Herne. Die Grundschüler in NRW starten ab dem 22. Februar wieder in den Präsenzunterricht. Wie das Wechselmodell an den Schulen in Herne funktioniert.

Aufstehen, Zähne putzen, anziehen, Frühstück einpacken und ab zur Schule: Nach mehr als sechs Wochen Lernen auf Distanz kehrt in der kommenden Woche zumindest teilweise wieder der Alltag ein. Die Herner Grundschüler besuchen ab Montag, 22. Februar, in festgelegten Lerngruppen und jeden zweiten Tag den Präsenzunterricht. Darauf haben sich, so Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini, die Schulleitungen aller Grundschulen in Herne geeinigt.

Und es wird höchste Zeit, denn die Nerven bei vielen Eltern liegen blank: „Es ist wirklich schwierig“, sagt Arbenita Kasniqi, Klassenpflegschaftsvorsitzende und Mutter von drei Kindern. Ihre zehnjährige Tochter besucht die vierte Klasse der Schillerschule. Während sie vor ihren Matheaufgaben sitzt, übt Kasniqi mit ihrer Sechsjährigen, die in die erste Klasse geht, das ABC. Und auch die Jüngste (3) möchte beschäftigt werden – und klaut ihren älteren Geschwistern gerne mal die Arbeitsblätter.

Eltern übernehmen Rolle des Lehrers und der besten Freundin

Ab Montag besuchen die Schüler der Schillerschule entweder immer montags und mittwochs oder dienstags und donnerstags sowie jeden zweiten Freitag den Präsenzunterricht. Angst oder Sorge, dass sich die Kinder in der Schule mit dem Coronavirus infizieren, hätten die allermeisten Eltern nicht, sagt Schulpflegschaftsvorsitzender Henrich Kleyboldt. Sie seien vielmehr erleichtert, dass endlich wieder ein Stück Normalität einkehrt.

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„Neben der Elternrolle haben viele Mütter und Väter in den vergangenen Wochen die Rolle des Lehrers und die Rolle des besten Freundes oder der besten Freundin übernehmen müssen“, sagt Kleyboldt. Viele Eltern machten sich außerdem Sorgen, dass der Lernstoff im Homeschooling auf der Strecke bleibt. „Man möchte, dass die Kinder top sind und nichts verpassen“, schließt sich Mutter Arbenita Kasniqi an. Das ein oder andere Mal sei sie daher vielleicht „ein bisschen zu streng“ mit ihren Töchtern.

Wechselunterricht birgt Planungsaufwand für Schulen in Herne

In der Claudiusschule in Herne unterrichten die Lehrer ab Montag jeden Tag zwölf halbe Klassen – ein „immenser organisatorischer Aufwand“, wie Schulleiterin Britta Nutt-Winter sagt. Nicht etwa der Unterricht, sondern die Begegnungen in den Pausen, auf den Toiletten und den Fluren seien das Problem.

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Die Gruppen A und B werden im täglichen Wechsel vier beziehungsweise fünf Stunden in die Herner Grundschule gehen. Neben Mathe, Deutsch und Sachkunde sollen auch Englisch und Sport wieder unterrichtet werden. Aufgaben in Musik und Kunst dagegen könnten die Grundschüler prima alleine erledigen.

Um ein Zusammentreffen der Kinder aus verschiedenen Jahrgängen zu vermeiden, starten die Schüler am Präsenztag zeitversetzt – um acht, um Viertel nach acht und um halb neun – und werden auch in den Pausen in unterschiedlichen Teilen des Schulhofs spielen. Da Fragen fortan wieder im Unterricht gestellt werden können, entfallen die Video-Konferenzen mit den Lehrkräften am Nachmittag – einen Mehraufwand für die Lehrer gebe es daher nicht.

Trotz des organisatorischen Aufwands begrüßt die Grundschulleiterin den Unterricht im Wechselmodus. „Ich denke, dass viele Familien aufatmen können“ – auch wenn das Lernen auf Distanz „gut und immer besser“ geklappt habe. So hätten sich die Familien an einen neuen Rhythmus gewöhnt. „Ich glaube, dass viele Kinder lange geschlafen haben“, sagt Nutt-Winter. Mit Beginn des Wechselunterrichts gewinne jedoch die Empfehlung, die Aufgaben am Vormittag zu erledigen, noch einmal an Bedeutung.

Geschwisterkinder können in Herne gemeinsam zur Schule gehen

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Eltern mit zwei oder mehr Kindern hatten im Vorfeld befürchtet, dass sie bei einem Wechselmodell immer ein Kind zuhause haben und somit auch beruflich keinerlei Entlastung erfahren. Doch auch dafür scheinen die Herner Grundschulen eine Lösung gefunden zu haben: „Wir haben den ganzen Morgen lang gepuzzelt“, erzählt Britta Nutt-Winter, Schulleiterin der Claudiusschule. Alle Geschwisterkinder seien nun in Gruppe A und hätten immer am selben Tag Unterricht.

Auch die Schillerschule hat sich für diese familienfreundliche Lösung entschieden. Zum Schutz der Schüler und Lehrkräfte gilt in den Klassenzimmern weiterhin ein Maskengebot. Das bedeutet, die Kinder sollten nach Möglichkeit auch am Platz einen Mundschutz tragen, erklärt Schulleiterin Andrea Sdun. Er dürfe auch aus Stoff sein. Auf dem übrigen Schulgelände ist das Tragen einer Maske Pflicht. Nur bei extremer Anstrengung im Sportunterricht dürfen die Kinder die Maske absetzen.

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WEITERE INFORMATIONEN

Die Grundschulen in Herne haben sich laut Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini auf einen Unterricht im täglichen Wechsel geeinigt, sprich, die Schüler werden jeden zweiten Tag den Unterricht besuchen. In welchen Fächern der Unterricht stattfindet, entscheiden die Schulleitungen selbst. Deutsch, Mathe und Sachunterricht sollen im Vordergrund stehen.

Wie ein WAZ-Leser berichtet, sind an der Europaschule Königstraße jedoch deutlich weniger Präsenztage vorgesehen. So sollten die Schüler einiger Jahrgänge nur an einem Tag in der Woche den Unterricht besuchen. „Damit bin ich nicht einverstanden“, teilt Andrea Christoph-Martini auf Anfrage der WAZ mit. Nach Rücksprache mit der Schule werde diese das Konzept nun anpassen.