Herne. Die Kirchen in Herne reagieren auf das Coronavirus: Das Abendmahl wird anders gestaltet, der „Friedensgruß“ entfällt. Oft fehlt jetzt Weihwasser.
Wegen des Coronavirus gibt es erste Einschränkungen bei den Gottesdiensten in Herne. In vielen evangelischen Gemeinden wird das Abendmahl neu gestaltet, erste katholische Gemeinden verzichten auf Weihwasser. Auch der „Friedensgruß“ entfällt. Die Kirchen wollen so die Ansteckungsgefahr mit dem Virus verringern.
Dass der Kelch mit Wein beim Abendmahl in den evangelischen Kirchen herumgereicht wird und die Gläubigen nacheinander aus einem Kelch trinken, ist nun die Ausnahme. Viele Gottesdienstbesucher fürchten, dass sie sich auf diese Weise mit dem Coronavirus anstecken könnten. Die evangelische Gemeinde in Röhlinghausen verzichtet deshalb ganz auf das Teilen des Weins. „Wir reichen nur das Brot, auch das ist in der evangelischen Kirche möglich“, sagt Pfarrerin Saskia Karpenstein.
Pfarrer: Die Menschen sind in Corona-Zeiten sehr sensibel
In der Kreuzkirchengemeinde haben die drei Pfarrer einen Kompromiss gewählt: Sie reichen den Kelch nicht mehr herum, sondern tunken die Oblaten für die Besucher in das Gefäß ein und reichen das „Brot“ weiter. Selber sollen die Gemeindeglieder die Oblate besser nicht eintauchen: „Manchmal kommt man mit dem Finger in den Wein“, begründet Pfarrer Kornelius Heering. Nach dem Teilen von Brot und Wein verzichte die Gemeinde nun auf das Händehalten im Kreis, ebenso auf den „Friedensgruß“, das Händeschütteln. Nicht zuletzt gäben er und seine Kolleginnen Melanie Jansen und Katja Lueg den Besuchern am Ausgang keine Hand mehr. Das sei schade, sagt Heering. Aber: „Die Menschen sind in Corona-Zeiten sehr sensibel“.
In der evangelischen Gemeinde in Holsterhausen wird der Kelch noch herumgereicht, die Gemeindeglieder trinken aber auch dort nicht mehr aus dem Gefäß, sondern tunken ihre Oblate selber ein, sagt Pfarrer Ferdinand Kenning. Pfarrer Frank Schröder aus Eickel und seine Gemeinde sehen die Sache dagegen gelassen: „Es gibt zwar den ein oder anderen, der bei der Begrüßung nicht mehr die Hand gibt, aber das die absolute Minderheit“. Am Ablauf seiner Gottesdienste habe sich nichts geändert. „Bei uns gibt es fürs Abendmahl mehrere Alternativen, aus denen frei gewählt werden kann. Ganz unabhängig vom Coronavirus.“ Neben der Möglichkeit, aus dem Gemeinschaftskelch zu trinken, könnten die Gemeindeglieder die Oblate auch dort eintunken oder sich zu Beginn des Gottesdienstes melden und beim Abendmahl ihren eigenen Kelch bekommen.
Das Abendmahl in den beiden großen Kirchen
Beim Abendmahl feiern Christen, dass Jesus Christus auferstanden und bei ihnen ist. In der evangelischen Kirche teilen die Kirchenbesucher dabei Brot und Wein: Meist geht dabei ein Kelch herum die Besucher trinken nach und nach aus demselben Gefäß. Der Kelch wird meist nach jedem Nutzer gedreht, oft auch regelmäßig abgewischt oder ausgetauscht.
In der katholischen Kirche erhält die Gemeinde beim Abendmahl, der Eucharistie, oft nur das Brot in Form einer Oblate, auch Hostie genannt. Der Priester trinkt meist allein aus dem Kelch.
Der Ruf nach Einzelkelchen wird in Corona-Zeiten größer. „Wir haben sie leider nicht“, sagt Katja Lueg aus der Kreuzkirchengemeinde. Auch in der Gemeinde Röhlinghausen werde nun intensiver über eine Anschaffung nachgedacht, sagt Pfarrerin Saskia Karpenstein. Vor einigen Jahren sei dies schon einmal ein Thema gewesen, da seien die Einzelkelche von der Gemeinde aber noch abgelehnt worden. Durch den Coronavirus habe sich diese Einstellung aber geändert.
Vikar: Beim Friedensgruß reicht ein freundliches Lächeln
Die Katholische Kirche orientiert sich nach den Worten von Dechant Norbert Walter an den aktuellen Empfehlungen der Deutschen Bischofskonferenz. Dazu gehöre zum Beispiel der Verzicht auf Weihwasser oder das Händeschütteln beim Friedensgruß. „Es gibt aber bei uns keine Hysterie, was dieses Thema angeht“, betont er.
Das bestätigt Christian Schmidtke, Vikar in der Pfarrei St. Dionysius: „Mein letzter Gottesdienst war rappelvoll, keine Anzeichen davon, dass Menschen wegen des Coronavirus die Kirchen meiden.“ In seinen Gemeinden gebe es noch Weihwasser, in anderen Herner Gemeinden sei es aber entfernt worden: „Ich mache meine Gemeindemitglieder im Gottesdienst darauf aufmerksam, dass sie es bei uns auf eigene Gefahr weiter nutzen können.“ Einige Anpassungen gibt es aber auch bei ihm: „Vor dem Friedensgruß sage ich, dass wir uns nicht die Hand geben müssen, sondern ein freundliches Lächeln genauso zählt.“ Schmidtke spreche das Coronavirus im Gottesdienst offen an, er versuche aber auch, die Sache nicht unnötig zu dramatisieren. „Ich habe meiner Gemeinde gesagt, dass wir den Gottesdienst alle überleben werden.“