Herne. Kleine und mittlere Geschäfte dürfen wieder öffnen, außerdem Buchhandlungen, Kfz- und Fahrradhändler. Was der Einzelhandel in Herne dazu sagt.
Für den Sprecher der Herner IG City, Norbert Menzel, sind die Öffnungen im Einzelhandel überfällig. „Die kleinen Geschäfte hätten schon früher wieder öffnen können“, ist er überzeugt. „Ich glaube, dass die inhabergeführten Geschäfte die Hygienevorschriften sogar besser umsetzen als die großen Läden“, sagt er und denkt an Einkaufswagen, die nicht abgeputzt würden und andere Hygienemängel. Menzel geht davon aus, dass drei Viertel der Geschäfte in der Herner Innenstadt demnächst wieder geöffnet sein könnten. Nur bei einer Verkaufsfläche von über 800 Quadratmetern greift die Lockerung noch nicht.
Buchhändlerinnen tragen Mundschutz
„Wir freuen uns, dass wir wieder öffnen dürfen“, kommentiert Elisabeth Röttsches die Nachricht von den Lockerungen. Die Buchhandlung Koethers & Röttsches öffnet am Montag, 20. April, wieder. Dabei werde man sich „extrem an die Vorschriften halten“, kündigt Röttsches an. Heißt: Sie selbst und ihre (aus der Kurzarbeit zurückgekehrten) Mitarbeiterinnen werden die Kunden künftig mit dem empfohlenen Mundschutz begrüßen. Ließen sich einfache Masken besorgen, sollen diese auch der Kundschaft im Buchladen angeboten werden. Der Abstand werde an der Kasse wie am PC oder am Bücherregal gewahrt, versichert die Geschäftsführerin des Literaturhauses. Ein Plexiglas-Schutz für die Kasse sei bestellt. Das Café bleibt geschlossen, verkaufe aber „Coffee to go“ und Kuchen.
Als Sprecherin des Herner Einzelhandelsverbandes teilt Elisabeth Röttsches aber auch die Sorgen der größeren Häuser, die noch nicht öffnen dürfen, doch „genauso auf Umsatz angewiesen sind“. Dort sieht sie sogar bisweilen „eher die Möglichkeit Distanz zu wahren als in den kleinen Läden“. Die Mieten seien zu zahlen und die Saisonware bestellt: „Das drückt sehr“, weiß Röttsches. Den Weg der langsamen Entspannung hält sie grundsätzlich für den richtigen. Alle bisherigen Einschränkungen sollten nicht umsonst gewesen sein, sagt sie. „Das hat viel mit Eigenverantwortung zu tun.“
Kritik an der 800-Quadratmeter-Regelung
Kritik an der Unterscheidung nach Größe des Geschäfts kommt auch von Jens Rohlfing. Der Inhaber des nach Eickel umgezogenen „Weinhauses Wanne“ und Sprecher der Werbegemeinschaft Wanne-Mitte findet „die 800-Quadratmeter-Regelung etwas willkürlich“, auch wenn sie in Wanne kaum jemanden betreffen dürfte, wie er einräumt. „Der Konsument hat das Gefühl: Es hat noch nicht alles auf“, sagt Rohlfing, der auf der anderen Seite versteht, „dass man keine überlaufenen Innenstädte haben möchte“. Im eigenen Weinladen - 127 Quadratmeter groß - sei die Abstandsregel relativ leicht einzuhalten: „Mehr als drei Kunden gleichzeitig sind hier die Ausnahme“ und die Mitarbeiter tanzten umeinander herum. Mit einem speziellen Desinfektionsmittel würden im Geschäft die Flächen gereinigt. In punkto Mundschutz ist er unentschieden: Dieser sei für die Mitarbeiter angeschafft worden und soll bei Bedarf genutzt werden. Schon jetzt trägt Rohlfing eine Maske, wenn er Wein ausliefert. Wer aber einmal mit Mundschutz eine Palette Wein mit 100 Kisten abgepackt habe, wisse: „Da haben Sie Atemnot auch ohne Corona.“
Was sich in NRW ändert
Ab Montag, 20. April, dürfen bis zu 800 Quadratmeter große Geschäfte wieder öffnen, außerdem alle Auto-, Fahrrad- und Buchhändler.
Friseure sollen unter Auflagen - etwa zur Hygiene und zur Vermeidung von Warteschlangen - ab dem 4. Mai ihre Betriebe wieder öffnen.
Hotels, Restaurants und Kneipen bleiben bis auf Weiteres geschlossen.
Schuhverkauf ab Montag
Im Schuhgeschäft Schlatholt an der Bahnhofstraße hat man am Donnerstag gleich begonnen, die Schaufenster wieder herzurichten. „Wir freuen uns auf unsere Kunden“, sagt Filialleiterin Dorothee Di Modica. Neben der eigenen Ware stehen auch die Schuhe des Rieker/Tamaris-Shops nebenan ab Montag in den Regalen. Eine Plexiglasscheibe für die Kasse ist bestellt. Um den vorgeschriebenen Abstand zu garantieren, dürfen sich in dem 300 Quadratmeter großen Laden nicht mehr als 30 Personen gleichzeitig aufhalten, erklärt Dorothee Di Modica. Wie groß der Andrang tatsächlich sein wird, wagt sie nicht vorauszusagen: „Wir wissen ja nicht, wie der Kunde reagiert.“ So starte man mit erst einmal weniger Personal. Ein Bonbon für die Kundschaft: Am Montag gibt es Prozente.