Herne. Einnahmen fallen weg, Ausgaben bleiben. Warum das Tierheim Herne-Wanne schwierige Zeiten erlebt, erklärt Wolfgang Scheibel im Samstagsinterview.

Die Finanzierung des Tierheims Herne-Wanne ist auch ohne die Corona-Krise eine Herausforderung. Wolfgang Scheibel vom geschäftsführenden Vorstand hat mit der WAZ über die aktuelle Situation gesprochen und darüber, wie Hilfen aussehen könnten.

Wie erlebt das Tierheim die Krise?

Wir haben das Personal so aufgeteilt, dass ein Teil vormittags, ein Teil nachmittags da ist, damit sie sich nicht durchmischen. Damit waren auch alle einverstanden. Jetzt murren sie aber so langsam, weil sie dachten, dass dies nur vorübergehend nötig wäre. In einem Teamgespräch wollen wir den Dienstplan mit möglichst wenig Risiko umstricken. Die Vermittlung der Tiere läuft aktuell nur mit Termin, damit wir steuern können, wie viele Leute auf dem Gelände sind. Die Terminvergabe per Mail macht unheimlich viel Arbeit.

Wie ist das mit den Ehrenamtlern?

Wir haben keinen engen Kontakt hier, so dass unsere Stammgassigeher und Stammkatzenstreichler trotzdem kommen konnten. Allerdings haben wir keine neuen aufgenommen, um die Zahl klein zu halten.

Zur Person: Wolfgang Scheibel

Wolfang Scheibel ist 64 Jahre alt, lebt in Bochum, ist verheiratet und hat drei Kinder.

Groß geworden ist er praktisch im Tierpark und hat sich schon früh für den Tierschutz eingesetzt. Das erste Tier, dass er gepflegt hat, war ein Basstölpel.

Nach dem Physikstudium arbeitete Scheibel 25 Jahre lang als Lehrer, rief eine kleine Zeitung ins Leben und ging dann in die Forschung.

Seit 2009 engagiert er sich im Tierheim Herne-Wanne.

Das Tierheim ist komplett spendenfinanziert. Nun fallen aber zahlreiche Einnahmequellen weg...

Ob alles in diesem Jahr wegfällt, wissen wir noch nicht. Was bislang ausgefallen ist, können wir nicht wieder rausholen. Beim Aktionstag im Wertstoffhof haben wir im letzten Jahr 4000 Stück Kuchen verkauft, da kommen ein paar tausend Euro zusammen. Der Osterbasar wurde ersatzlos gestrichen, ebenso das Frühlingsfest. Für das Sommerfest im Juli erhalten wir aktuell keine Genehmigung von der Stadt Herne. Man weiß nicht, was sich bis dahin ändert. Ein bisschen hoffe ich noch. Mit der Cranger Kirmes gehen uns auch mehrere Tausender verloren.

Wolfgang Scheibel im Gespräch mit der WAZ.
Wolfgang Scheibel im Gespräch mit der WAZ. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Die finanzielle Lage ist also ein großes Problem?

Ja. Was uns zusätzlich ein sehr großes Loch in die Kasse reißt, ist der ausfallende Pensionsbetrieb. Die Osterferien sind komplett verloren, weil die Leute nicht in den Urlaub fahren durften, und für den Sommer haben schon einige ihre Anmeldungen zurückgezogen. Wir haben einen Jahresetat von etwas über 300.000 Euro, wovon Personal und Tierarzt schon über 200.000 Euro ausmachen. Das Geld muss irgendwo herkommen. Normalerweise finanzieren wir uns über die Veranstaltungen, den Pensionsbetrieb, die Tiervermittlung und Annahme. Das ist alles für sich gesehen nicht kostendeckend, aber in der Summe gesehen reicht es. Bislang sind wir immer irgendwie über die Runden gekommen.

Lässt sich das irgendwie auffangen?

Wir bekommen ein paar Spenden. Manche spenden beispielsweise ihr Geburtstagsgeld oder einige legen fest, dass sie bei ihrer Beerdigung keine Blumen möchten, sondern die Leute spenden sollen. Die meisten Spender denken aber immer erst an Futter. Unsere Futterkosten sind zum Glück extrem gering, weil wir viel gespendet bekommen. Was aber eigentlich wichtiger ist, sind die Dinge, die hohe Kosten verursachen, wie Tierarzt und Personal. Deshalb wäre es manchmal besser, wenn die Leute ihr Geld nicht im Geschäft ausgeben, sondern so spenden. Wir machen aktuell kleine Spendenaufrufe über Facebook und kleine Auktionen wie ,Pakete fürs Tier‘.

Gibt es denn keine Förderungen?

Was durch die Presse gegangen ist und leider falsch bei den Leuten ankommt, ist, dass die Tierheime über einen Landestopf 2000 Euro Futterspenden kriegen könnten. Was die Leute nicht wissen, sind die Voraussetzungen für diese Förderung. Man muss genau angeben, was man in diesem Zeitraum an Futterkosten hatte. Ich kaufe aber beispielsweise spezielles Futter für die Kaninchen schon Anfang des Jahres, weil ich bei der größeren Menge Sonderkonditionen bekomme. Da habe ich dann aber keinen Beleg für März und es ist damit nicht zuschussfähig. Das ist bei anderen Tierheimen ähnlich, deshalb haben viele gesagt, für 20 Euro machen wir nicht den ganzen Papierkram fertig. Das schlimmste ist, dass wir nicht wissen, wie lange die Krise noch dauern wird. Bislang ist noch kein Fördertopf in Aussicht, den wir anzapfen könnten.

Noch eine Frage zum Team: Sie suchen seit längerem einen Nachfolger für Vorstandsmitglied Fritz Pascher. Sind Sie fündig geworden?

Wir hatten uns das eigentlich so überlegt, dass ich ihn ablöse und jemand anders für mich nachrückt. Ein paar Leute sind bereit, sich in die Vorstandsarbeit einzuarbeiten. Aber so eine Übergabe macht man nicht mal eben so. Deshalb hat Fritz Pascher sich überlegt, noch zwei Jahre zu bleiben. Durch den Lockdown mussten unsere Wahlen ohnehin ausgefallen. Jetzt müssen wir sehen, wie es sich bis dahin entwickelt.