Herne. Nach einem Corona-Ausbruch in Wohnstätten für Behinderte in Herne sind nun 420 Menschen in Quarantäne. Die Inzidenz klettert auf über 170.

Nach dem Corona-Ausbruch in mehreren Wohnstätten für Behinderte in Herne hat die Stadt nun 420 Menschen vorsorglich in Quarantäne geschickt. Das sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken zur WAZ. Die Betroffenen würden an diesem Montag und Dienstag auf Corona getestet. Mitte der Woche sollen die Ergebnisse vorliegen. Bis dahin gelte die „Verdachtsquarantäne“.

„Weit über 100 Menschen“ hätten sich bei dem bislang größten Corona-Ausbruch in Herne angesteckt, sagte Oberbürgermeister Frank Dudda am Sonntag zur WAZ. Knotenpunkt sei eine „Großeinrichtung“, nach WAZ-Informationen ist das die Werkstatt für Behinderte der Wewole-Stiftung von der Langforthstraße in Horsthausen. In der Werkstatt arbeiten rund 900 Menschen. Aus mehreren Wohneinrichtungen verschiedener Träger, aber auch aus Privathaushalten, fahren die Menschen mit Behinderungen täglich mit dem Bus dorthin. In der Werkstatt hätten sich Bewohner angesteckt und das Virus nach Hause in Wohnstätten hineingetragen.

Herne: Beschäftigten ist freigestellt, ob sie in die Werkstatt kommen

„Abgrenzbares Geschehen“: Hernes OB Frank Dudda.
„Abgrenzbares Geschehen“: Hernes OB Frank Dudda. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Hauptverantwortlich für den Corona-Ausbruch sind laut Dudda vor allem besagte „Satelliten“, also die Wohnstätten. Betroffen unter anderem: zwei von vier Wohnstätten der Lebenshilfe. Die Großeinrichtung selbst, so der OB, habe „sehr gute Hygienekonzepte“ unter anderem mit strenger Gruppeneinteilung und zeitversetzten Präsenzen.

Den Menschen mit Behinderungen, die bei der Wewole arbeiten, beziehungsweise ihren Betreuern war in der Corona-Krise zuletzt freigestellt, ob sie zur Werkstatt kommen wollen oder nicht. Der Leistungsträger, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, halte den Regelbetrieb der Werkstatt trotz des Corona-Ausbruchs offen, sagt Wewole-Sprecherin Inci Wagner am Montagnachmittag zur WAZ: „Trotzdem können die Werkstattbeschäftigten bei Infektionsängsten die Teilhabe von zu Hause aus wahrnehmen.“

Die Zahl der Beschäftigten in der Werkstatt habe seit Anfang der vergangenen Woche laufend abgenommen. Am Montag seien nur noch 267 Beschäftigte anwesend gewesen, am Montag vor einer Woche seien es noch 406 gewesen. Teilnehmer aus Wohneinrichtungen, die nicht zur Wewole gehörten, seien am Montag aber nicht in der Werkstatt gewesen – „auch nicht zu Testungen“.

Am Montagvormittag hatte die Wewole auf Fragen der WAZ zunächst keine Stellung bezogen: „Die Leitung hat heute entschieden, dass wir zunächst keine Presseanfragen beantworten werden“, so die Sprecherin.

OB: Stadt konnte Menschen nicht früher impfen

Die Infektionen in den Wohnstätten haben die 7-Tage-Inzidenz in Herne kräftig steigen lassen – nun bis auf 171,9. Wiederholt kam Kritik auf, dass in den so genannten Einrichtungen der Eingliederungshilfe, darunter die Wohnstätten, die Menschen mit Behinderungen noch nicht früher geimpft wurden. Oberbürgermeister Frank Dudda betont einmal mehr, dass Impfungen dort nicht möglich gewesen seien: „Der Erlass ist eindeutig.“

Grünes Licht habe es erst vergangene Woche gegeben, daraufhin sei mit den Impfungen begonnen worden. Warum andere Städte dennoch Menschen aus Einrichtungen der Eingliederungshilfe schon vor dem Erlass geimpft haben, weiß der OB nicht. Dudda hoffte zuletzt, dass bis Ende März in Herne genügend Impfstoff zur Verfügung steht, um alle Einrichtungen durchimpfen zu können. Das war aber vor dem am Montagnachmittag verkündeten Aussetzen der Corona-Impfung mit Astrazeneca.

>> WEITERE INFORMATIONEN: „Abgrenzbares Geschehen“

Trotz der steigenden 7-Tage-Inzidenz seien vor Ort bislang keine weiteren Einschränkungen erforderlich, meint Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD).

Der Ausbruch in den Wohnstätten sei weiterhin ein „abgrenzbares Geschehen“, auch durch die vorsorgliche Quarantäne. Neue Maßnahmen würden aber täglich geprüft, die Stadt sei dazu im täglichen Austausch mit dem Land.