Herne. Elf Künstler und Künstlerinnen der Region setzen sich mit dem Auto auseinander: „we don’t pray for love - we just pray for cars“ an zwei Orten.
Nach Monaten rein digitalen Geschehens meldet sich der Alte Wartesaal im Herner Bahnhof zurück mit einer Ausstellung, die am Freitag sogar „live“ eröffnet wird. Zusammen mit dem Kreativquartier Wanne / Hallenbad lädt der junge Veranstaltungsort des Emschertalmuseums ein zur Auseinandersetzung mit dem Auto in der Kunst. Elf zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler aus dem Ruhrgebiet zeigen unter dem Titel „we don’t pray for love - we just pray for cars“, was ihnen zum Statussymbol der Deutschen in Zeiten der Mobilitätsdiskussion einfällt.
Autobahnkreuze als Bodeninstallation
Gleich beim Betreten des Wartesaals zieht eine großflächige Bodeninstallation von Philipp Valenta den Blick auf sich. „Cloverfield II“, verdankt seinen Titel der häufig kleeblattartigen Anordnung der Fahrspuren in Autobahnkreuzen. Diese Kleeblätter zeichnet Valenta auf Stahlplatten mit dem Abrieb von Kohlepapier nach. Topografisch exakt bildet die Arbeit alle Autobahnkreuze zwischen „Marl-Nord“ und „Wuppertal-Nord“, „Kamp-Lintfort“ und „Unna-Ost“ ab. Im „Relief des Ruhrgebiets“ (Valenta) ist bei genauem Hinsehen auch das Herner Kreuz auszumachen.
Einen witzigen Ansatz hat Jonas Hohnke. Seine seit 2014 entstandenen „Selbstportraits“ sind Blitzerfotos. Der Künstler selbst ist es, der von Radarmessgeräten in typisch unscharfer Schwarz-weiß-Optik am Steuer fotografiert worden ist - mal mit Kappe, mal mit Mütze, lachend, rauchend, sich am Kopf kratzend.
Nicht erkennbar sind dagegen die Autofahrer in der Videoarbeit von Johanna Terhechte, „Zeugen eines Unfalls“. Was genau passiert ist, bleibt offen. Zu sehen sind lediglich Ausschnitte von Fahrzeugen, inklusive trommelnder Finger und anderer Gesten der Ungeduld.
Vielfalt künstlerischer Positionen
Es ist die Vielfalt der künstlerischen Positionen, die diese Ausstellung sehenswert macht. Allein die fotografische Annäherung an das Auto gelingt in ganz unterschiedlicher Weise. Verblüffend etwa die vielen Fahrzeuge in der einstigen Modefarbe Rot, die Remco Reijenga nebeneinander parkend und fahrend entdeckt hat, während Michaela Kersten durch Spiegel an einem Essener Autobahnkreuz verschiedene Blickachsen öffnet („Freiheit / Unter den Helbingbrücken“) und Manfred Rieger für „das AUTO, mein AUTO, unser AUTO“ zwei Monate lang täglich sein eigenes auf der Straße abgestelltes Auto fotografiert hat.
Malerei bleibt Ausnahme
Neben Fotos und Installationen bleibt die Malerei die Ausnahme. Pauline Diercks hat sich von Fotografien aus dem Familienalbum inspirieren lassen. In „Auto 1“ reparieren drei Männer am Straßenrand ein Fahrzeug - immer noch eine Männeraufgabe. Auch Rollenklischees lassen sich am Thema also aufdecken.
Kuratiert hat die Ausstellung der Kunsthistoriker Roger Rohrbach aus Herne zusammen mit Maren Ullrich. Die beiden Ausstellungsverantwortlichen haben gezielt nach Künstlerinnen und Künstlern mit Bezug zum Ruhrgebiet gesucht und dabei sowohl etablierte wie junge Künstler berücksichtigt, die sie an den Akademien fanden oder durch vorhergehende Projekte kannten. Ein explizit kritischer Ansatz gegenüber der Automobilität sei dabei nicht gefragt gewesen, sagt Rohrbach.
Eröffnung und Öffnungszeiten
Die Ausstellung „we don’t pray for love - we just pray for cars“ wird am Freitag, 18. September, im Alten Wartesaal im Herner Bahnhof eröffnet. Sie kann in drei Zeitfenstern besucht werden: 18.30 Uhr, 19.15 Uhr, 20 Uhr.
Eine Anmeldung ist dafür erforderlich unter wartesaal@herne.de oder 02323 162611.
Die Ausstellung im Kreativquartier Hallenbad, Heinestraße 1, wir ab 19 Uhr geöffnet sein.
Öffnungszeiten an beiden Orten: 19. September bis 16. Oktober, do-sa 16-20 Uhr und so 14-18 Uhr.
Führungen am 27. September, 15 Uhr, und 15. Oktober, 19 Uhr, an beiden Orten. Anmeldung: wartesaal@herne.de und wejustprayforcars@gmx.de.
Vom fertigen Ausstellungskonzept ließen sich Katrin Lieske (Wartesaal) und Stefanie Thomczyk (Hallenbad) gern überzeugen. Sie sehen in der gemeinsamen Ausstellung einen weiteren Baustein zur Aufwertung beider Innenstädte. Ein Besuch der beiden zentralen Orte ohne Auto bietet sich an: Vom Herner Bahnhof bis zur Heinestraße in Wanne sind es per S-Bahn und Fußweg nicht mehr als 18 Minuten.
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