Herne. Warum gab es zuletzt so viele Corona-Neuinfektionen in Herne? Minister Laumann hat eine Theorie, OB Dudda kontert. Der Blick auf die Zahlen.
Die Nachricht sorgte am Mittwoch für Aufruhr, und die Aufregung hallt nach: Seitdem das RKI Herne am Mittwoch bei der bundesweiten Rangliste der meisten Coronavirus-Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen ganz vorne sah, hat sich auch NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann zum Infektionsgeschehen in der Ruhrgebietsstadt geäußert.
Er wies auf den Zusammenhang von Infektion und dichter Besiedlung hin. In NRW lebten 526 Einwohner pro Quadratkilometer, im Ruhrgebiet seien es schon über 1150 und in Herne mit der derzeit hohen Corona-Rate sogar rund 3040. Zudem gebe es keine Freiflächen im Umland der Stadt, was zu der hohen Zahl der Neuinfektionen führe, so Laumann.
Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda kritisiert diese Aussage mit deutlichen Worten: „Die Zusammenhänge, die von Minister Laumann gezogen werden, sind wirklich unfassbar. Unsere Fallinzidenz, also die Zahl der Fälle auf 100.000 Einwohner, liegt mit 263,1 weit unter dem NRW-Schnitt von 308,8 – und auch deutlich unter dem Bundesschnitt von 273.“ Dank des großen Engagements aller Akteure in der Stadt habe die Stadt mit fünf Todesfällen eine der niedrigsten Mortalitätsraten. Von den 57 neuen Fällen, die in den vergangenen Tagen gemeldet wurden, seien 68,4 Prozent Reiserückkehrer.
Hernes OB Dudda lädt Laumann ein: soll sich „ein Bild machen“
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„Diese Hernerinnen und Herner haben sich also nicht in Herne infiziert und stehen somit in keinem Zusammenhang mit einem lokalen Infektionsgeschehen – wie es Herr Laumann zu glauben scheint“, so Dudda. „Was uns vielmehr beschäftigt hat, war, dass Bund und Land über Wochen ihre Hausaufgaben in Sachen Reiserückkehrer nicht gemacht haben.“
Auch Fehler, die Bayern bei der Meldung infizierter Reiserückkehrer unterlaufen seien, hätten Eingang in die Statistik gefunden. „Vor diesem Hintergrund nun eine solche These, also den Zusammenhang zwischen Fläche, Bevölkerungsdichte und Infektionszahlen aufzustellen, wie es Minister Laumann getan hat, halte ich für mehr als gewagt“, so der Oberbürgermeister.
Durch diese Äußerungen werde die zum Teil ohnehin schon „überdrehte“ mediale Diskussion nur noch angeheizt. „Meiner Meinung nach gehört es sich nicht, anscheinend ohne vertiefte Kenntnisse der Lage vor Ort mit solchen Äußerungen die Menschen noch stärker zu verunsichern. Aber ich lade Herrn Laumann gerne ein, sich in Herne ein Bild vom disziplinierten Verhalten der Bürgerinnen und Bürger zu machen.“
7-Tage-Inzidenz in Herne von 32,6 auf 21,3 gesunken
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Mittwoch noch deutschlandweit an der Spitze der Sieben-Tage-Inzidenz für die Neuinfektionen, ist Herne am Donnerstag mit einem Wert von 32,6 auf den zweiten Platz gerutscht. Zum Freitag ist der Inzidenzwert dann deutlich gesunken: auf 21,3.
NRW-weit hat Duisburg nun die höchste Sieben-Tage-Inzidenz (25,3), bundesweit liegt Offenbach seit Tagen auf dem unrühmlichen Spitzenplatz; am Freitag ist der Wert auf 52,0 geklettert.
Fünf neue Corona-Infektionen hat die Stadt Herne seit Donnerstag registriert, drei davon seien Reiserückkehrer. Aktuell seien 62 Menschen infiziert, drei von ihnen befänden sich im Krankenhaus, teilte die Stadt am Freitagvormittag mit. Insgesamt zählte Herne seit Beginn der Pandemie demnach bei 431 Bürgern eine Infektion mit Covid-19. 364 Herner gelten als genesen, fünf sind gestorben.
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