Herne. Im Herner Rat hat die Stadt auch Einblicke in Abläufe hinter den Kulissen gegeben. Was der OB über die Bundeswehr und Amtsärzte sagte.
Der Rat am Dienstagabend 100 Minuten lang über die aktuelle Corona-Lage in Herne gesprochen. Die Stadt lieferte dabei auch neue Informationen. Und Oberbürgermeister Frank Dudda gewährte Einblicke in Abläufe hinter den Kulissen.
Die politische Ebene
Die bereits vor Tagen auf Bundesebene laut gewordene Forderung nach einer stärkeren Einbindung der Politik ist auch in Herne angekommen - formuliert durch die Grünen. Nach dem Dringlichkeitsantrag der Grünen-Fraktion, dass sich auch der Rat mit der Corona-Krise und konkret mit Kritik am Krisenmanagement befassen müsse, setzte der OB das Thema von sich aus auf die Tagesordnung. Und er sagte zu, die Ratsfraktionen künftig stärker über aktuelle Ereignisse informieren zu wollen - so wie es schon vor den Sommerferien in regelmäßigen Telefonkonferenzen gehandhabt wurde. Das in den vergangenen Wochen nicht mehr geschehen, „weil wir nicht wussten, wie wir alle Anforderungen übereinander kriegen sollen.“
Der Fall Turmstraße
Die Kanäle zwischen Einrichtungen wie Kitas, Schulen und Altenheimen funktionierten, betonten der OB und Gesundheitsdezernent Johannes Chudziak. Es gebe rund um die Uhr „Rückkoppelungsmöglichkeiten“ für die Leitungen dieser Einrichtungen. Im Falle der evangelischen Kita Turmstraße - dort waren vier Erzieherinnen positiv getestet worden - sieht die für ihr Vorgehen heftig kritisierte Stadt die Fehler auf Seiten des Trägers. „Wir werden sehr, sehr intensiv mit der evangelischen Kirchen darüber sprechen“, so Dudda. Die Stadt könne lückenlos dokumentieren, dass sie frühzeitig Gesprächsangebote gemacht habe. Die Einrichtung habe damals mit vielen Seiten gesprochen, nur nicht mit der Stadt. Dezernent Chudziak äußerte Verständnis dafür, dass Kita-Eltern nach solchen Fällen in Sorge seien. Die Stadt habe aber nicht die Kapazitäten, um auch Kontaktpersonen zweiten Grades zu informieren, dass sie nicht in Schutzmaßnahmen einbezogen werden. Das sähen die Richtlinien des Robert-Koch-Instituts auch nicht vor. Der Gesundheitsdezernent präsentierte dem Rat dann auch noch eine Zahl: Derzeit seien rund 1800 Herner in Quarantäne.
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Die Bundeswehr
Zusätzlich zu den 15 bereits in Herne (bisher bei Abstrichen) aktiven Bundeswehrsoldaten sollen zeitnah 16 weitere Soldaten für die Kontaktverfolgung eingesetzt werden, kündigte OB Frank Dudda an. Den Vorwurf der Grünen, dass die Stadt trotz stark steigender Infektionszahlen im Gegensatz zu anderen Kommunen zunächst die Hilfe der Bundeswehr abgelehnt habe, wollte der OB so nicht stehen lassen. „Sie wissen gar nichts“, so Dudda zum Grünen-Fraktions-Chef Thomas Reinke. Ein Minister - „den Namen will ich nicht nennen“ - habe ihn vor nicht mal zehn Tagen gebeten, die Anforderung von Soldaten noch einmal zu überdenken. Sein Hinweis: Es wäre das richtige Signal an die Stadtgesellschaft, wenn Mitarbeiter der Verwaltung und nicht Soldaten Leistungen übernähmen. Das habe die Stadt damals genauso gesehen und entsprechend gehandelt. „Erst als das zu einem für uns nicht befriedigenden Resultat geführt hat, habe ich den Minister angerufen und darum gebeten, dass uns Soldaten geschickt werden“, so Dudda. Den Einsatz von Bundespolizisten für Kontrollen zur Einhaltung der Maskenpflicht lehne er aber nach wie vor ab.
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Die Öffentlichkeitsstrategie
Die Öffentlichkeitsstrategie der Stadt müsse sich ändern, sagte Tina Jelveh (Grüne). Die Verwaltung müssen alle Kanäle - digital und analog - bespielen und breiter über die Situation informieren, so ihre Forderung. Die Verwaltung bespiele jeden Tag mehrere Kanäle und veröffentliche Pressemitteilungen, entgegnete der OB. „Noch mehr geht nicht. Wir haben kein Informationsdefizit.“ Eine Lücke räumte er jedoch ein: Die Stadt hätte in den Innenstädten frühzeitiger Schilder mit Hinweisen auf die Maskenpflicht aufstellen müssen.
Die Amtsärzte
„Wir haben alle ärztlichen Planstellen in der Stadtverwaltung besetzt“, erklärte der OB unter Verweis auf öffentliche Diskussionen über unbesetzte Stellen. Die Verwaltung habe sogar noch eine zusätzliche Ärztestelle geschaffen. Im Ausschreibungsverfahren hätten sie dann auch einen Amtsarzt aus einer anderen Gemeinde gewinnen können. Es habe dann jedoch einen „Hilferuf“ des Hauptverwaltungsbeamten dieser Gemeinde bekommen, der den Mediziner in der aktuellen Situation dringend benötige. Deshalb werde der neue Amtsarzt seine Stelle in Herne erst am 1. April antreten: „Das ist eine Frage der Solidarität.“
Homeoffice bei der Stadt
Der Verwaltungsvorstand habe beschlossen, Mitarbeitern wieder verstärkt das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen, erklärte Frank Dudda auf Nachfrage der Grünen. Die Leistungen für Bürgerinnen und Bürger sollten dadurch aber nicht eingeschränkt werden. Die Dezernenten und Amtsleiter seien angehalten, für ihre Bereiche nach Lösungen zum Beispiel durch Schichtsysteme zu suchen.
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