Herne. Bandfusion in der Corona-Krise: Das geht. Draußen, mit Abstand und viel Liebe in den Texten. Wenn nur der Regen über Herne nicht gewesen wäre.
Alles beim Alten – und doch völlig anders: So hat sich die Corona-Ausgabe von Bandfusion am Samstag (fast) in Herne unbeeindruckt von Naturgewalten präsentiert. Der Spagat zwischen Musikkonzert und Abstandsregel funktionierte.
Bandfusion, das wohl bedeutendste Mikrofestival der Region, blieb sich am Samstagabend beim Kultur-Open-Air vor den Flottmann-Hallen im Kern treu und ließ einer Hand voll Musikern jeweils die eine berühmte Viertelstunde Ruhm – vorausgesetzt natürlich, der Sound konnte beim Publikum landen. So weit, so bekannt, machten die Veranstalter des Rockbüros in Kooperation mit den Flottmann-Hallen und der Stadt Herne aus den notwendigen Abstrichen eine Tugend und gaben dem Ganzen den charmanten Untertitel „Limited Edition“.
Frére zupfte träumerische Akkorde in den Wind
Das bedeutete: nur fünf Künstler, zumeist mit akustischer Gitarre behangen und keine mehrgeschossigen Schlagzeug-Bauten und/oder Verstärkertürme, für die auf der kleinen Bühne auf der Wiese ohnehin der Platz gefehlt hätte. Unter diesen Voraussetzungen machte Phillip Artmann den Anfang und musste sich doch erst durch technische Probleme wuseln, ehe er in seinen Liedern die Sorglosigkeit zwischen immer schneller tickenden Uhren thematisierte.
Wie auch er von der Liebe sang, hat die Schlager-Kapelle „Vadda sein Sohn“ dies leidige Thema gleich zu ihrer Herzensangelegenheit erklärt und kam dabei mit ulkigem Trash um die Ecke. Da wippten die Hände, und dann war da plötzlich ein weiteres Bandmitglied – eine aufgeblasenen Gummipuppe –, die sich als die gute Fee als Dame der Nacht herausstellte, so triefend kitschig besungen, dass es eine wahre Freude war.
Auch interessant
Nach all der guten Laune fuhr der Liedermacher Frére die Stimmung wieder runter und nuschelte zwischen seinen Stücken in die vom Regen gelichteten Stuhlreihen. Doch die zarte Künstlerseele weiß, seine Gitarre zu bedienen und zupfte träumerische Akkorde in den Wind, die von den verbleibenden Zuhören mit Applaus dankend entgegengenommen wurden. Mit bierfreudigen Metallern aus dem EMP-Katalog ging er dabei äußerst souverän um und sicherte sich so noch ein paar zusätzliche Sympathiepunkte. Auch Nachfolger Dave sang über die Liebe, vorzüglich über die verflossene und verlor sich dabei nicht in besonders dichterischer Finesse.
Eigentlich sollte der Regen dann aufhören, doch der Regenradar machte seinen Job eher schlecht als recht, und so stand Headliner Janou zwar im Trockenen, ihr begeistertes Publikum jedoch musste unter Regenschirmen zuhören. Was da aus der Sängerin hervorbrach, hatte echt Substanz. Da kam nicht nur einfach ein weiteres Liebeslied.
Auch interessant