Herne. Nicht nur die Hochzeit, auch das Kleid fällt in der Krise schlichter aus. Warum eine Händlerin aus Herne keinen Boom für 2021 erwartet.

Seit 25 Jahren betreibt Dagmar Rhein ihr Brautmodengeschäft White Design Rhein an der Bahnhofstraße in Herne. Doch ein Jahr wie dieses hat sie wohl noch nicht erlebt. "Das Brautgewerbe ist ganz, ganz schwer geworden", sagt die 61-Jährige. Nicht nur der Lockdown und die damit einhergehende Schließung ihres Geschäfts machen der gelernten Schneiderin zu schaffen. Lange, weiße Brautkleider aus zarter Spitze oder mit üppigem Tüll-Rock würden Kundinnen derzeit ohnehin kaum kaufen. Denn alle großen Hochzeitsfeiern mussten auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

Die finanziellen Einbußen sind immens. Zwei Drittel ihres Umsatzes sind Dagmar Rhein im vergangenen Corona-Jahr weggebrochen. Denn nicht nur Hochzeitskleider werden in der Corona-Krise nur selten gekauft. Auch schicke Abendkleider, die Hochzeitsgäste häufig tragen, sowie Kleider für den Abiball oder die Kommunion hängen weiter an der Stange – und nicht im Kleiderschrank der Kunden.

Zwar hofft die Brautmoden-Expertin, dass sie im Februar ihren Laden wieder öffnen kann. Einen Boom für den kommenden Sommer erwartet Dagmar Rhein aber nicht. "Viele Paare blicken sorgenvoll in die Zukunft", so die Geschäftsführerin. So würden die allermeisten für dieses Jahr kein großes Fest planen, allenfalls für 2022. Hinzu komme, dass die Corona-Pandemie auch viele Familien finanziell belaste. Eine Feier mit allem drum und dran sei für einige Paare derzeit einfach nicht drin.

Trend in der Corona-Pandemie: Standesamt statt große Hochzeitsfeier

Und dennoch hängt bereits seit November die neue Kollektion in dem Brautmodengeschäft in Herne. Im Gegensatz zu den vorherigen Jahren hat Dagmar Rhein jedoch nur etwa halb so viele Kleider geordert, darunter vor allem dezente und schlichte Kleider. "Viele Frauen träumen von einer großen Hochzeitsfeier", so die 61-Jährige. Da Feste mit mehreren hundert Gästen in der Pandemie nicht möglich sind, hätten sich viele Paare vorerst für eine standesamtliche Trauung entschieden – und somit meist auch für ein schlichteres Kleid. Rhein: "Man muss sich auf die Wünsche der Kunden einstellen."

Allerdings unterscheiden sich standesamtliche Brautkleider nicht nur in ihrem Aussehen von den langen, weißen oder champagnerfarbenen Prinzessinnenkleidern. "Für ein klassisches Hochzeitskleid geben Bräute in der Regel zwischen 800 und 2000 Euro aus", sagt die Damenschneiderin. Ein Kleid, das Frauen bei einer standesamtlichen Trauung tragen, koste dagegen "nur" 150 bis 300 Euro.

Nicht alle Brautpaare werden die große Hochzeitsfeier nachholen

Es gebe aber auch Paare, die, ganz optimistisch, trotz der Krise eine große Feier planten. Wenn Dagmar Rhein den Bräuten dann am Telefon mitteilen muss, dass eine Anprobe derzeit unter keinen Umständen möglich ist – auch nicht alleine, in einem geschlossenen Geschäft – seien sie oft sehr enttäuscht. "Ich darf leider nichts verkaufen", sagt die 61-Jährige. Nur ihre bereits bestellten und bezahlten Kleider dürften Kundinnen derzeit noch in dem Brautmodenladen abholen.

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Der Traum von einer Brautkleid-Anprobe mit den engsten Freundinnen und einem Gläschen Sekt wird vermutlich auch in der nächsten Zeit nicht möglich sein. Denn um die Infektionsgefahr so gering wie möglich zu halten, durften Bräute bereits im vergangenen Jahr maximal eine Begleitperson mitbringen. "Das Gläschen Sekt gibt es bei der Anprobe in Herne aber ohnehin nicht", sagt Dagmar Rhein und lacht. Das erlaube das Ordnungsamt in Herne grundsätzlich nicht.

Einzelhändlerin aus Herne blickt positiv in die Zukunft

Dagmar Rhein blickt trotz allem positiv in die Zukunft. Sie ist fest davon überzeugt, dass auch in Herne weiter geheiratet wird – wenn auch nicht im Moment. Doch ungewiss bleibe, ob Paare, die ihre standesamtliche Hochzeit bereits gefeiert haben, nicht "einen Haken hinter die Sache setzen". "Die Bräute werden immer älter", sagt Rhein. Während Frauen vor 25 Jahren in der Regel um die 20 waren, seien die meisten Frauen heute "gut 30 Jahre alt", wenn sie "Ja" sagten. Der Hausbau oder ein runder Babybauch könnten dafür sorgen, dass Paare ihre Feier dann nicht mehr nachholten – "aber das wollen wir mal nicht hoffen."

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