Herne. Geschlossene Schulen, Lernen zu Hause: Nachhilfe-Institute in Herne sehen eine steigende Nachfrage. Lehrer raten aber: Lasst den Schülern Ferien.

Geschlossene Schulen, Homeschooling und Wechselunterricht: Im vergangenen Schuljahr waren einige Schülerinnen und Schüler in Herne durch die Corona-Pandemie sehr auf sich alleine gestellt. Deshalb sind viele Kinder und Jugendliche mit Defiziten zurück an die Schulen gekehrt und erhoffen sich nun zum Teil Unterstützung bei Nachhilfe-Instituten. Diese werden seit ein paar Wochen wieder häufiger von Hilfe suchenden Eltern kontaktiert.

„Die Nachfrage ist eindeutig gestiegen“, sagt Iris Lohf, Gebietsleiterin des Nachhilfe-Instituts „Studienkreis“. „Wir erwarten aber eine noch viel größere Nachfrage nach den Sommerferien“, ergänzt sie. Denn nun, zum Ende des Schuljahres und vor den Ferien, würden doch einige erstmal ihren Urlaub planen. „Wir merken, dass die Eltern und Kinder von den vielen Monaten Lockdown geschafft sind“, so Lohf.

Herner Nachhilfe-Institut „Lernteam“ schließt im Lockdown

Und auch die Nachhilfe-Institute haben keine leichte Phase hinter sich: Über Monate durften auch sie nur via Internet unterrichten. „Es gab weniger Anfragen, also neue Kunden“, sagt Lohf vom Studienkreis. „Das Lernteam“, das an der Bahnhofstraße angesiedelt war, musste zum 31. März gar schließen. „Die Corona-Zeit hat ihnen übel mitgespielt“, sagt Markus Lülf, Betreiber des Herner Bildungsinstituts Studyarts, der einige Schüler und Nachhilfelehrer in sein Team übernommen hat. Und auch bei ihm habe sich lange Zeit wenig bewegt.

Auch interessant

Lehrerin Siliva Lapsien erklärt der elfjährigen Ilay eine Aufgabe an ihrem Tablet.
Von Alessandro Peduto, Friederike Vogel und Diana Zinkler

„Wir erwarten sicherlich eine höhere Nachfrage zum Beginn des neuen Schuljahres“, sagt Lülf. Derzeit hätten viele Eltern noch die falsche Annahme, dass die Kinder im noch laufenden Schuljahr kaum Inhalte hätten lernen müssen. Mit Beginn des Schuljahres, spätestens wenn die erste 5 geschrieben sei, würden Eltern und Schüler erschrecken und feststellen, was dem Kind alles fehle. „Dann sind die Defizite schon so groß, dass sie kein Land mehr sehen“, fürchtet Lülf.

Spezielle Nachhilfe-Angebote in den Sommerferien

Mit speziellen Kurs-Angeboten in den Sommerferien möchten die Nachhilfe-Institute mit Kindern verpassten Stoff aufholen, bevor das neue Schuljahr wieder beginnt. Vor allem die Hauptfächer Mathematik, Deutsch und Englisch sollen so nachgearbeitet werden. „Mathematik ist das Nachhilfefach Nummer 1, gefolgt von Englisch und Deutsch“, sagt Denise Kirchberger, Pressesprecherin der Schülerhilfe, die insgesamt zwei Standorte in Herne und Wanne-Eickel hat.

„Vor allem Schüler der Mittelstufe kommen zu uns, da in dieser Zeitspanne neben schulischen Schwierigkeiten häufig noch persönliche Probleme und Unsicherheiten hinzukommen“, erläutert sie. Etwa 40 Prozent der Schüler seien Gymnasiasten, 20 Prozent Realschüler, 40 Prozent stammten von Haupt- und sonstigen Schulformen und 10 Prozent seien Grundschüler.

Mathe-Nachhilfe besonders gefragt

„Es gibt Standorte, da wird es jetzt schon in Mathe eng. In Herne ist es derzeit noch nicht soweit“, sagt Studienkreis-Gebietsleitung Iris Lohf. Es sei möglich, dass es zum Beginn des Schuljahres zu Wartezeiten kommen kann, wenn die Eltern nur Nachhilfe im Präsenzunterricht wünschten. Und auch Markus Lülf schätzt, dass es je nach zeitlicher Flexibilität der Nachhilfeschüler zumindest zu ein paar Wochen Wartezeit kommen könnte. Zwar habe er einige Nachhilfe-Lehrer in der Hinterhand, aber sein Nachhilfe-Institut Studyart könne auch an räumliche Kapazitäten stoßen, da bei ihm immer nur ein oder maximal zwei Kinder gemeinsam Unterricht bekommen.

Auch interessant

Auch Schulleiterinnen sehen Lernrückstände und wollen aktiv werden: „Wir glauben, dass viele Eltern Bedarf haben“, sagt Nicole Nowak, Schulleiterin am Haranni-Gymnasium. Sie mache deshalb derzeit eine entsprechende Abfrage. „Wir möchten versuchen, im neuen Schuljahr Förderung an unsere Schule zu holen“, sagt sie. Diese müsse dann aber im Nachmittagsbereich, außerhalb des regulären Unterrichts, stattfinden. Für wochenlange Nachhilfe-Programme in den Ferien ist sie eher nicht: „In einer Ad-hoc-Aktion in 14 Tagen Ferien wird man das nicht hinbekommen. Das wird uns das ganze Schuljahr beschäftigen.

Und auch Sylke Reimann-Pérez, Schulleiterin der Mont-Cenis-Gesamtschule, rät Eltern: „Ganz viele Schüler haben im Distanzunterricht alles gegeben, das war neu und anstrengend. Die Kinder sollen jetzt erstmal Ferien machen.“

>>> WEITERE INFORMATIONEN: Bundesprogramm zur Förderung

■ Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat ein Programm „Aufholen nach Corona“ aufgelegt. Damit sollen Schülerinnen und Schüler mit einer Milliarde Euro dabei unterstützt werden, Lernrückstände mit zusätzlichen Förderangeboten aufzuholen.

■ Wie Schüler in Herne davon konkret im kommenden Schuljahr profitieren können, kann Stadtsprecherin Nina Haupt noch nicht sagen: „Leider gibt es noch keine Förderrichtlinien und Informationen, wer und wofür etwas beantragt werden kann.“ Die Stadt bleibe aber am Ball, verspricht sie.