Herne. Herne verstärkt den Kampf gegen Corona mit einer Kampagne: Nun will die Stadt auch mit Lautsprecherdurchsagen vor dem Virus warnen.

Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda kritisiert die Corona-Politik von Bund und Land scharf. Die Zahl der Neuinfizierten, die in Herne so hoch ist wie in keiner anderen Kommune im Land, könnte weiter gedrückt werden, wenn Berlin oder Düsseldorf stärker durchgriffen. Die Stadt unternehme Tag und Nacht alles, was in ihrer Macht stehe, um die Corona-Zahlen zu senken. Das allein reiche aber nicht, sagt er zur WAZ: „Der Schlüssel liegt bei der Landes- und der Bundesregierung.“

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Am Donnerstag hat Herne einen neuen Spitzenwert erreicht. Die 7-Tage-Inzidenz kletterte auf 353 – Rekord. Immerhin: Am Freitag rutschte die Inzidenz auf 321,5. Damit, so der OB, lag sie immerhin 20 Prozentpunkte unter dem Wert von vor einer Woche. Die Wahrnehmung, dass es in Herne immer mehr Neuinfektionen gebe, stimme also nicht.

Herne: Entzerrung des Schulbeginns zeigt erste Erfolge

Herne hat den Schulbeginn entzerrt: Die Hälfte der Schüler startet morgens später in den Unterricht. Dadurch sind die Busse leerer, und es gibt weniger Kontakte unter Schülern.
Herne hat den Schulbeginn entzerrt: Die Hälfte der Schüler startet morgens später in den Unterricht. Dadurch sind die Busse leerer, und es gibt weniger Kontakte unter Schülern. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

„Die Stadt bemüht sich mit einem großen Kraftakt, die Zahl der Infizierten zu stabilisieren, damit das System nicht überfordert wird“, sagt der Oberbürgermeister im Interview mit der WAZ. Durch die Entzerrung des Schulbeginns zu Beginn der Woche sei beispielsweise erreicht worden, dass viele Tausend Schülerkontakte durchbrochen worden seien, gerade auch in den Bussen. Hier habe Herne in einer Woche mehr erreicht als Bund und Land in mehreren Wochen zusammen. Diese Maßnahme zeige Wirkung: Die Zahl der Neuinfizierten im Alter zwischen 15 und 35 Jahren, zuletzt die Hauptgruppe bei den Neuinfizierten, gehe „spürbar zurück“.

Dass es auch Kritiker gibt, die der Stadt vorwerfen, nicht genug im Kampf gegen Corona zu unternehmen, weiß auch der OB. Dafür hat er aber kein Verständnis: „Wer uns Untätigkeit vorwirft, ist unredlich.“ Im Gegenteil sei Herne „mit vielen Maßnahmen Vorbild für andere Städte“.

Der Stadt gelinge es mit ihrem Engagement, das System zu stabilisieren und Zahlen „ein Stück weit zu drücken“. Mehr sei aber nicht möglich, betont der OB. Das liege zum einen an Fehlern außerhalb der Stadt wie zuletzt im Bochumer Schlachtbetrieb , die Herne viele zusätzliche Coronafälle beschert hätten. Und vor allem: an Bund und Land, die allenfalls „Klein-Klein-Maßnahmen“ auf den Weg brächten, die vor Ort, in den Kommunen aber nicht ausreichten. Herne seien die Hände gebunden, die Stadt dürfe viele Maßnahmen, die wichtig für eine Eingrenzung der Pandemie vor Ort seien, nicht alleine einführen.

Dudda fordert von Bund und Land stärkeren Schutz der Kita-Mitarbeiter

Silvester: Stadtchefs sprechen über Verbot von Feuerwerk

Am Montag will Frank Dudda mit dem Land über die Einrichtung eines Impfzentrums in Herne sprechen, sagt der OB. Er hat sich gegenüber der WAZ zuletzt für ein solches Impfzentrum ausgesprochen. Der Standort sei ideal , so der SPD-Politiker.

Am 1. Dezember wollen sich die Oberbürgermeister und Landräte bei einer Telefonkonferenz über eine gemeinsame Position zu Silvesterfeiern und Feuerwerken abstimmen, sagt Dudda. Im Raum steht ein Verbot von Böllern.

Gerade im Schulbereich, wo besonders viele Infektionen aufträten, seien die Maßnahmen „bei weitem nicht ausreichend“, so der SPD-Politiker. Hier verhindere „die starre Haltung der Kultusbürokratie“ ein Absinken der Corona-Zahlen. Zuletzt forderte der OB, dass besonders betroffene Schulen flexibel ganz oder teilweise in einen Distanz-Unterricht wechseln können . Nun schlägt er außerdem vor, dass die Klassen zehn bis 13 halbiert werden – eine Hälfte könnte vormittags, die andere nachmittags unterrichtet werden. Auch in den Kitas sieht er großen Handlungsbedarf, auch dort gebe es vor Ort in der Belegschaft viele Infektionen: „Die Mitarbeiter muss man besser schützen.“ Fieber messen, Massentests – damit könnte man viel erreichen.

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So mache die Stadt alles, was sie allein tun könne. Sie will in der kommenden Woche wie angekündigt eine Informationskampagne starten, um die Menschen zu sensibilisieren. Plakate und Banner sollen überall in der Stadt aufgehängt und mehrsprachige Informationsmedien verteilt werden: „Das wird im Stadtbild nicht zu übersehen sein.“ Außerdem kündigt der Oberbürgermeister an, dass die Feuerwehr voraussichtlich ab Mitte kommender Woche regelmäßig durch die Stadt fährt und mit Lautsprecher-Durchsagen vor Corona warnt.

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