Herne. Die Ausbildungsplatzsuche ist in der Pandemie deutlich erschwert. Herne will die Vermittlung mit einem Online-Speeddating erleichtern.

Der Appell ist eindringlich: „Bitte denkt an die Ausbildung. Da geht noch was.“ Absender dieses Appells sind Arbeitsagentur-Chef Frank Neukirchen-Füsers und Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda. Am Mittwoch informierten beide über den Stand der Dinge bei der Suche nach einer Lehrstelle.

In den vergangenen Jahren war die Entwicklung der Ausbildungszahlen in Herne Grund zu Freude - auch wenn längst nicht alle Bewerber am Ende versorgt waren. Wenig überraschend: Als Folge der Pandemie hat sich dieses Stimmungsbild eingetrübt.

Das ist nach den Daten der Agentur für Arbeit der aktuelle Stand: 1081 junge Menschen suchen zurzeit noch eine Ausbildung, davon haben 619 noch keine Lehrstelle gefunden. Was Neukirchen-Füsers Sorgen bereitet: Es seien deutlich weniger Jugendliche auf Suche, „wir erreichen weniger junge Menschen und können so weniger für die Zeit nach dem Schulabschluss sensibilisieren“. Diese Beobachtung gelte für alle Schulformen, bei den Abiturienten sei der Rückgang mit 35 Prozent am stärksten. Der Grund liege auf der Hand: Die Schülerinnen und Schüler seien mit Distanzunterricht - gerade vor den Prüfungen - in einer schwierigen Situation und hätten sich wenig Gedanken um eine Ausbildung machen können. Neukirchen-Füsers geht davon aus, dass ein Großteil des Vermittlungsgeschäfts nach den Sommerferien stattfinden wird.

Dank Förderung konnten auch Betriebe in Kurzarbeit Lehrstellen anbieten und besetzen

Problematisch habe sich auch die Durchführung von Praktika und Berufsorientierung erwiesen. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben, sei das in Zeiten von Homeoffice und Kontaktreduzierung schwierig bis unmöglich. Einige Betriebe versuchten, digital Einblicke zu gewähren.

Arbeitsagentur-Chef Frank Neukirchen-Füsers sieht Licht und Schatten beim Thema Ausbildung.
Arbeitsagentur-Chef Frank Neukirchen-Füsers sieht Licht und Schatten beim Thema Ausbildung. © Unbekannt | Svenja Hanusch

Doch Neukirchen-Füsers kann auch Positives verkünden. 611 Betriebe in Herne hätten der Agentur Ausbildungsplätze gemeldet, diese Zahl sei im Vergleich zum Vorjahr stabil. „Das ist in diesen Zeiten nicht selbstverständlich.“ Vor alllem dann nicht, wenn ein Unternehmen selbst seine Mitarbeiter in Kurzarbeit habe. Doch dank Förderprogrammen von Land und Bund sei es gelungen, bei diesen Betrieben 60 Ausbildungsplätze einzurichten. Und dass noch etwas geht, offenbart Neukirchen-Füsers mit einer anderen Zahl. Knapp 400 Lehrstellen sind bislang unbesetzt.

Damit in dieser schwierigen Situation trotzdem möglichst viele Unternehmen mit Nachwuchskräften zusammenkommen, läuft noch bis zum 19. Mai das 4. Herner Azubi Speeddating - diesmal in der Online-Variante. Neben Stadt und Agentur beteiligen sich zahlreiche weitere Kooperationspartner. Auftakt war am 19. April - und das Zwischenergebnis kann sich nach den Worten von Oberbürgermeister Frank Dudda sehen lassen. Die Onlineversion bedeute für alle Beteiligten einen erhöhten Aufwand, „doch wir können die Jugendlichen nicht alleine lassen“, so der OB.

OB: Nach dem Ende der Pandemie wird der Fachkräftemangel wieder sichtbar

Bislang seien bei 1177 Seitenaufrufen 567 Nutzer registriert worden. Zwei Drittel aller Anfragen zielten auf einen anschließenden Telefontermin mit einem Unternehmen, das andere Drittel auf einen Videoanruf. 47 Unternehmen würden sich mit Angeboten für 53 Ausbildungsberufe beteiligen, in 170 Fällen sei es zu Gesprächen zwischen Betrieben und Bewerbern gekommen. Die Palette der Betriebe reicht von bekannten Unternehmen wie Heitkamp, Elisabeth-Gruppe, Lidl oder Vulkan und Schwing bis zu Handwerksbetrieben im Sanitär- oder Dachdeckerbereich.

Bislang seien die Erfahrungen mit Online-Speeddating positiv, Dudda hofft, dass weitere Termine zustande kommen. Es sei verständlich, wenn Unternehmen zunächst geschaut hätten, dass sie sicher durch die Pandemie kommen, doch wenn diese überwunden sei, werde der Fachkräftemangel wieder sichtbar werden. Deshalb sollten die Betriebe an die Nachwuchssicherungen denken, zumal ab Herbst - hoffentlich - wieder eine strukturierte Ausbildung möglich sein werde.

>> WEITERE INFORMATIONEN ZUM SPEEDDATING UND ZUR AUSBILDUNG

■ Das Online-Speeddating ist erreichbar über die Internetseite der Wirtschaftsförderung - www.herne.business/ausbildung/jugend/.

■ Ein weiteres Online-Instrument bieten die Ruhr-IHKs: Am 8. und 9. Juni findet die virtuelle Ausbildungsmesse „AzuBeYou“ statt. Unter https://www.ubivent.com/register/1/AzuBeYou2021 gibt es schon jetzt Informationen.

Für Jugendliche stehen Berufsberater der Arbeitsagentur unter 0800 4 5555 00 zur Verfügung. Kontakt per Mail: Herne.Berufsberatung@arbeitsagentur.de.

Betriebe können eine kurzfristige Bewerbersuche unter 0800 4 5555 20 oder über ihre/n persönliche/n Betreuer/in im Arbeitgeber-Service durchgeben oder per Mail unter Herne.Arbeitgeber@arbeitsagentur.de

■ IHK: Interessierte finden das Matching-Angebot unter https://bit.ly/3gSGxQT oder auf netzn.de, Stichwort „Matching“.