Herne. „Fair statt mehr“ ist das Thema der Fairen Woche. Markus Heißler (Eine Welt Zentrum Herne) erklärt, warum fairer Handel gerade jetzt wichtig ist.

„Fair statt mehr“ ist das Thema der 20. Fairen Woche, die am Freitag, 11. September, gestartet ist. Markus Heißler vom Eine Welt Zentrum Herne erklärt, warum der faire Handel so wichtig ist und was jeder Einzelne tun kann.

Warum ist fairer Handel wichtig?

Fairer Handel ist deshalb so wichtig, weil es einfach zu viel unfairen Handel gibt. Der faire Handel setzt sich dafür ein, dass die Welthandels- und Weltwirtschaftsbeziehungen fairer und nachhaltiger gestaltet werden. Das langfristige Ziel ist, dass wir gar kein eigenes Label für fairen Handel mehr brauchen, sondern das tatsächlich Wirtschaftsbeziehungen so sind, dass jeder Partner davon gut leben kann.

Wie sind die Bedingungen der Produzenten?

Zum einen sind viele Länder im Lockdown gewesen oder sind es teilweise noch. Auf Kaffeeplantagen werden viele Erntehelfer gebraucht. Die haben Schwierigkeiten, in die Anbaugebiete zu kommen. Umgekehrt ist es schwierig, weil die Transportwege ins Ausland teilweise unterbrochen sind. Die Kunsthandwerker haben das Problem, dass Werkstätten geschlossen waren. Zudem konnten Handelshäuser aufgrund begrenzter Lagerkapazitäten Produkte nicht in großer Menge abnehmen, weil der Einzelhandel ja hier auch geschlossen war.

Wird nur außer Landes verkauft?

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Unsere Kooperative, die den Herner Kaffee produziert, vertreibt beispielsweise zehn Prozent ihres Kaffees im Inland über große Hotels. Der Tourismus ist weitestgehend eingebrochen, so dass da Ausfälle sind. Das gilt auch für andere. Südafrika ist ein großer inländischer Markt für Fairhandels-Produzenten, der existiert aktuell nicht mehr. In vielen Entwicklungsländern wird die Gesundheitskatastrophe überlagert von der Wirtschaftskatastrophe.

Wie entwickelt sich der faire Handel?

Auch beim Kauf von neuer Kleidung kann man auf Bio- und Fair-Trade-Label achten, sagt Markus Heißler.
Auch beim Kauf von neuer Kleidung kann man auf Bio- und Fair-Trade-Label achten, sagt Markus Heißler. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Bis 2019 gab es sehr gute Zuwächse im zweistelligen Bereich. Viel mehr Menschen kaufen fair gehandelte Produkte. In Herne liegen wir bei einer Pro-Kopf-Ausgabe von 25 Euro pro Jahr, das sind insgesamt ungefähr 3,9 Millionen Euro.

Gibt es Unterschiede, ob ich im Discounter oder im Weltladen kaufe?

Ja. Man kann sagen, dass das Fairtrade-Siegel ähnlich wie das Biosiegel ist. Es setzt die Mindeststandards. Die gelten überall, ob Sie im Discounter oder im Weltladen kaufen. Im Weltladen ist der Kontakt mit den Produzenten enger und transparenter. Häufig bieten Fair-Handelsorganisationen den Produzenten dort noch bessere Preise. Viele Produkte aus dem Bereich Kunsthandwerk gibt es fast nur in Weltläden.

Auf welches Siegel muss ich achten?

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Das bekannteste ist das Fairtrade-Siegel, das man auch in Supermärkten und Discountern findet. Für Handwerksprodukte gibt es das Siegel der Weltfairhandelsorganisation (WFTO). Außerdem gibt es die GEPA als ältestes Fair-Handelshaus in Deutschland oder El Puente und DWP.

Wie kann ich fair einkaufen?

Für den Bereich Mode ist zum Beispiel unser Heft „Buy Good Stuff“ ein guter Leitfaden. Im alltäglichen Einkauf kann ich auf Bio- und Fair Trade-Label achten. Dann ist man auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

Ist es eine Geldfrage, ob man Fair Trade unterstützen kann?

Zur Person

Markus Heißler arbeitet seit 2000 als Eine-Welt-Promotor für das mittlere Ruhrgebiet. Der 57-Jährige ist verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Duisburg. Er ist Religionspädagoge und Politikwissenschaftler und befasste sich bereits im Studium mit Entwicklungspolitik.

„Die Schreibweise Fairtrade wird verwendet, wenn das (Transfair-) Siegel gemeint ist. Die Schreibweise Fair Trade steht für Fairen Handel allgemein, das meint dann das Fairtrade-Siegel, aber auch alle anderen Aktivitäten der Fair-Handelsorganisationen, wie Gepa El Puente etc.“, erklärt Heißler.

Es gibt bei manchen Produkten schon einen Preisunterschied. Auch beim Kaffee, wobei: Wenn man das auf die Tasse umrechnet, sind es zwei, drei Cent. Wenn der komplette Einkauf fair und bio ist, bezahlt man natürlich mehr. Aber letztendlich sind die Produkte vom Preis her nicht so weit auseinander wie früher. Jeder kann einen Teil beisteuern. Es wird oft kritisiert, dass einzelne Bauern nicht von Fair Trade profitieren. Im landwirtschaftlichen Bereich wird versucht, mit Genossenschaften zu arbeiten. Ein Kleinbauer hätte gar nicht die entsprechende Erntemenge. In so einer Genossenschaft ist die Unterstützung und eine Infrastruktur für die Verarbeitung da. Was einer nicht schafft, schaffen viele gemeinsam – ist die Idee dahinter. Die Genossenschaften nehmen Kontakt mit den Fair-Handelsgesellschaften auf. Ziel ist, einen möglichst hohen Anteil ihrer Produkte zu Fair Trade-Bedingungen zu verkaufen. Das gelingt bis heute nicht allen. Manche können nur 50 Prozent darüber absetzen, der Rest geht über den Weltmarkt zu wesentlich schlechteren Bedingungen.

Wie steht es mit Wanderarbeitern?

Fairen Handel gibt es auch in Plantagen. Aber es ist ein etwas anderes System, weil es Angestellte und Besitzer gibt, während bei den Genossenschaften alle Teilhaber sind. In der Vergangenheit hatte man nicht immer im Blick, dass dort auch Wanderarbeiter beschäftigt sind. Deshalb versucht man, diese Kriterien nachzuschärfen.

Es gibt also Schwachstellen?

Es ist kein perfektes System. Wenn es berechtigte Kritik gibt, wird versucht, die Umstände zu ändern. Das Gute ist, dass das System nicht nur von Fair-Handelsgesellschaften im Norden getragen wird, sondern dass die Produzenten in Asien, Lateinamerika und Afrika das gleiche Stimmrecht haben.

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