Herne. Ab dem 22. Februar sollen die Schulen schrittweise öffnen. Das sagen Schulleiter, Lehrer und Eltern in Herne zur Rückkehr zum Präsenzunterricht.

Im Büro von Sylke Reimann-Pérez läuft seit dem frühen Donnerstagmorgen das Radio. Ab dem 22. Februar sollen die Schulen in NRW schrittweise wieder öffnen. Doch die Schulleiterin der Mont-Cenis-Gesamtschule wartet noch immer auf die Mail vom Ministerium. Zwar gebe es erste Informationen, dass neben den Grundschülern auch die Abschlussklassen in einem Wechselmodell wieder in den Präsenzunterricht gehen sollen. Aber: „Noch habe ich nichts Offizielles“, sagt die Sprecherin der Gesamtschulen in Herne. Bis zum Start bleiben den Schulen noch etwa anderthalb Wochen. „Kommen die Informationen noch heute, wäre das endlich mal eine gute Vorbereitungszeit.“

Bei einem Wechselmodell kommen laut Sylke Reimann-Pérez drei Möglichkeiten in Frage: So könnten die Schüler, aufgeteilt in zwei Gruppen, jeden zweiten Tag zur Schule kommen oder im Wechsel eine ganze Woche am Stück unterricht werden. Die dritte Möglichkeit sei eine Reduzierung der Stundenanzahl. Gruppe A könnte dann morgens und Gruppe B am Nachmittag für vier Stunden in die Schule kommen. Die Schüler würden dann nur in den prüfungsrelevanten Fächern unterrichtet.

Schulleiter hält Präsenzunterricht ohne FFP2-Masken für „verantwortungslos“

Stefan Lindemann, Schulleiter der Realschule an der Burg, befürchtet eine „erhebliche Mehrbelastung“ für die Lehrkräfte, wenn diese jede Klasse doppelt unterrichten müssten. Er könne sich daher vorstellen, dass jeweils die Hälfte der Schüler in der Schule und die andere Hälfte von zuhause aus über Microsoft Teams am Unterricht teilnimmt. Webcams mit breiterem Winkel, Raummikrofone und Lautsprecher könnten bald zur Ausstattung der Klassenzimmer gehören.

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„Doch wie können Lehrer, die auch bei einem Wechselmodell mit zahlreichen Schülern Kontakt haben, vor einer Ansteckung geschützt werden?“ Diese Frage bereitet dem Sprecher der Realschulen in Herne vor allem angesichts sich verbreitender Virus-Mutationen Bauchschmerzen. „Ich hoffe, dass mit dem Tag der Schulöffnung die vom Land versprochenen FFP2-Masken da sind“. Ohne entsprechende Schutzmaßnahmen halte er auch bei einem Inzidenzwert von 50 einen Präsenzunterricht für alle Schüler für „verantwortungslos“. Gesamtschulleiterin Sylke Reimann-Pérez fordert ebenfalls einen besseren Schutz für Lehrkräfte: „Alle Menschen, die Kontakt zu viele Personen haben, auch Lehrer oder Erzieher, sollten bald geimpft werden.“

Lüften bei zweistelligen Minusgraden? – „Wohl kaum möglich“

Auch bei vielen Eltern sind die Sorgen groß: „Ich bin sehr zwiegespalten“, sagt Marie-Christin Gerwig, die zwei Söhne im Grundschulalter hat. Als Schulsozialarbeiterin sehe sie die Vorteile für Kinder, die zuhause nicht die Unterstützung bekommen, die sie bräuchten. Und auch aus der „Arbeitsperspektive“ sei die Öffnung der Schulen für viele Familien eine Erleichterung. Aber: „Ich gehöre zur ‚Zero-Covid-Fraktion‘“, sagt die Mutter. Daher halte sie die Beschlüsse „nicht für sinnvoll“. „Von mir aus kann der Lockdown noch weitergehen.“

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An den Grundschulen gäbe es keine Maskenpflicht, auch das Abstandhalten sei für Kinder oft schwierig. Und Lüften bei zweistelligen Minusgraden? „Wohl kaum möglich“, sagt die 35-Jährige. Die Vorzüge für berufstätige Eltern könnten sich ebenfalls schnell in Luft auflösen: „Ich habe zwei Söhne“, sagt Gerwig. Bei den vielen Geschwisterkonstellationen könnten Schulen wohl kaum darauf achten, dass Geschwister gemeinsam zur Schule gehen können. „Was ist, wenn ich immer ein Kind zuhause habe?“

GEW-Vorsitzender hat Kritik „im Kleingedruckten“

Carsten Piechnik, Herner Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht in der Rückkehr zum Präsenzunterricht durchaus „richtige Elemente“, darunter die Möglichkeit, Wechselunterricht durchzuführen. Aber: „Jetzt macht das Ministerium endlich das, was wir als Gewerkschaft immer wieder gefordert haben und was vom Ministerium immer wieder abgelehnt worden war im vergangenen Jahr.“ Es sei auch richtig, dass die Politik sieht, dass es vielen Kinder und Jugendlichen nach Wochen des Distanzunterrichts psychisch schlecht gehe.

Doch Piechnik hat einige Kritik „im Kleingedruckten“. So sollten die älteren Schüler vor allem deshalb in die Klassen zurückkehren, um die Prüfungen durchzuziehen – koste es, was es wolle. Der Politik gehe es offenbar nur um die Abschlüsse und nicht um die Menschenbildung.

Regelrecht ärgerlich wird Piechnik beim Blick auf die Bedeutung der Inzidenzwerte. Im vergangenen Herbst habe NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zugeschaut, wie die Infektionszahlen immer weiter gestiegen seien und erst eine Sieben-Tage-Inzidenz von 200 als Grenze genommen, um über etwas anderes als Präsenzunterricht nachzudenken. Die neuen Maßnahmen seien ein Eingeständnis, dass alle Maßnahmen im Herbst völlig ungeeignet gewesen sind. Auch dass ab einer landesweiten Inzidenz von 50 für alle Schüler in NRW wieder Präsenzunterricht stattfinden soll, sieht Piechnik kritisch. Es stelle sich die Frage, was in Regionen mit höheren Werten passieren soll.

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Weitere Informationen

Die Grundschulen und Förderschulen der Primarstufe sollen ab dem 22. Februar in einem Wechselmodell in den Präsenzunterricht starten. Auch die Abschlussjahrgänge will Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) zurück in die Schulen holen.

Wie das Wechselmodell für Grundschüler aussehen soll, ist aber noch völlig offen. Die Kinder sollten maximal fünf Tage zuhause unterrichtet werden, erläuterte Gebauer am Mittwochabend. Dann müsse es erneut einen Wechsel geben. Die Schulen könnten aber beispielsweise auch alle zwei Tage wechseln.