Herne. Mit Hilfe eines Monitorings soll die Gesundheitsbelastung bei Anwohnern der Zentraldeponie gemessen werden, fordern SPD und CDU im Bezirk Wanne.

Die SPD und die CDU im Bezirk Wanne fordern ein kleinräumiges „Human-Bio-Monitoring“ von Anwohnern der Zentraldeponie Emscherbruch. Ein entsprechender Antrag soll am Dienstag in der kommenden Sitzung der Bezirksvertretung Wanne behandelt werden. Die Stadt wird darin aufgefordert, sich zu diesem Zweck mit dem NRW-Umweltministerium ins Benehmen zu setzen.

Hintergrund ist die umstrittene Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbruch (ZDE) in Gelsenkirchen. Im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren hatte ein Bielefelder Institut im Auftrag der Bezirksregierung Münster ein „humantoxikologisches Gutachten“ vorgelegt. Allerdings, so kritisieren Torsten Becker (SPD) und Frank Droste (CDU), seien in diesem Gutachten „nur bereits bekannte Statistiken ausgewertet und nur die von der Betreiberin der Deponie gemessenen Belastungswerte übernommen“ worden.

Keine Aussagen über Gesundheitsbelastung

Stichwort: Human-biomonitorische Methoden

Laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Lanuv) bieten hHuman-biomonitorische Methoden (HBM) die Möglichkeit - im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes - gesundheitliche Wirkungen unter sich verändernden Umweltbelastungen frühzeitig und systematisch zu erfassen.

Mittels HBM können die innere Exposition sowie biologische Effekte bei Einzelpersonen und Bevölkerungsgruppen beurteilt werden.

Wesentliches Merkmal der human-biomonitorischen Methoden ist die vom Probanden losgelöste Untersuchung der biologischen Probenmaterialien. Demgegenüber abzugrenzen sind die Methoden der klinisch-diagnostischen Funktionsprüfung (z. B. Lungenfunktionsprüfung, allergische Diagnostik), die direkt am Menschen durchgeführt werden.

Ohne ein Monitoring (siehe Infobox) gebe es weiterhin keine Aussagen über die Gesundheitsbelastung der Anwohner. Ein solches Monitoring wurde auch in dem Gutachten angeregt, um die prognostizierte Entwicklung in dem an die Deponie angrenzenden Gebiet - Teile von Gelsenkirchen, Wanne-Eickel und Herten - verfolgen und gegebenenfalls im Sinne des Gesundheitsschutzes eingreifen zu können.

Das Monitoring erfasst die Belastung von Körperflüssigkeiten und Körpergewebe mit Umweltstoffen. Zum Beispiel könne so festgestellt werden, wie viel Quecksilber im Blut oder Urin einzelner Personen oder Gruppen vorhanden sei. Einem solchen Monitoring hätten sich u.a. in NRW schon Anwohner der Zentraldeponie in Kamp-Lintfort unterzogen, erklärt Heinz-Peter Jäkel, Sprecher der Bürgerinitiative „Uns stinkt’s“.

Heinz-Peter Jäkel, Sprecher der Bürgerinitiative „Uns stinkt´s“, vor der Zentraldeponie.
Heinz-Peter Jäkel, Sprecher der Bürgerinitiative „Uns stinkt´s“, vor der Zentraldeponie. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Dort sei festgestellt worden, „dass die Belastung schon so hoch war, dass eine weitere Zunahme nicht zu vertreten war“. Genau das erhofft sich auch die BI von einem Monitoring. Das humantoxikologische Gutachten der Bezirksregierung habe unterdessen „nichts anderes als ältere Krebsstatistiken ausgewertet“, so Jäkel, aber „keine eigenen Messungen und Untersuchungen unternommen“.

Grüne: Schadstoffbelastung auf jeden Fall senken

Auf eben dieses Gutachten bezieht sich auch ein Antrag der Grünen für dieselbe Sitzung. „Der Bezirksvertretung Wanne sollte das Gutachten vorgestellt und eine Diskussion ermöglicht werden“, fordern die Grünen. Insbesondere solle die Verwaltung darlegen, welche Maßnahmen sie für geeignet halte, um die im Gutachten dargelegte hohe Schadstoffbelastung zu senken, so Daniel Keller. Das Gutachten zeige auf jeden Fall Handlungsbedarf auf, unabhängig vom Ausgang des aktuellen Planfeststellungsverfahrens zur ZDE-Erweiterung.

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In der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses war das Gutachten ebenfalls Thema gewesen. Für die Grünen hatte dort Gerhard Kalus u.a. gefragt, ob Herne an der Erstellung des Gutachtens beteiligt worden sei und welche Aussagen und Daten man zur Verfügung gestellt habe, ob der Stadt das Gutachten bekannt sei und wann es den bürgerschaftlichen Gremien zur Diskussion zugeleitet werde.

Fachbereich Gesundheitsmanagement sieht Erweiterung kritisch

Antwort des Umweltdezernenten Karlheinz Friedrichs: Das Gutachten beziehe sich teilweise auf Informationen der Stadt Herne aus Internetquellen. Aus Sicht des Fachbereichs Gesundheitsmanagement und des Fachbereichs Umwelt und Stadtplanung sei das (der Stadt bekannte) Gutachten inhaltlich und methodisch plausibel. Gesundheitliche Gefahrenwerte würden laut Gutachter eingehalten bzw. unterschritten, vorsorgeorientierte Beurteilungsmaßstäbe z. B. für Stickoxide, Feinstaubbelastung und Lärm würden allerdings bereits durch die Vorbelastung erreicht oder überschritten.

Aus gesundheitlichen Vorsorgegründen werde die Erweiterung der Deponie vom Fachbereich Gesundheitsmanagement weiterhin kritisch gesehen. Friedrichs: „Die Herner Bevölkerung ist in dem am stärksten von der Erweiterung der Deponie betroffenen Stadtteil bereits vorbelastet, eine Minderung der Belastung ist daher dringend anzustreben.“ Falls es zur Genehmigung komme, werde angeregt, geeignete Emissions- und Immissions-Minderungsmaßnahmen zu entwickeln.