Herne. Missbrauchsvorwürfe, keine Segnung für homosexuelle Paare: In der katholischen Kirche brodelt es. Die Herner Kirche setzt ein Zeichen.
Missbrauchsvorwürfe, ein Gutachten aus Köln und das Verbot des Vatikans zum Segnen von gleichgeschlechtlichen Paaren: In der katholischen Kirche brodelt es zur Zeit heftig. In Herne hat die katholische Kirche mit Entsetzen auf die aktuellen Geschehnisse reagiert. „Wir müssen ein Zeichen gegen jegliche Form der Ausgrenzung setzen“, betont Vikar Christian Schmidtke von der Dionysius-Gemeinde in Herne.
Deswegen hat die Gemeinde am Sonntag eine Regenbogen-Flagge vor der St.-Bonifatius-Kirche gehisst – sie steht in zahlreichen Kulturen weltweit für Aufbruch, Veränderung und Frieden, und sie gilt als Zeichen der Toleranz auch Homosexuellen gegenüber.
In seiner Predigt machte Schmidtke deutlich, wie er zu den aktuellen Themen steht. Auch zu dem Gutachten aus Köln, in dem bekannt wurde, welches Ausmaß die sexuellen Missbrauchsfälle in Köln haben, äußert er ich klar. „Erschreckend ist es zu erleben, wie Kirche immer und immer wieder den Anschein erweckt, den eigenen Kopf zu retten und das Leid und die Peinigung der Opfer herunterzuspielen“, heißt es in der Predigt. „Was in dieser Woche medial im Interesse stand und steht, kann nur eine vage Vermutung erwecken, was anderen Diözesen noch bevorsteht.“
Herner Vikar setzt sich für Geschlechtergleichberechtigung ein
Zudem machte er deutlich, dass zu Geschlechtergerechtigkeit nicht nur das Segnen von homosexuellen Paaren gehöre, sondern auch die Berufung von Frauen ins Weiheamt. „Bemühungen der kfd, Maria 2.0 und die Überlegungen wie Frauen und Männer heute im 21. Jahrhundert gemeinsam Kirche sein können, bekommen in den letzten Monaten größere Bedeutung.“
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Als Zeichen gegen jegliche Form von Ausgrenzung, Rassismus und Homophobie wurde deswegen am Sonntag nach dem Gottesdienst die Flagge vor der Kirche ausgehisst. „Das wurde von allen Gemeindemitgliedern sehr gut aufgenommen.“ Es habe in der Kirche sogar Applaus gegeben, berichtet Schmidtke. „Ich hätte erwartet, dass mindestens zwei Leute die Kirche verlassen – aber das ist zum Glück nicht passiert.“ Auch die ältere Gemeindemitglieder hätten die Aktion sehr gut aufgenommen. Viele von ihnen hätten seit Jahren nicht erlebt, dass sich Kirche nach vorne bewege und begrüßten nun die neuen Wege.
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„Wir wollen zeigen, dass Kirche bunt ist“, sagt Schmidtke. Es reiche nicht aus, sich darüber zu unterhalten und zu beschweren, dass „da oben“ einiges schief laufe. Um vor Ort den Menschen zu zeigen, dass Kirche offen für Jeden ist, müsse sich auch vor Ort etwas tun. „Revolutionen beginnen schließlich immer von unten.“ Zudem hätten mittlerweile mehr als 2000 pastorale Mitarbeiter, darunter auch Schmidtke, eine Petition unterschrieben. Darin sprechen sie sich klar für die Segnung von homosexuellen Paaren aus. In der Petition heißt es unter anderem: „Wir werden Menschen, die sich auf eine verbindliche Partnerschaft einlassen, auch in Zukunft begleiten und ihre Beziehung segnen. Wir verweigern eine Segensfeier nicht.“