Herne. Das Chemieunternehmen Ineos will nun Hand-Desinfektionsmittel herstellen – eine Million Flaschen im Monat. In Herne entsteht dafür eine Anlage.

Das Chemieunternehmen Ineos will in der Coronakrise die Produktion umstellen und Millionen Flaschen Hand-Desinfektionsmittel herstellen. Geplant ist die Produktion an zwei Standorten: in England und in Herne.

Ineos ist nach eigenen Angaben Europas größter Hersteller der beiden wichtigsten Rohstoffe für Hand-Desinfektionsmittel, Ethanol und Isopropylalkohol; diese Rohstoffe würden in Grangemouth (Großbritannien) sowie in Herne und Moers hergestellt. Desinfektionsmittel selbst hat der englische Chemie-Riese aber bislang nicht produziert. Da in Europa aber „ein besorgniserregender Mangel an Hand-Desinfektionsmitteln“ bestehe, wolle das britische Unternehmen nun die Produktion dafür starten und die beiden Anlagen bauen: „Wir können mit den Stoffen umgehen und schnell helfen“, sagt Gerd Franken, Ineos-Geschäftsführer für Europa, zur WAZ.

Eine Million Flaschen pro Monat sind das Ziel

So sollen sie aussehen, die neuen Hand-Desinfektionsmittel.
So sollen sie aussehen, die neuen Hand-Desinfektionsmittel. © Ineos

Eine Million Flaschen Hand-Desinfektionsmittel pro Monat soll an den beiden Standorten hergestellt werden, auch kleinere im Taschenformat für den persönlichen Gebrauch. Apotheken, Krankenhäuser, Schulen, Betriebe und Supermärkte sollen so schnell wie möglich beliefert werden, Krankenhäuser in der Coronakrise sogar kostenlos. Dort, wo der Bedarf am größten sei, soll zuerst hin geliefert werden, sagt Franken.

Innerhalb von zehn Tagen soll die Produktion der Desinfektionsmittel starten. Nur noch einige wenige Handgriffe an den Anlagen seien nötig, auch die Flaschen seien bestellt, ebenso sollen die Abfüll-Einrichtungen bis dahin fertig sein.

Das Herner Werk an der Shamrockstraße, in dem 125 Menschen beschäftigt sind, stellt vor allem Isopropylalkohol, aber auch andere Alkohole, für die Industrie her. Hand-Desinfektionsmittel habe Ineos bislang nicht im Programm. Angesichts der Coronakrise wolle das Unternehmen der Herstellung des neuen Produkts nun aber Priorität einräumen: „Die werden überall knapp, die kann jeder gut gebrauchen.“

Herne spielt wegen der zentralen Lage eine wichtige Rolle

Standort stand 2013 vor dem Aus

Ende 2013 stand das damalige Sasol-Chemiewerk an der Shamrockstraße in Herne-Mitte vor dem Aus. Der Betreiber kündigte an, das Werk stillzulegen. Steigende Rohstoffpreise auf der einen sowie Billigimporte auf der anderen Seite verursachten rote Zahlen, hieß es. Die rund 125 Arbeitsplätze sollten wegfallen oder in ein anderes Sasol-Werk nach Moers verlagert werden.

Dann kaufte Ineos, internationaler Hersteller von petrochemischen Produkten mit Sitz in London, den Standort - und sanierte ihn. Fünf Jahre nach der Übernahme zog Ineos Bilanz: Die Situation habe sich stabilisiert: Das Herner Werk sei seit zwei Jahren profitabel, die Sanierung sei deutlich schneller gegangen als erwartet, hieß es aus der Geschäftsführung.

Jeweils die Hälfte der Desinfektionsmittel soll in England und Herne hergestellt werden. Herne mit seiner zentralen Lage in Deutschland spiele da eine wichtige Rolle, sagt der Europa-Chef. Marktanalysen geschweige denn eine Marktforschung für das neue Produkt habe Ineos nicht betrieben, sagt Franken. Das Unternehmen wolle einfach schnell helfen und das Produkt schnell auf den Markt zu bringen. Klar sei: Einer der häufigsten Infektionswege für das Coronavirus sei die Hand-zu-Mund-Infektion, so das Unternehmen – Desinfektionsmittel verhinderten dies.

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Ob Ineos nach der Corona-Krise an dem Produkt festhält, sei „in keiner Weise“ klar. „Wir wissen ja noch nicht einmal, wie die Welt nach der Corona-Krise aussieht“, so Gerd Franken.

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