Herne. In vielen Herner Praxen gibt es keinen Grippe-Impfstoff mehr. Die Nachfrage ist zu hoch. Die Politik habe Fehler gemacht, klagen Ärzte.

Die Nachfrage nach einer Grippe-Impfung ist in diesem Jahr deutlich gestiegen. In einigen Herner Praxen gibt es bereits seit Wochen keinen Impfstoff mehr. Schuld sei die Politik, klagen Ärzte – und fühlen sich alleine gelassen.

Seit vielen Wochen habe er bereits seine Patienten nicht mehr gegen die Grippe impfen können, sagt Heinz Joachim Struckhoff. An die Tür seiner Praxis habe er bereits einen Infozettel gehängt – die Nachfrage der Patienten sei in diesem Jahr besonders groß. Vor allem auch jüngere Patienten hätten sich in diesem Jahr impfen lassen wollen. Die Akzeptanz sei höher, obwohl die Impfzahlen in Herne im Vergleich zu anderen Nachbarstädten in der Vergangenheit generell recht hoch gewesen seien, so Struckhoff.

Nachfrage nach Grippeimpfung ist in diesem Jahr besonders hoch

Dass es zu diesem Engpass kommt, hätte man ahnen können, sagt der Allgemeinmediziner. Schon im April hätte man aufgrund der Corona-Pandemie absehen können, dass mehr Impfdosen gebraucht werden, so Struckhoff. „Die Politik hat sich verschätzt.“ Das Problem sei, dass nicht an der Basis nachgefragt werde, sondern die Entscheidungen von Experten und Politikern getroffen würden. „Und wir können es dann ausbaden.“ Es sei zu früh Werbung für eine Impfung gegen die Grippe gemacht worden, klagt er. Dadurch sei der Ansturm in diesem Jahr besonders groß gewesen. Zudem mache es keinen Sinn, so Struckhoff, sich bereits so früh impfen zu lassen, „dann kann der Schutz im Januar schon wieder weg sein“.

Jens Spahn riet zur Impfung

In Zeiten der Corona-Pandemie wird der Grippeschutz noch wichtiger. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) riet zur Impfung: „Jeder, der sich und seine Kinder impfen lassen will, sollte und kann das tun.“

Eine größere Grippewelle und die Pandemie könne das Gesundheitssystem nur schwer verkraften. Die Bundesregierung habe daher „zusätzlichen Grippeimpfstoff besorgt“, sagte Spahn damals.

Bereits vor einigen Wochen hatte Andrea Reimann über den fehlenden Impfstoff geklagt. „Die Impfdosen sind alle schon lange weg“, sagte die Ärztin. Die Nachfrage sei auch in ihrer Praxis in diesem Jahr sehr hoch, sie habe aber nur die Hälfte impfen können, so die Ärztin. Es sei zu sehr propagiert worden, dass die Bevölkerung sich aufgrund der Corona-Pandemie in diese Jahr auch gegen die Grippe impfen lassen soll, so Reimann. Dafür habe es aber nicht genügend Impfdosen gegeben. „Das ist ein großes Ärgernis.“

Grippeimpfung als Nasenspray für Kinder

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Auch in der Gemeinschaftspraxis von Michael Bruch und Markus Bruckhaus-Walter habe es Lieferschwierigkeiten mit dem Impfstoff gegeben, so dass es zu einem Engpass gekommen sei, sagt Bruckhaus-Walter. In den letzten Tagen habe er aber wieder etwas Impfstoff bekommen und Patienten, die schon auf einer Warteliste gestanden hätten, nachimpfen können.

Er merke ebenfalls, dass die Nachfrage deutlich zugenommen habe. Auch diejenigen, die zuvor skeptisch dem Impfen gegenüber gestanden hätten, seien jetzt eher bereit, sich impfen zu lassen. Auch das Praxisteam habe proakti v über das Impfen aufgeklärt , denn durch die Ansagen der Politik werde die Bevölkerung verunsichert und verängstigt, so Bruckhaus-Walter.

Seit Kurzem biete die Praxis auch eine Grippeimpfung für Kinder an, die als Nasenspray verabreicht werde. „Das ist für alle Kinder ab 24. Monate möglich, bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.“ Insbesondere Kinder und Jugendliche mit Infektanfälligkeiten, Atemwegserkrankungen und Stoffwechselerkrankungen würden davon profitieren. Die Nasenspray-Impfe biete einen guten Schutz, nur für Kinder mit Asthma sei sie nicht geeignet.

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