Herne. Das Herner Busunternehmen Graf fordert einen Rettungsschirm für die Branche. Nach drei Monaten Stillstand sei die Lage äußerst prekär.
Als am Mittwoch Busunternehmen aus ganz Nordrhein-Westfalen ihre Fahrzeuge auf den Rheinwiesen zu einem überdimensionalen SOS rangierten, war auch Graf’s Reisen dabei. Allerdings nicht als Teil der Buchstaben. Eine Kolonne der gelben Reisebusse fuhr laut hupend über die Rheinknie-Brücke, um auf die prekäre Lage aufmerksam zu machen. Anja Graf schilderte im Gespräch mit der WAZ-Redaktion, wie es um das Unternehmen bestellt ist.
Manchmal sieht man einen Graf’s-Bus auf den Straßen - als Dienstleister für den ÖPNV. Der Rest der Fahrzeuge steht aufgereiht auf dem Betriebsgelände in Röhlinghausen. Ob Schulbusverkehr, Fahrten für Flixbus und natürlich alle selbst veranstalteten Busreisen: Alle wesentlichen Standbeine des Unternehmens sind weggebrochen. Von den rund 180 Fahrern sei der größte Teil seit März in Kurzarbeit, so Graf. Die allermeisten Busse seien bei der Versicherung abgemeldet worden, um Kosten zu sparen (die Fahrt nach Düsseldorf erfolgte mit Ausnahmegenehmigung). Aber die Kredite für die Anschaffung müssen weiter bedient werden.
Die meisten Busse sind bei der Versicherung abgemeldet worden
Im Vergleich zum Vorjahr ergebe sich für den Zeitraum von März bis Ende August durch die abgesagten Reisen und die nicht mehr neu buchenden Reisegäste eine Zahl von insgesamt über 27.500 fehlenden Reisegästen. „Und diese Zahl steigt mit jedem Tag massiv an, dem wir keine Busreisen durchführen dürfen“, so Anja Graf.
Im März sei die Einschätzung gewesen, dass man drei Monate mit einem Umsatz nahe Null überleben kann, „doch diese drei Monate sind jetzt um“, so Graf. Die Kritik der Demo richtete sich gegen die Politik, weil diese der Branche keinerlei Zeithorizont eröffne, wann es wieder losgehen könnte.
Abstandsregel und reduzierte Hotelkapazität bereiten Schwierigkeiten
Die Demo fand zwar in Sichtweite des Landtags statt, doch Graf macht klar, dass eine isolierte NRW-Regelung nicht weiterhelfe. „NRW allein hilft nicht, wenn ich nicht nach Hessen oder Rheinland-Pfalz fahren darf“, sagt sie. Doch Grafs Problem ist viel größer. Denn die Reisen des Röhlinghauser Betriebes führen auch in alle deutschen Nachbarstaaten.
Selbstverständlich haben die Busunternehmer längst Hygienekonzepte entwickelt. Eine Tücke seien die 1,50 Meter Abstand. So könnten die Busse nicht ausgelastet werden. Außerdem könne das Unternehmen nicht mehr so flexibel auf Buchungen reagieren. War eine Reise gut gebucht, kam eben ein größerer Bus zum Einsatz. Hürden für die Auslastung kommen auch von einer anderen Seite: Hotels reduzieren ihre Kapazität und haben Graf schon Buchungsstopps mitgeteilt. Auch deshalb würden die Busse nicht voll.
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Für Anja Graf ist klar: Die Branche braucht Zuschüsse, also einen größeren Rettungsschirm, um die Krise zu überstehen.