Herne. Eigentlich sollte das von Ehrenamtlichen geführte „Café Desaster“ längst geöffnet sein. Dann kam Corona - und dem Verein laufen die Kosten davon.

Einfach sein dürfen – egal ob reich oder arm, mit oder ohne Handicap, gesund oder krank: Das ist die Idee des gemeinnützigen Vereins „Café Desaster Begegnungsstätte“. Eigentlich wollten die Ehrenamtlichen das Café an der Mont-Cenis-Straße 26 nach den Osterferien eröffnen – doch die Coronakrise machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Nun laufen die Kosten. Wann sie starten dürfen, ist ungewiss.

Die Idee für das Café Desaster sei 2019 im Urlaub entstanden: „Wir arbeiten beide im pädagogischen Bereich und wissen, wo Bedarfe sind“, erklärt Nadja Mosch. Die 47-jährige Erzieherin arbeitet in einem Kinderheim. Freundin und Kollegin Inken Schell (50) ist Fachkrankenschwester für Psychiatrie und arbeitet an einer Förderschule. Beide engagieren sich ehrenamtlich in der „Pusteblume“ und wissen, wie groß die Einsamkeit vieler Menschen ist und wie froh sie über Orte sind, an denen sie einfach mal reden und sie selbst sein können.

Ein Treffpunkt für alle

Nadja Mosch, eine der Gründerinnen des Vereins
Nadja Mosch, eine der Gründerinnen des Vereins "Café Desaster" mit dem Café-Hund. Aufgrund der Corona-Krise darf das Sozial-Café bisher nicht öffnen. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

„Wir dachten, es wäre schön, wenn es einen Ort gäbe, wo sich alle treffen könnten, unabhängig von sozialer Herkunft oder finanziellen Mitteln.“ Getränke und Speisen soll es zum Selbstkostenpreis geben – Limo wird selber gemacht, auf Verpackungsmüll so weit wie möglich verzichtet. Auch ein Mittagstisch sei geplant. Für Vereinsmitglieder soll alles noch etwas günstiger sein. „Doch wie sollen wir aktuell Mitglieder werben, wo wir noch nichts zu bieten haben?“

Dabei lief nach einem etwas abrupten Start eigentlich alles gut: „Wir hatten die Idee zunächst wieder verworfen“, erklärt Nadja Mosch. Dann sah sie, dass das Ladenlokal des früheren „Café 26“ zu vermieten ist. „Wir waren so begeistert, dass wir direkt den Mietvertrag unterschrieben haben.“ Erst danach haben sie sich um die Vereinsgründung gekümmert. „Wir haben uns einfach reingestürzt in total falscher Reihenfolge“, sagt sie und lacht. So sei der Name entstanden: „Café Desaster“.

Unterstützung von Freunden und Familie

Erste Unterstützer fanden sie in Freunden und Familie. Aktuell hat der Verein zehn Mitglieder. Das Ladenlokal musste renoviert werden. Dazu haben die Engagierten private Gelder mobilisiert, Sparverträge gekündigt, Sparbücher geplündert. Aber sie erhielten auch unerwartete Hilfe: „Einer der Nachbarn hat ein Laminatstudio“, erzählt Inken Schell. Er habe die Frauen gefragt, was sie planen und fand die Idee gut. „Er bot an, Laminat in der Küche zu legen. Wir haben gesagt, dass wir das nicht bezahlen können und trotzdem stand er am nächsten Tag mit zwei Mitarbeitern hier und hat den Boden verlegt.“ Ähnlich sei es mit der Decke gewesen – hier hat ein Anstreicher spontan den Pinsel geschwungen.

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herne- fotograf zeigt unternehmer in der corona-kriseAuch ein Großteil der Möbel stamme aus Spenden oder vom Sperrmüll. Eine schöne alte Holzkommode hatte eine Familie gerade auf die Straße gestellt, als Inken Schell vorbei fuhr. „Ich habe direkt angehalten und sie haben mir sogar geholfen, sie zu verladen, weil sie unsere Idee so toll finden.“ Erste Ehrenamtliche haben sich bereits gemeldet, der Kontakt zur Ehrenamtsagentur steht – und doch steht alles still: „Wir müssten eine Hygienebelehrung machen, ansonsten dürfen wir noch nicht einmal einen Kaffee ausschenken“, erklärt Inken Schell. Problem: Das Gesundheitsamt ist derzeit geschlossen.

Kurse sollen Cafébetrieb ergänzen

Vereinsgründerin Inken Schell im Café.
Vereinsgründerin Inken Schell im Café. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

„Leider stoßen wir mittlerweile an unsere finanziellen Grenzen“, betont Nadja Mosch. Als gemeinnütziger Verein fallen sie durch alle Raster der möglichen Unterstützungen. „Es wäre toll, wenn wir weitere Unterstützer finden könnten.“ So werde dringend noch eine Küche benötigt. „Schön wäre, wenn jemand die Trägerschaft übernehmen würde.“ Geplant sei, kleine Jobs zu vergeben: „Aus unserer Arbeit wissen wir, welche Ausgrenzung Menschen mit individuellen Schwierigkeiten erfahren müssen. Hier können wir einen geschützten Rahmen bieten“, sagt Inken Schell. Langfristig sei das Ziel, dass sie über den Verein angestellt werden kann.

Dass das Konzept gut angenommen wird, da sind sich beide sicher: Von 10 bis 17 Uhr soll der Cafébetrieb sein, abends und an den Wochenenden können Kurse stattfinden. „Das kann vieles sein, vom Yoga übers Kochen oder Lesungen, solange es mit unserer Grundidee vereinbar ist“, sagt Nadja Mosch. Sie seien für Vorschläge offen. An Ideen mangelt es denn beiden nicht: „Wir könnten mit Gästen den Außenbereich gestalten, Nähkurse anbieten, Tapasabende gegen einen kleinen Eintritt, Klamottentausch etc.“ Wenn sie nur endlich starten dürften.

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