Peer Gynt im Herner Park: ein eindringliches Theatererlebnis
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Herne. Ein Bühnenklassiker, drei Theatergruppen und ein ungewohnter Aufführungsort: Wie „Peer Gynt“ im Herner Schlosspark inszeniert worden ist.
Peer Gynt ist ein Lügner, ein Verführer, ein Rastloser, eben ein Suchender. Seine Geschichte ist am Freitagabend im Schlosspark von gleich drei Theatergruppen inszeniert worden. Sie stellten sich der Mammutaufgabe, das gleichnamige Nationalgedicht des Norwegers Henrik Ibsen gelöst von einer umrahmenden Theaterbühne zu erzählen.
Es beginnt mit Peer Gynt selbst, einem jungen Mann, lauthalsig und mit Bierkanne am Anschlag von Gareth Charles porträtiert, der sich unter Regie von Manuel Moser (Theater Kohlenpott) von seinen fantastischen Lügenmärchen so weit selbst überzeugen kann, als das sein ausladender Eskapismus ihn unweigerlich in euphorischen Wahn verfallen lässt.
Zuschauer durchlaufen Gynts Lebensphasen
Seine Mutter als Chor aus zehn Darstellerinnen und Darstellern redet ihm dabei mit dem Mantra „Lügenprinz“ ins Gewissen und lässt seine Sorglosigkeit aus den Gesichtszügen immer wieder entgleiten. Über eine Hochzeitsgesellschaft und Ausflucht in die Berge begleiten die Zuschauer ihn dabei gleich der literarischen Vorlage durch drei Lebensphasen, welche sie in der Parklandschaft buchstäblich durchlaufen und sich neben der komplexen Sprache einem sich wandelnden Peer Gynt gegenübersehen.
Das Stück zerfällt dafür in dynamische Interaktion von Nebendarstellern als Wegbegleiter, welche auf den stummen Zeugen Zuschauer einreden, ehe sie in der nächsten Station in klassisches Spiel zurückfallen, wo Büsche, Wiesen oder Gewässer als Bühnenbild herhalten. Im nächsten Kapitel, zeigt sich Rolf Dennemanns Peer Gynt, verkörpert von Leander Gerdes als herangereifter Mann, der es inzwischen über unmoralischem Wege zu einigem Reichtum gebracht hat und seinen Größenwahn, umgeben von kindlichen Allegorien in geisterhaften Gewändern, freien Lauf lassen kann.
Kernloser Charakter versinkt im Ententümpel
Mit erhobener Stimme zieht Leander Gerdes vom artscenico Dortmund nicht bloß die Aufmerksamkeit seiner stummen Wegbegleiter auf sich. So manch ein Parkbesucher kann sich seiner lebhaft ausgefüllten Rolle mit überaus starker Gestik nicht entziehen. Die Zwiebel als Sinnbild seines zwar vielschichtigen, jedoch kernlosen Charakters versinkt schließlich im schlackigen Wasser eines Ententümpels – Peer Gynts Reise in die Heimat läutet den Beginn des Endes ein.
Theater Kohlenpott Herne inszeniert Peer Gynt - im Park
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Camilla Mücksch, Dyana Krupezki und Henk Buchholz des Rottstr5-Theaters aus Bochum sind jetzt er und müssen in seiner aufgespaltenen Persönlichkeit zu der Erkenntnis gelangen, niemals er selbst gewesen zu sein. Das setzt - unter Regie von Matthias Hecht - als pulsierender Fiebertraum zwischen Wahn und trauriger Wirklichkeit einen mächtigen Schlusspunkt. Ein zweistündiges Stück, an dessen Ende ein jeder nach einem im Zeitraffer durchschrittenen Leben die Bilder so schnell nicht mehr aus dem Kopf bekommen wird.
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