Herne. Damit das Einkaufen in Corona-Zeiten sicherer wird, dürfen an den Adventssonntagen Geschäfte in NRW öffnen. Das begrüßen nicht alle Herner.

Die Entscheidung der NRW-Landesregierung, die Geschäfte an allen vier Adventssonntagen sowie am 3. Januar zu öffnen, stößt in Herne auf geteilte Meinungen.

Das sagt die Interessengemeinschaft Herne-City

Grundsätzlich begrüße er die Idee der verkaufsoffenen Sonntage im Advent, erklärt Norbert Menzel, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Herne-City. Allerdings befürchte er, dass die Entscheidung mit verschiedenen Bedingungen verbunden sei. „Wenn das jedoch einfach so geht, dann wäre das natürlich sehr gut.“ Bisher traue er „dem Braten“ jedoch nicht. Von den inhabergeführten Geschäften bekomme er die Rückmeldung, dass sich solche Sonntage lohnten, für Ketten hingegen eher weniger. Grundsätzlich würde Menzel es begrüßen, wenn die Herner Innenstadt auch an Sonntagen belebter sei.

Das sagt die Werbegemeinschaft Wanne-Mitte

Auch in Wanne lockten verkaufsoffene Sonntage viele Menschen in die Fußgängerzone der Hauptstraße (hier ein Archivbild).
Auch in Wanne lockten verkaufsoffene Sonntage viele Menschen in die Fußgängerzone der Hauptstraße (hier ein Archivbild). © Ralph Bodemer

Dadurch, dass durch die Corona-Pandemie einige verkaufsoffene Sonntage ausfallen mussten, sei es wichtig, dass es nun wieder die Möglichkeit für die Händler gebe, auch sonntags zu öffnen. „Ich finde es gut, wenn es da eine klare Regelung gibt“, sagt Jens Rohlfing, Vorsitzender der Wanner Werbegemeinschaft. Die Situation in den Innenstädten könne durch diese Entscheidung deutlich entzerrt werden. „Dass vier der geplanten fünf Sonntage vor Heiligabend liegen, ist schon sehr hilfreich im Weihnachtsgeschäft“, betont Rohlfing.

Das sagen Einzelhändler

Nele Reiter von Reiter Fashion in der Herner Innenstadt ist prinzipiell immer für verkaufsoffene Sonntage. „Wir begrüßen die Entscheidung sehr“, sagt sie. Sie finde es schade, dass die verkaufsoffenen Sonntage weggefallen seien, denn „sonntags herrscht immer eine schöne Atmosphäre im Laden“. Und das sähen auch ihre Mitarbeiter so. Durch diese Aktionen habe sie vor allem Kunden aus anderen Städten gewinnen können, so Reiter. Das Geschäft habe sich nach dem Lockdown allmählich wieder eingespielt, aber trotzdem freue sie sich immer über neue und alte Kunden.

Buchhändlerin Elisabeth Röttsches steht der Entscheidung skeptisch gegenüber. „Das kann nicht die Lösung sein.“ Der Einzelhandel stünde ohnehin bereits unter Druck, da helfe es niemandem, auch noch am siebten Tag in der Woche die Geschäfte zu öffnen. Auch unabhängig von Corona könne dies nicht die Antwort auf den Online-Handel sein, betont sie. Statt noch häufiger zu öffnen, müssten sich die Geschäfte eher anders aufstellen, um die Kunden anzulocken, sagt Röttsches.

Das sagt die Landespolitik

Der FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Nückel begrüßt die Entscheidung „seiner“ Regierung.
Der FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Nückel begrüßt die Entscheidung „seiner“ Regierung. © FDP

„Das ist die richtige Maßnahme“, erklärt der Herner FDP-Landtagsabgeordnete Thomas Nückel. Die Entscheidung der schwarz-gelben Landesregierung helfe nicht nur Einzelhändlern, sondern erhöhe in Corona-Zeiten auch die Sicherheit. Die zusätzlichen offenen Sonntage würden zu einer Entzerrung und zu weniger Schlangen vor Geschäften führen. Nückel lobt bei dieser Gelegenheit die Disziplin der Kunden - auch in Herne: „Es ist irre, wie geduldig und diszipliniert sich die Menschen in die Schlangen stellen.“ Ohne eine Entzerrung vor Weihnachten drohten auch weitere Kaufkraftabflüsse zu Amazon und Co.

Jenseits der aktuellen Debatte regt der Landtagsabgeordnete eine grundsätzliche Diskussion über Sonntagsöffnungen an. Die derzeitigen Regelungen seien nicht mehr zeitgemäß - nicht nur aufgrund des sich veränderten Einkaufsverhaltens der Menschen: Die Sonntagsschutzregeln stammten noch aus der Weimarer Republik. Der SPD-Landtagsabgeordnete Alexander Vogt war für die WAZ nicht zu erreichen.

Das sagt die Gewerkschaft

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Wird Verdi gegen den Erlass des Landes klagen? Anders als bei den bisher vom Rat beschlossenen verkaufsoffenen Sonntagen in Herne und Wanne-Eickel ist hier nicht der Verdi-Bezirk Mittleres Ruhrgebiet zuständig. „Das wird bei uns zentral entschieden“, sagt Daniela Arndt, die neuerdings verantwortliche Verdi-Sektretärin für den Bereich Handel im Mittleren Ruhrgebiet ist. Die Entscheidung stehe noch aus.

Die Dienstleistungsgewerkschaft lehnt Sonntagsöffnungen bekanntlich ab und hat schon häufig erfolgreich gegen Sonntagsöffnungen in den Kommunen geklagt - so zuletzt 2017 auch in Herne. Damals hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen vom Einzelhandel beantragte und vom Rat genehmigte offene Sonntage zunächst im März in Wanne und dann im Mai in Herne-Mitte gekippt.

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