Herne. Herner Grundschulen sind startklar für die Viertklässler. Unterricht für Erst- und Zweitklässler sehen Verantwortliche mit „flauem Magengefühl“.

Die Grundschulen in Herne sind bereit für die Rückkehr der Viertklässler am Donnerstag. Nach einiger Verwirrung, ob die Schüler schon am Montag oder dann doch erst am 7. Mai wieder in die Schule kommen, sind nun bei den Grundschulen alle Vorkehrungen getroffen. „Alle Schulen sind startklar“, sagt Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini.

Die Schüler sollen jeweils auf dem Schulhof abgeholt werden und dann einzeln in die Klassenräume gehen, wo die Tische mit mindestens 1,50 Meter Abstand stehen. Hände waschen oder desinfizieren gehört je nach Schule zum Pflichtprogramm. Masken sind hingegen ein Kann und kein Muss.

Corona: Einige Schüler konnten über Wochen nicht erreicht werden

Kristina Wagener, Schulleiterin der Sonnenschule, freut sich schon wieder auf die Begegnung mit ihren Schützlingen. „Wir haben ganz viele Kinder, bei denen wir die Eltern über die ganzen Wochen nicht erreichen konnten“, bedauert sie. „Dass wir die Kinder mal kurz sehen, finde ich vom sozialen Aspekt her richtig.“ Sie erwarte nach all den Wochen eine große Schere zwischen Kindern und Eltern, die sich sehr engagiert Lernmaterial abgeholt hätten und jenen, die völlig abgetaucht seien.

Dass dieser Zustand noch lange anhalten könnte, bereite ihr schon jetzt Sorgen, so Kristina Wagener: „Ich habe keine Ahnung, wie wir das auf Dauer auffangen sollen.“ Aber nun sollen erstmal die Viertklässler zurückkommen, jede Klasse werde halbiert und die Lernzeiten gesplittet: von 8 bis 10 und von 11 bis 13 Uhr.

Zwei Stunden Unterricht ohne Hof-Pausen

Mehr als 100 Viertklässler erwartet die Grundschule Kunterbunt in Herne-Mitte am Donnerstag. Schulleiterin Monika Müller zeigt sich für den Start ebenfalls optimistisch und hat „bei den Viertklässlern ein gutes Gefühl“. Sie merkt aber auch direkt an: „Bei den Kleineren wird es schwieriger.“

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In einer E-Mail des NRW-Schulministeriums war die Rückkehr aller Grundschulklassen in einem rollierenden System am vergangenen Donnerstag bereits ab dem 11. Mai angekündigt worden. „Nach der Mail haben wir geschluckt“, räumt Monika Müller ein. Sie hätten gerade für die Viertklässler geplant, auch die Drittklässler im Blick behalten, aber auf keinen Fall an die Erst- und Zweitklässler gedacht.

Rückkehr der Erst- und Zweitklässler schwierig

Am Abend ruderte Ministerpräsident Armin Laschet zurück. Über den genauen Zeitpunkt der Rückkehr aller Schüler sollen Bund und Länder nun am 6. Mai entscheiden, aber mit ihren Erfahrungen als Schulleiterin fürchtet Monika Müller schon jetzt: „Das wird schwierig werden mit den ersten und zweiten Klassen.“ Diese Schüler bräuchten noch mehr Nähe und jemanden, der sich auch mal neben sie stellt, um etwas zu erklären.

Schulpflicht, aber...

- Für Schüler, die in die Schulen zurückkehren sollen, herrscht Schulpflicht. Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini weist jedoch darauf hin, dass besorgte Eltern nach Rücksprache mit der Schulleitung ihr Kind entschuldigen können, wie sie es bei außergewöhnlichen Ereignissen wie beispielsweise einem Sturm auch könnten. Eltern sollten hingegen auf keinen Fall ihr Kind unentschuldigt einfach zu Hause lassen.

- Die Schulen halten sich ferner vor, Kinder, die sich nicht an die Hygienevorschriften und Abstandsregeln halten oder offensichtlich nicht gesund sind, vom Unterricht auszuschließen.

„Wir werden es schon hinkriegen, aber es ist ein hoher logistischer Aufwand“, sagt Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini. „Wir machen uns aber ganz große Sorgen, wie das für die Kinder ist“, sagt sie. Frontalunterricht an Tischen, die 1,5 Meter auseinander stehen, keine Gruppenarbeiten, die Kinder müssten durchgehend am Platz bleiben, dürften nicht rumlaufen. „Mir ist schleierhaft, wie Kinder so glücklich sein sollen“, fragt sie sich. Mit normalem Schulalltag habe das nichts zu tun.

Infektionsketten durch Notbetreuung und OGS schwer nachvollziehbar

„Wir haben gerade so ein flaues Magengefühl dabei“, sagt die Schulamtsdirektorin und stellt die Frage, wie viel insgesamt fünf Schultage pro Kind (ein Tag pro Woche) bis zu den Sommerferien brächten, falls es denn so kommt, und ob man die Schulen nicht vielleicht besser bis zum Sommer hätte geschlossen lassen sollen. Bei Schülern, die sie in all der Zeit nicht erreicht hätten, sei es sinnvoll, aber „vom Lerneffekt her bringt es eher nicht so viel“.

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Gleichzeitig hätten die Grundschulen ein weiteres Problem: Die Notbetreuung laufe weiter, die Nachfrage sei in Herne enorm gestiegen, so Christoph-Martini. Gleichzeitig solle der OGS-Betrieb mit dem Schulunterricht wieder aufgenommen werden. „Wir bekommen Probleme mit Räumen und Lehrkräften.“ Eine Durchmischung der Schüler sei so unvermeidlich mit schwerwiegenden Folgen: „Man wird Infektionsketten nicht mehr nachvollziehen können“, fürchtet die Schulamtsdirektorin.

Es sei eine schwierige Situation, in der die Grundschullehrer alles tun werden, um die Kinder willkommen zu heißen, mit ihnen über ihre Sorgen und Ängste zu sprechen und darüber, wie sie die vergangenen Wochen erlebt haben. Andrea Christoph-Martini betont: „Wir werden alles tun, damit den Kindern bei uns nichts passiert - auch in diesem neuen Setting.“