Herne. Auch in Herne haben Unbekannte den Online-Unterricht unter anderem mit sexuellen Äußerungen massiv gestört. Wie sich die Schulen davor schützen.
Immer wieder haben Unbekannte in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Wochen den Online-Unterricht gestört. Und auch an den Schulen in Herne geht das Thema nicht vorbei. „Diesen Fall hatten wir schon zweimal“, berichtet Sylke Reimann-Pérez, Schulleiterin der Mont-Cenis-Gesamtschule. Zwei völlig fremde Menschen hätten sich im Januar in die Videokonferenzen der Schüler eingewählt. Eine Klasse aus der Oberstufe und eine neunte Klasse seien betroffen gewesen.
In keinem der beiden Fälle seien die Personen, ob Mann oder Frau ist nicht bekannt, jedoch zu sehen gewesen. „Die Kameras waren ausgeschaltet“, sagt die Sprecherin der Gesamtschulen in Herne. Die fremde Person, die den Unterricht der Oberstufenschüler gestört hat, habe allerdings „sexualisierte Bemerkungen“ gemacht. „Die Lehrerin hat die Videokonferenz daraufhin umgehend abgebrochen und einen neuen Chatraum angelegt“, erzählt Schulleiterin Sylke Reimann-Pérez. Sowohl sie als auch die Schüler seien „völlig empört“ gewesen.
Herner Schulen führen Regeln für den Online-Unterricht ein
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Die Gesamtschule in Sodingen nutzt für den Online-Unterricht das Videokonferenztool Jitsi-Meet – und habe mit der Software, abgesehen von den beiden Vorfällen im Januar, nur gute Erfahrungen gemacht. Wie sich die Unbekannten Zugang zu den virtuellen Klassenräumen verschafft haben, kann die Schulleiterin nicht sagen. So könnten eigentlich nur Schüler, die eine Einladung erhalten, am Online-Unterricht teilnehmen. Möglich sei aber, dass eine Schülerin oder ein Schüler diese Zugangsberechtigung weiter verschickt hat. „Sollte das erneut vorkommen, werden wir entsprechend dagegen vorgehen.“
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Der Herner Gesamtschule ist schnell klar geworden, dass es auch für den Distanzunterricht Regeln geben muss. Diese sollen in Kürze schriftlich an die Schüler und Eltern verschickt werden. Dazu gehört zum Beispiel: keine Musik im Hintergrund, und wer etwas sagen möchte, drückt den „Handheben“-Button. Dass Eltern bei den Videokonferenzen nicht dabei sein dürfen, hält Schulleiterin Sylke Reimann-Pérez für eine realitätsferne Forderung. Zwar sei eine ruhige Umgebung für die Schüler empfehlenswert. In einigen Fällen lasse es sich jedoch nicht vermeiden, dass Eltern im gleichen Raum arbeiten.
Videokonferenz-Tools mit Wartebereich bieten Schutz vor Störenfrieden
Herner Schüler arbeiten verstärkt im Unterricht mit
Immer mehr Lehrer bieten in Herne den Unterricht als Video-Konferenz an. Aber auch die Mitarbeit der Schüler habe in den vergangenen Wochen deutlich zugenommen, sagt Sylke Reimann-Pérez, Leiterin der Mont-Cenis-Gesamtschule. Das liege unter anderem auch daran, dass die Lehrer nun verstärkt die technischen Möglichkeiten ausschöpften und zum Beispiel Apps zum gemeinsamen Arbeiten an einem Projekt nutzten. Es gebe aber auch Schüler, die weder an den Konferenzen teilnehmen noch ihre Hausaufgaben erledigen. Diese Eltern wolle man künftig verstärkt ansprechen.
Auch die Realschule an der Burg hat schon Erfahrungen mit Störenfrieden in Videokonferenzen machen müssen. „Das ist schon einmal vorgekommen“, berichtet Schulleiter Stefan Lindemann. Eine unbekannte Person – die Freundin oder der Freund eines Schülers, vermutet er – habe sich während des Unterrichts für einen kurzen Moment auf den Bildschirmen der Teilnehmer blicken lassen.
„Wir haben dem aber sofort entgegengewirkt“, sagt Lindemann. So hätten die Schüler seit dem Vorfall nicht mehr die Möglichkeit, sich selbst in eine Videokonferenz einzuwählen. „Möchten sie teilnehmen, betreten sie zunächst einen Warteraum.“ Nur eine Lehrkraft könne ihnen dann den Zutritt zu dem virtuellen Klassenzimmer gewähren. Dass ein Mitschüler einer fremden Person, etwa über das Zusenden eines Links, Zugang zum Unterricht verschafft, sei damit nicht mehr möglich.
Herner Realschüler veröffentlichen Videos und Fotos im Netz
Mittlerweile bieten alle Lehrer der Realschule den Unterricht nach Stundenplan als Videokonferenz über die Plattform Microsoft Teams an. Doch nicht immer behandelten die Schüler die Daten vertraulich: Zweimal sei es bereits vorgekommen, dass Schüler Videomaterial aus dem Unterricht mitgeschnitten oder ihre Mitschüler und Lehrer während des Unterrichts fotografiert haben, so der Schulleiter. Die Bilder hätten sie anschließend in sozialen Netzwerken veröffentlicht oder per WhatsApp verschickt. „Wir haben beide Fälle innerhalb von 24 Stunden zur Anzeige gebracht“, zeigt sich Stefan Lindemann konsequent. „Das ist eine Straftat. Das wird von Schülern häufig unterschätzt.“
Für die Lehrer sei der Online-Unterricht ohnehin „sehr aufwendig und anstrengend“, sagt der Sprecher der Realschulen in Herne. So könnten sie – anders als in der Schule – unmöglich all ihre Schüler über einen Bildschirm im Blick behalten. Zwar kontrollierten die Lehrer zu Beginn jeder Unterrichtsstunde die Anwesenheit. Dass jeder Jugendliche auch während des Unterrichts die Kamera eingeschaltet lässt, könnten sie jedoch nicht ohne Weiteres verlangen. „Das ist rechtlich ganz, ganz schwierig.“
Stefan Lindemann spricht seine Schüler daher im Unterricht regelmäßig an. Bekommt er keine Rückmeldung, versucht er per Chat oder Telefon Kontakt aufzunehmen. Denn ob es technische Probleme gibt oder sich der Schüler nach der Anwesenheitskontrolle einfach wieder ins Bett gelegt hat – genau das wüssten die Lehrer im Unterricht auf Distanz eben nicht.
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