. Man habe mit der Landesregierung keine Einigung auf ein Ersatzmodell erzielen können.