Herne. Ab Montag beginnt wieder der tägliche Präsenzunterricht. Herner Schulleiter sehen das skeptisch und wären lieber beim Wechselunterricht geblieben.

Ab Montag wird es wieder voll in den Schulen in Herne. Denn dann beginnt landesweit der tägliche Präsenzunterricht – und der bedeutet: Alle Schüler einer Klasse kommen jeden Tag gemeinsam in den Unterricht. Abstand halten sei so nicht möglich, beklagen deshalb manche Schulleiter. Sie hätten sich gewünscht, dass der Wechselunterricht, wie vom NRW-Schulministerium angekündigt, bis zu den Sommerferien durchgezogen worden wäre.

„Natürlich ist es sehr verlockend, in einen Vollbetrieb zu gehen“, leitet Stefan Lindemann, Schulleiter der Realschule an der Burg, den Satz ein, der mit einem großen Aber endet. Denn trotz einer Inzidenz, die in Herne am Mittwoch bei 60 liegt, sehe er den vollständigen Präsenzunterricht „sehr skeptisch“. „Es wird wieder zu Infektionen kommen, und dann wird es schwierig sein, Kinder in Quarantäne zu schicken, wenn keine Abstände eingehalten werden können“, fürchtet er.

Öffnung der OGS-Betreuung für alle

Denn die Rückkehr zum Regelunterricht bedeutet auch, dass es wieder klassenübergreifende Kurse geben wird. Im Offenen Ganztag, der ebenfalls ab Montag wieder für alle geöffnet wird, dürfe es sogar jahrgangsübergreifende Vermischungen geben, sagt Monika Müller, Schulleiterin der Grundschule Kunterbunt. „Das wollen wir bei uns aber auf jeden Fall vermeiden.“ Bei insgesamt 180 OGS-Kindern an ihrer Schule komme es sonst zu starken Vermischungen.

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Und auch für den Unterricht sagt sie: „Wir hätten lieber weiter die halben Klassen, weil wir so die Kinder viel besser fördern können.“ Bei 14 Kindern in einer Klasse könne viel mehr auf jeden Einzelnen eingegangen werden als bei 28 Schülern. Und das sei dringend notwendig, denn die Schere sei leider bei den Grundschülern sehr weit auseinander gegangen, je nachdem, wie gut die Eltern in der Lage waren, die Kinder beim Lernen zu Hause zu unterstützen.

Positive Erfahrungen mit den Lolli-Tests

Die Lolli-Tests hätten – anders als die Selbsttests mit Nasenstäbchen – sehr gut funktioniert. Da hat die Grundschulleiterin auch bei voller Klassengröße keine Sorge vor der Durchführung. Auch die Impfungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wozu sowohl die Lehrer, aber beispielsweise auch alle OGS-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen, sei bis Mitte Juni mit der Zweitimpfung abgeschlossen. „Da geht es uns Grundschulen deutlich besser als den Lehrern den weiterführenden Schulen“, ist sich Müller bewusst.

Stefan Lindemann, Sprecher der Herner Realschulen, wäre lieber bis zu den Sommerferien beim Wechselunterricht geblieben. So könnten Abstände eingehalten werden.
Stefan Lindemann, Sprecher der Herner Realschulen, wäre lieber bis zu den Sommerferien beim Wechselunterricht geblieben. So könnten Abstände eingehalten werden. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Doch auch Stefan Lindemann, Sprecher der Herner Realschulen, lobt, dass inzwischen alle Lehrerinnen und Lehrer seiner Schule zumindest ein Impfangebot von der Stadt Herne erhalten hätten. Impfungen für Schülerinnen und Schüler ab zwölf Jahren in den Schulen, wie sie derzeit diskutiert werden, seien zwar generell möglich, sieht er aber skeptisch: „Das würde in der Elternschaft zu Widerständen führen. Damit dürfen die Schulen auf keinen Fall alleine gelassen werden.“ Generell befürworte Lindemann eher, die Impfungen in die Hände der Eltern zu legen.

Schon beim Umgang mit Testverweigerern hätten die Schulen keine Unterstützung erhalten. Inzwischen habe sich die Zahl aber sehr reduziert. „Wenn überhaupt gibt es in der ganzen Schule drei Testverweigerer“, sagt Lindemann. Und diese Schülerinnen und Schüler müssten dann zu Hause bleiben.

Rückkehr zu einem alten Stundenplan

Also wieder die Rolle rückwärts. Lindemann sagt, er habe einen alten Stundenplan aus der Schublade ziehen können, der schon mal vor einigen Monaten gegolten habe – mit ein paar kleinen Änderungen. In Herne werden dabei wieder die Anfangszeiten an den weiterführenden Schulen gestaffelt. „Wir fahren bis zu den Sommerferien das gleiche Konzept wie im Herbst“, sagt Schulamtsleiter Andreas Merkendorf. Er sei ein wichtiger Baustein für mehr Sicherheit.

Merkendorf befürwortet die vollständige Rückkehr zum Präsenzunterricht, da die Inzidenz in Herne weiter sinke und seit Tagen stabil sei: „Es ist wichtig, dass es wieder in Präsenz losgeht.“ So könnten noch so manche Lernrückstände in den verbleibenden viereinhalb Wochen aufgeholt werden. Und dann, das sei das Wichtigste, solle es nach den Sommerferien, ab dem 18. August, wieder mit einem guten Start ins neue Schuljahr gehen.

>>> REGELMÄSSIGE TESTUNGEN

■ Mit dem Beginn des durchgehenden Präsenzunterrichts bleibt es bei einer Testpflicht der Schülerinnen und Schüler an zwei Tagen in der Woche. Bei Grundschulen soll der Lolli-Test laut Schulministerium pro Tag nur bei der Hälfte der anwesenden Kinder durchgeführt werden, um die Labore nicht zu überlasten.

■ Das Tragen einer medizinischen Maske bleibt im Unterricht verpflichtend. Sportunterricht soll möglichst draußen stattfinden.

■ Gute Nachrichten gibt es für Abschlussklassen: So teilt das Schulministerium in einer Schul-Mail mit, dass „Planungen für Abschlussfeiern zum jetzigen Zeitpunkt für verantwortbar“ gehalten werden. Definitive Zusagen gibt es aber noch nicht.

■ Eine Rückkehr zum Wechselunterricht könne laut Ministerium nicht gänzlich ausgeschlossen werden, sollte die Inzidenz über 100 oder gar 165 steigen.