Herne. Die Grundschulen bilden derzeit die Klassen für die künftigen Erstklässler - ohne diese zu kennen. Schulleiter erwarten „holprigen Schulstart“.

Die Vorschulkinder dürfen in dieser Woche zurück in die Kitas. Die meisten von ihnen fiebern bereits ihrer Einschulung entgegen. Doch der Wechsel zur Schule wird für diese Kinder viel schwieriger als gewohnt. „Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule ist immer schwierig“, sagt Schulleiterin Gabriele Schlemminger von der Europaschule an der Königstraße. „Aber ich denke, dass der Schulstart in diesem Jahr noch holpriger sein wird.“

Denn in den vergangenen Jahren hätten die Grundschulen und Kindergärten zunehmend kooperiert, um den Vorschulkindern schon vor dem ersten Schultag regelmäßige Besuche in der Schule zu ermöglichen: Spielenachmittage, Vorlese- oder Schnuppertage. Alles fällt dieses Jahr aufgrund der Corona-Pandemie aus. „Ich glaube, dass die Kinder in den letzten Jahren mit mehr Selbstbewusstsein zur Schule gekommen sind“, sagt Gabriele Schlemminger. Dieses Jahr werde „die Unsicherheit sehr viel größer sein“.

Herne: Schulen müssen Klassen bilden, ohne Kinder zu kennen

Auch die Arbeit der Schulen wird deutlich schwieriger: „Wir müssen gerade Klassen bilden, ohne dass wir die Kinder gesehen haben“, bedauert Monika Müller, Schulleiterin der Grundschule Kunterbunt in Herne-Mitte. Normalerweise würden die Vorschulkinder jetzt in den letzten Wochen vor den Sommerferien jeden Mittwoch mit ihren Eltern für zwei Stunden in die Schule kommen, um alles kennenzulernen. „Seitdem wir das machen, weint kein Kind mehr bei der Einschulung“, sagt Müller. In diesem Jahr fällt das weg.

Auch interessant

Und wie werden die Klassen gebildet? Sie gingen erstmal von Schulklassen in Normalgröße aus, die gegebenenfalls je nach Corona-Vorgaben nach den Ferien kurzfristig nochmal halbiert würden, so Müller. Sie könnten zudem auf ein ausgewogenes Verhältnis von Jungen und Mädchen achten, wenn möglich Freunde zusammenlassen, viel mehr gehe dieses Jahr nicht.

Rückkehr der Vorschulkinder in die Kitas wichtig

Gabriele Schlemminger und die Lehrer an ihrer Schule haben erst die Hälfte der insgesamt 75 Erstklässler gesehen, für die an ihrer Schule im August ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Die Zusammensetzung, die nie ganz leicht ist, werde in diesem Jahr „sehr schwierig“. Mit einer Entbindung der Schweigepflicht durch die Eltern holen sie sich jetzt Informationen bei den Kitas ein - etwa welche Kinder befreundet sind und welche besser nicht in eine Klasse sollten.

Auch interessant

Dass die Vorschulkinder nun nochmal zurück in die Kindergärten dürfen, befürwortet sie. „Es ist sehr wichtig, nach so langer Zeit zuhause nochmal eine Routine zu bekommen und altersgerechte Kontakte“, sagt Gabriele Schlemminger. „Man sollte auf keinen Fall unterschätzen, wie wichtig diese Vorbereitung für die Kinder ist.“

Corona-Virus: Keine normalen Einschulungsfeiern im Sommer

Sollten Abstands- und Hygieneregeln in dieser Form auch nach den Ferien noch bestehen, kommen die i-Dötzen in ein belastetes Umfeld. Kontakte zu den anderen Kindern aufzunehmen, sei unter diesen Umständen schwierig, da jedes Kind an seinem Platz bleiben müsse und die Kinder nicht miteinander spielen dürften, so Gabriele Schlemminger. Auch Pausen gebe es derzeit keine. „Das wäre natürlich kein schöner Start, sollte es nach den Ferien so bleiben.“ Vorteile sähe sie jedoch in der kleineren Klassengröße.

Auch Viertklässler betroffen

Alle schulischen Aktionen fallen bis zu den Sommerferien aus. Darunter leiden auch die Viertklässler, die keine Abschlussfahrten und -feiern machen dürfen.

Die Stadt hat derweil zusätzliche Anträge von Eltern auf Rückstellung ihres Kindes bekommen. Eigentlich waren die Prüfungen von Rückstellungen bereits durch, sagt Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini. Nun prüft die Stadt einzelne Fälle, bei denen Eltern aufgrund der Kita-Schließung im Zuge der Corona-Pandemie Nachteile für ihr Vorschulkind sehen. Andrea Christoph-Martini betont in diesem Zusammenhang aber nochmal, dass Rückstellungen nur aus erheblichen medizinischen Gründen möglich sind.

Und was ist mit der Einschulung? Die Schulleiterinnen glauben alle, dass die Einschulung nicht verschoben wird. Da das Ministerium immer nur sehr kurzfristig die Schulen informiere, plant die Katholischen Grundschule an der Bergstraße „jetzt erstmal einen relativ normalen Schulstart“, sagt Schulleiterin Meike Blind. „Wir wissen aber noch nicht, ob und wie die Einschulungsfeier stattfinden kann“, sagt sie.

Monika Müller von der Grundschule Kunterbunt überlegt: „Vielleicht feiern wir die Einschulung klassenweise, um es wenigstens ein bisschen schön zu machen.“ Die Europaschule hat alle Eltern informiert, dass keine Einschulungsfeier stattfinden könne. Auch könnten mit anderen Jahrgängen an den wenigen Tagen, die sie in der Schule sind, keine Vorführungen eingeplant werden. Dennoch überlegt Gabriele Schlemminger, ob vielleicht in kleinen Gruppen und mit jeweils nur einem Elternteil, eine Begrüßung stattfinden könnte – vielleicht in der Turnhalle. „Wir werden alles tun, damit es für die Kinder ein besonderer Tag wird.“