Herne. Wegen des Coronavirus bleiben die Herner Kirchen an Ostern leer. Für Priester ist das „schmerzhaft“. Dennoch sehen sie Positives in der Krise.
Es ist ein Szenario, das sich Pfarrer und Gläubige wohl nie hätten ausmalen können: Wegen der Corona-Pandemie werden an den Kartagen und an Ostern die Kirchen in Herne leer bleiben. „Das ist schon sehr schmerzhaft“, sagt Christian Schmidtke, Vikar in der Pfarrei St. Dionysius. Schließlich sei Ostern das höchste Fest, noch wichtiger als Weihnachten. Und das muss er nun alleine feiern.
Lange habe er es beiseite geschoben, dieses „beklemmende, komische Gefühl“, das er nun mit Blick auf das nahende Osterfest nicht mehr los werde. „Die Ostergottesdienste sind etwas, wo wir das ganze Jahr von zehren“, sagt Schmidtke.
Herne: Ostergottesdienste werden im Internet übertragen
Bereits seit Mitte März finden in Herne keine Gottesdienste mehr statt. Die katholische und evangelische Kirche sind seitdem zum Teil neue Wege gegangen, um die Botschaft Gottes dennoch an ihre Gemeindemitglieder zu bringen. Die evangelische Kreuzkirche sendet beispielsweise sonntags ein Video mit einer Online-Andacht im Internet über Youtube. Die katholische Pfarrei St. Dionysius bietet sonntags eine Online-Messfeier aus der Pfarrkirche St. Bonifatius im Livestream an. Die Abrufzahlen waren größer als erwartet.
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Das ist auch an den Ostertagen geplant. Aber nicht alle Gläubigen sind online aktiv. „Ich höre von vielen Leuten, dass sie sehr traurig sind, weil sie kein Internet haben“, sagt Vikar Christian Schmidtke. Deshalb möchte er mit seinen Kollegen vor den Festtagen den Gemeindemitgliedern Ostertüten anbieten, die in den Kirchen abgeholt werden können. Darin sei eine Art Survival-Set, eine kleine Osterkerze, ein Heft für die drei Feiertage und vielleicht noch eine kleine Süßigkeit. Es ist ihm wichtig, den Menschen in dieser Zeit Zuversicht und Hoffnung zu vermitteln.
ZDF-Ostergottesdienst aus Herner Kreuzkirche wurde abgesagt
Für die evangelische Kreuzkirche kommt es doppelt hart. Denn dieses Jahr hatte sich das ZDF angekündigt, um den Ostergottesdienst live aus der Kreuzkirche im Fernsehen zu übertragen. Die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, sollte mit Pfarrer Kornelius Heering die Predigt halten. „Das wäre schon eine große Sache gewesen“, sagt Pfarrerin Katja Lueg. Seit Monaten wurde dieses Highlight geplant, alles sei fertig, so Lueg. Schließlich muss bei einer Live-Übertragung alles auf die Minute genau passen.
Doch nun die Absage und ein trauriges Gefühl, dass bei Pfarrerin Katja Lueg wie wohl auch bei vielen Gemeindegliedern zurückbleibt. „Nun wird die Kreuzkirche geschlossen bleiben“, so Lueg. Denn die Gemeinde wolle kein Anlaufpunkt sein, wo sich die Leute treffen, sich vielleicht doch aus Reflex die Hand geben.
Priester zieht aus Oster-Botschaft Hoffnung für Corona-Krise
Jeder im sicheren Zuhause, aber im Gebet vereint, das ist auch der Wunsch von Pfarrer Thomas Horsch von der katholischen Pfarrei St. Christophorus. Er werde die Kar- und Ostertage dennoch in St. Laurentius sein, im kleinen Kreis mit zwei, drei Priestern und in die leere Kirche hinein predigen. „Dabei bin ich aber im vollen Bewusstsein, dass ich das nicht für mich alleine mache, sondern für die Gemeinde“, so Horsch. Denn die solle sich in der Zeit mit ihm gedanklich verbinden.
