Herne. Bei Schülern ist angesichts der Pandemie schon von der „Generation Corona“ die Rede. Doch auch Referendare plagt eine große Ungewissheit.

Wenn es um die Situation der Schülerinnen und Schüler während der Corona-Pandemie geht, ist bereits häufiger von der „Generation Corona“ die Rede. Denn angesichts der wochenlangen Schulschließung und des Distanzunterrichts ist völlig unklar, wie Jugendliche ihre Abschlüsse machen. Und was sie dann wert sind. Diese Ungewissheit ist auf die jetzigen Referendare übertragbar. Die WAZ hat mit einer Herner Lehramtsanwärterin gesprochen.

Um sich in die jetzige Situation von Bettina Schulze (die nicht wirklich so heißt) hinzuversetzen, muss man vielleicht an einen anderen Punkt zurückblenden. Für Lehramtsanwärter kann es sowieso schon ein Praxisschock sein, erstmals vor Schülern zu stehen. Für Schulze war dieser Schock nicht ganz so groß, weil sie bereits Vertretungsunterricht an einer Grundschule gegeben hatte, dennoch sei die Ankunft an der weiterführenden Schule „etwas anderes“ gewesen. Sie habe erzieherisch noch mehr zu tun als sie während des Studiums gedacht habe. „Fachinhalte sind nicht immer die einzigen, die zählen. Man muss auch auf andere Dinge achten, auf die man im Studium nicht so vorbereitet wurde.“ Corona sei dann noch ein zweiter Schock obendrauf gewesen.

Ungewissheit, weil die Form des Examens noch unklar ist

Und deshalb sei sie zurzeit sehr angespannt. Sie gehört zu einem Jahrgang, der im Februar und März vor dem Examen steht. „Wir sind alle ein bisschen verzweifelt, weil wir gar nicht wissen, in welcher Form wir unser Examen durchführen.“ Man wisse nicht, womit man rechnen könne und wie man planen soll. „Man fühlt sich ein wenig allein gelassen.“ Diese Unsicherheit ziehe sich fast durch die gesamte Praxisausbildung.

Angesichts der Maskenpflicht weiß die Herner Referendarin gar nicht, wie manche Schüler aussehen.
Angesichts der Maskenpflicht weiß die Herner Referendarin gar nicht, wie manche Schüler aussehen. © FUNKE Foto Services | Symbolfoto: Lars Fröhlich

Sie habe im November 2019 angefangen, ab März 2020 sei die praktische Ausbildung eine Achterbahnfahrt gewesen. Das habe schon damit angefangen, dass die Schüler die meiste Zeit eine Maske tragen mussten. Dadurch gehe viel in der Kommunikation verloren, weil man an der Mimik eigentlich viel ablesen könne. Einige Schüler habe sie nur mit Maske kennengelernt. „Ich weiß gar nicht, wie manche Schüler aussehen.“

Keine Vorbereitung auf den Distanzunterricht

Hinzu komme, dass sie nicht auf das Distanzlernen vorbereitet gewesen sei. Vor wenigen Tagen habe sie zum ersten mal eine Online-Unterrichtsstunde durchgeführt, denn die Schüler, die sie - vielleicht - in der Examensprüfung unterrichten werde, müssten thematisch auf der Höhe bleiben. Dabei habe sie gemerkt, wie unterschiedlich bei den Kindern die technischen Voraussetzungen seien.

Es stellt sich aber auch die Frage, wie die Referendare selbst vorbereitet sind. Zwar sei es für sie als kommende Lehrergeneration keine so große Herausforderung mehr, bestimmte Online- Lernplattformen zu nutzen, doch Schulze hat festgestellt, dass quasi jeder Lehrer seinen eigenen Weg durchs Digitale suche. Sie ist der Ansicht, dass man schon im Studium auf Instrumente wie Digitalunterricht vorbereitet werden muss.

Prüfung als Unterrichtssimulation

Je näher die Prüfung rückt, desto größer wird Schulzes Unsicherheit. Der Grund: Entweder werde die Prüfung in Präsenz durchgeführt oder als Unterrichtssimulation. Das hänge davon ab, ob und wie Schüler in den Unterricht zurückkommen, was zurzeit gar nicht absehbar sei. So eine Simulation sei auf keinen Fall mit dem Beruf vergleichbar, den man anstrebe. „Man simuliert die Unterrichtsstunde, die man für den Präsenzunterricht geplant habe. Davor graut es mir.“ Eine Simulation sei extrem weit von der Realität entfernt, man müsse sich quasi ausdenken, dass ein Schüler an einer bestimmten Stelle stören wird. Und dann müsse man sagen, wie man darauf reagieren würde. Das sei fast alles aus der Luft gegriffen.

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Die Referendarin sieht in Zukunft Probleme auf sich zukommen, weil der Präsenzunterricht so lange eingeschränkt war. „So konnten wir nie bestimmte Routinen entwickeln. Die Qualität der Ausbildung leidet.“ Verschiedene Unterrichtsformen, die den Wechsel der Plätze voraussetzen, seien nicht möglich gewesen, sie habe nur Frontalunterricht geben können. Die Hälfte des Vorbereitungsunterrichts habe mit kompletten Gruppen stattgefunden, die andere Hälfte habe im Distanzunterricht stattgefunden oder in geteilten Gruppen. Die fehlende Routine werde sie zu spüren bekommen, wenn sie im Mai mit einer vollen Stelle starten sollte und dann bis zu 28 Stunden in der Woche unterrichten müsse.