Bochum/Herne. Drei Männer aus Herne feiern nächtelang durch. Irgendwann rastet einer aus und versucht, einem anderen mit einem Messer den Kopf abzuschneiden.

Es müssen unvorstellbare Szenen gewesen sein: Vor fünfeinhalb Monaten wurde ein Herner nach einer mehrtägigen Alkohol- und Drogenparty in seiner Wohnung an der nördlichen Bahnhofstraße im Bett liegend von einem Bekannten angegriffen.

Die Anklage beschreibt eine Messerattacke wie in einem gruseligen Horrorfilm - der 33-Jährige sollte offenbar „enthauptet“ werden. Angeklagt ist ein 26-jähriger Arbeiter, ebenfalls aus Herne. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft lauten auf versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung. Zum Prozessauftakt am Montag vor dem Bochumer Schwurgericht nickte der Angeklagte die unheimlichen Messerattacken auf das spätere Opfer und auch auf einen weiteren Gast der privaten Drogenparty als richtig ab – berief sich aber gleichzeitig auf Erinnerungslücken. „Es tut mir sehr leid. Ich hoffe, dass die Opfer mir irgendwann verzeihen können“, sagte der 26-Jährige.

Angeklagter soll Herner mehrfach in den Hals geschnitten haben

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Wie es zu dem einer Hinrichtung gleichenden Angriff auf den Hals des Wohnungsinhabers kommen konnte, wisse er selbst nicht. Der Angeklagte: „Ich habe vier Nächte überhaupt nicht geschlafen, viel getrunken und Drogen genommen. An dem Morgen ist das Ganze dann irgendwie ausgeartet.“ Hat es irgendwelchen Streit mit dem Wohnungsinhaber gegeben? „Überhaupt nicht. Ich habe mich sehr gut mit ihm verstanden“, so der Angeklagte.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Herner am 15. November 2020 gegen zehn Uhr morgens plötzlich mit einem Keramik-Küchenmesser (Klingenlänge: 20 Zentimeter) in das Schlafzimmer, in dem der Wohnungsinhaber schlafend im Bett lag, gelaufen ist, „um den Mann zu enthaupten“. Nachdem er mit der Messerklinge mehrfach quer über den Hals des Mannes geschnitten haben soll, soll der 33-Jährige wachgeworden sein, geschrien haben („Spinnst Du?“), woraufhin der Angeklagte ihm das Messer laut Anklage noch dreimal in den Bauch und später auch noch einmal in den Rücken stieß. „Ich habe immer wieder gespürt, wie verdammt weich mein Körper, aber auch wie verdammt hart eine Klinge ist“, erinnerte sich der danach tagelang in Lebensgefahr schwebende Herner als Zeuge.

Die Schnitte am Hals will der 33-Jährige so wahrgenommen haben: „Er hat mehrmals geritzt. Immer hin und her. Ich habe ihn weggeschubst, aber er kam immer wieder.“ Kurz zuvor habe der Angreifer ihm sogar noch ins Ohr geflüstert: „Hömma zu, ich schlitz‘ Dir jetzt die Kehle durch.“ Laut Anklage konnte das Leben des 33-Jährigen nur durch eine Not-Operation gerettet werden. Große Narben an seinem Oberkörper sind bis heute unübersehbar.

Herner leidet massiv unter Albträumen und Schlafproblemen

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Nach eigenen Angaben leidet der Herner bis heute immer noch massiv unter Albträumen und Schlafproblemen. „Ich träume fast jede Nacht davon“, erklärte der 33-Jährige. Und weiter: „Ich habe einfach Panik, dass sich das wiederholen könnte und bin zurückhaltender als vorher geworden.“ Auch den aufgrund der Hilfeschreie des Wohnungsinhabers hinzugeeilten, weiteren Bekannten soll der Angeklagte im Verlaufe der blutigen Rangelei mit dem Messer angegriffen und dem Mann tiefe Schnittverletzungen im Gesicht zugefügt haben. Dabei waren auch diese zwei Männer eigentlich gute Bekannte.

Der Angeklagte war nach den Messerattacken aus dem Fenster gesprungen, geflüchtet und ziellos umhergeirrt. Nachdem er mit diversen Regional-Zügen bis in die Niederlande gereist war, war er dort am 17. November 2020 schließlich festgenommen und an die deutschen Behörden überstellt worden. Seitdem sitzt der Herner in U-Haft in der Bochumer Justizvollzugsanstalt Krümmede. Im Falle einer Verurteilung wegen Mordversuchs droht dem Angeklagten eine mehrjährige Gefängnisstrafe. Möglicherweise könnte parallel auch eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt beziehungsweise in einer geschlossenen Psychiatrie angeordnet werden. Für den Prozess haben die Richter vorerst noch Verhandlungstage bis zum 10. Mai anberaumt.