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Eigentlich hatte er schon im Januar damit begonnen, eine Predigt für Karfreitag vorzubereiten. Darin sollte es um die Bewegung „Fridays for Future“ gehen, darum, wie sich Menschen engagieren, um etwas Positives zu bewirken. Irgendwie passe der Gedanke auch in diese Zeit, aus der neben all den schlechten Nachrichten doch auch viel gegenseitige Hilfe entspringe. „Nach allem Leid und dem Tod kommt etwas Gutes, dafür steht Ostern“, sagt Horsch. Und so wird es auch bei der Corona-Krise sein, davon ist der Pfarrer fest überzeugt.
„Als Priester ohne Gläubige ist es schmerzhaft“
Die Gebote, dass man Abstand halten, sich nicht mit anderen treffen solle, habe bei ihm zu einer Fastenzeit geführt, die noch nie so entschleunigt gewesen sei. Dennoch fehle ihm als Priester der Kontakt zu den Gläubigen, denn schließlich sei es seine Aufgabe, die Brücke zwischen den Menschen und Gott zu bauen. „Als Priester ohne Gläubige ist es schmerzhaft“, sagt Pfarrer Thomas Horsch.
Flashmob zu Ostern
Am Ostersonntag werden von 9.30 bis 9.45 Uhr die Glocken der katholischen und evangelischen Kirchen im gesamten Kirchenkreis und darüber hinaus läuten.
Die katholischen Kirchen werden an den Ostertagen zu bestimmten Zeiten geöffnet sein. Diese Zeiten sind auf der Internetseite der Pfarrei zusammengefasst: : www.st-christophorus-wan.de und www.st-dionysius-herne.de Dort steht auch der Link zur Live-Übertragung der Pfarrei St. Dionysius bei Youtube an Karfreitag (Zeit noch offen) und Ostersonntag um 11 Uhr.
In den evangelischen Kirchen wird ab Karfreitag um 15 Uhr – zur Todesstunde Jesu – die Totenglocke läuten.
Um 10.15 soll als „Flashmob auf Sicherheitsabstand“ aus den geöffneten Kirchen, von Balkonen, aus den Fenstern, auf der Straße etc. der Choral „Christ ist erstanden“ (Evangelischen Gesangbuch Nr. 99) erklingen – gesungen, mit der Orgel, der Trompete, aus der Konserve, teilt Arnd Röbbelen, Sprecher des Kirchenkreises, mit.
Weitere Aktionen planen die evangelischen Gemeinden selbst, unter anderem stellt die Kreuzkirche jeweils um 9.30 Uhr ein Video zu Karfreitag und zwei am Ostersonntag (eines für Erwachsene, eines für Kinder) bei Youtube bereit.
Besonders an Ostern möchte er den Mitmenschen sagen, dass es auch nach dieser Krise ein Morgen geben wird. Und auch Vikar Christian Schmidtke sieht durchaus positive Entwicklungen in der Krise. „Im Moment merken wir, was wesentlich ist“, sagt er. Selten habe er so viele ehrliche Telefonate mit Gläubigen geführt, die mit ihm ihre Sorgen teilten, wie in den vergangenen Tagen. Zwar wisse er noch nicht, wie es ihm emotional an Ostern ohne das gemeinsame Fest gehe, aber immerhin stehe fest: Ostern fällt nicht aus.
Kirchen mit Ansprechpartnern für Menschen, die sich einsam fühlen
Die Ostertage seien sicherlich noch mal eine besondere Herausforderung, fürchtet Pfarrerin Katja Lueg. Sie gibt aber allen Gläubigen mit, dass sie auch ohne den Besuch in der Kirche inne halten können, eine Kerze anmachen. „Und wenn jemand sich alleine fühlt und jemanden zum Reden braucht, kann man uns anrufen. Wir sind jederzeit ansprechbar, auch an den Ostertagen.“